Zürich – Der Finanzplatz Zürich ist weiterhin von «eminenter Wichtigkeit», sowohl für die Region Zürich als auch für den gesamten Schweizer Finanzsektor. Dies geht aus der Studie «Finanzplatz Zürich 2016/2017» des Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Basel hervor. Er befindet sich allerdings in einem Strukturwandel, der durch die Digitalisierung beschleunigt wird.
Die Region Zürich trug im Jahr 2015 44% zur gesamten Wertschöpfung des Schweizer Finanzsektors bei. Damit ist der Finanzplatz Zürich, der Banken, Versicherungen und sonstige Finanzdienstleistungen in den Kantonen Zürich, Schwyz und Zug umfasst, nach wie vor das mit Abstand grösste Finanzzentrum der Schweiz.
Die Wertschöpfung des Zürcher Finanzsektors betrug 26,5 Mrd CHF – 45% davon kamen von den Banken, 44% von den Versicherungen. Dies macht rund 17 Prozent des regionalen Bruttoinlandprodukts aus. Ausserdem arbeitete knapp jeder zehnte Beschäftige der Region im Finanzsektor.
«Der Finanzsektor bleibt damit das wichtigste Branchenaggregat der Region», heisst es in der Studie, die von der Standortförderung des Kantons Zürich und der Wirtschaftsförderung der Stadt Zürich in Auftrag gegeben wurde. Dies bestätigte Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP) am Freitag vor den Medien. «Das Gedeihen der Zürcher Wirtschaft ist stark mit dem Finanzplatz Zürich verbunden», sagte sie. Der Finanzplatz sei das Rückgrat der Zürcher Wirtschaft.
Die Nummer 2 in Europa
Auch im internationalen Vergleich schneidet Zürich gut ab. Bezüglich des Wachstums nach der Finanzkrise im Jahr 2007 liegt Zürich im Mittelfeld der betrachteten Finanzstandorte – obwohl sich Zürich seither wenig dynamisch entwickelt habe. «So stellt die Region weiterhin einen der wichtigsten internationalen Finanzplätze», heisst es in der Studie.
Der Global Financial Centres Index, der die Wettbewerbsfähigkeit von Finanzplätzen weltweit bewertet, listet Zürich in der aktuellen Ausgabe an neunter Stelle. Damit ist Zürich innerhalb von Europa – nach London – die Nummer zwei.
Leichtes Wachstum erwartet
Momentan befinde sich der Zürcher Finanzsektor in einem schwierigen Geschäftsumfeld. Die Studie geht deshalb für das Jahr 2016 nur von einem marginalen Wachstum in Höhe von 0,5% und einem Rückgang der Beschäftigtenzahlen aus. Für die Jahre 2017 und 2018 seien die Aussichten etwas besser. Die Studie erwartet eine leicht anziehende Dynamik und entsprechend ein Wachstum von 1,5% für 2017 und 1,8% für 2018.
Digitalisierung schafft neue Berufsbilder
Die Digitalisierung ist laut Carmen Walker Späh einer der wichtigsten und zentralsten Treiber für den Strukturwandel des Finanzsektors. Die Finanzbranche werde effizienter, die Produktivität dürfte zunehmen. «Der Finanzplatz wird fit für die Zukunft gemacht», sagte sie.
Die mit der Digitalisierung einhergehende Automatisierung macht weniger Arbeitsplätze notwendig. Allerdings war beispielsweise der Netto-Abbau der Stellen im Bankensektor in den vergangenen Jahren nicht so stark, wie aufgrund des Strukturwandels vermutet wurde. «Es gab eine Verschiebung der Arbeitskräfte», sagte Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbands.
Durch die Digitalisierung seien neue Geschäftsfelder und Berufsbilder entstanden. Und es werde auch noch weitere grosse Verschiebungen geben. «Ob es am Schluss weniger Netto-Arbeitsplätze gibt, kann man nicht sagen. Aber die Struktur wird sich ändern», sagte Ulrich.
«Luft nach oben»
In einem zweiten Teil befasste sich die Studie mit dem Stand der Digitalisierung und Industrialisierung des Finanzplatzes und befragte dazu Banken und Versicherungen der Region Zürich.
Die Resultate zeigen, dass sie durchaus auf die veränderten Kundenbedürfnisse reagieren und ihr Angebot an Online- beziehungsweise App-Dienstleistungen ausweiten. Aktuell bestehe aber noch Nachholbedarf und die Banken scheinen weiter zu sein als die Versicherer.
Ebenfalls würden die Versicherer die technischen Möglichkeiten bisher wenig für neue innovative Versicherungsprodukte nutzen, planten jedoch eine Ausweitung ihres Angebots. Das Fazit von Martin Eichler, Chefökonom BAK Basel Economics, lautete denn auch: «Es gibt noch Luft nach oben». (awp/mc/upd/pg)