Finma-Direktor Patrick Raaflaub.
Bern – Die Lebensversicherer unter Druck, der Hypothekarmarkt in Schieflage, die Finanzbranche im Umbruch: Die Finanzmarktaufsicht (Finma) musste letztes Jahr mehrere Brandherde bekämpfen. Laut Finma-Direktor Partick Raaflaub wird es 2013 kaum einfacher werden. Die Finma gebe sich diesbezüglich keinem Wunschdenken hin, aber genauso wenig sollten dies die Schweizer Finanzinstitute tun, sagte Raaflaub an der Jahresmedienkonferenz in Bern.
Eine Branche, auf die die Finma letztes Jahr ein besonderes Augenmerk hatte, waren die Lebensversicherer. Diese sind wegen langfristiger Garantieversprechen bei sinkenden Zinsen unter Druck. Der Quotient des massgeblichen Solvenztests SST ist innerhalb eines Jahres von durchschnittlich 145 auf 105 Prozent gefallen. Die Finma lockerte daher vorübergehend die Anforderungen an den SST. Sie gestattet den Versicherern während der nächsten drei Jahre, bestehende Verpflichtungen mit einer risikobehafteten Zinskurve statt mit der vorgesehenen Rendite von Bundesanleihen zu berechnen.
Immobilien: Finma begrüsst strengere Bedingungen für Risikoschuldner
Beim heiss laufenden Immobilienmarkt setzte die Finma letztes Jahr einen weiteren Schwerpunkt. Raaflaub begrüsste die strengeren Bedingungen für Risikoschuldner, die sich die Banken im Sinne einer Selbstregulierung auferlegt haben. Mit der vom Bundesrat angeordneten Verschärfung der Eigenmittelvorschriften für Hypotheken hätte die Finma dagegen bekanntlich noch zuwarten wollen.
Regionale Unterschiede bei der Kreditvergabepolitik
Die Finma habe keine flächendeckend unvorsichtige Kreditpolitik festgestellt, hielt Raaflaub fest. Je nach Region und Bank gebe es aber grosse Unterschiede bei der Kreditvergabepolitik. Die Beurteilungen gehen laut Raaflaub von «vorsichtig» bis «gewagt».
Auch letztes Jahr setzte sich die Finma für die internationale Anerkennung der Liquidationspläne für die Schweizer Grossbanken ein. Nur durch eine wirkungsvolle Konkursdrohung könnten die Marktkräfte wiederhergestellt und Steuerzahler wie auch Einleger vor Verlusten geschützt werden, sagte Raaflaub.
Finma sieht wegen Zypern keinen Handlungsbedarf
Auch die Eurokrise beschäftigte die Finma stark. Wegen Zypern ergreife sie aber keine speziellen Massnahmen, sagte Raaflaub. Ein Teil der in Zypern angelegten Vermögen könnten nun Richtung Schweiz fliessen. Die Schweizer Banken gehen davon aus, dass es sich dabei nicht ausschliesslich um Weissgeld handelt. Für die Finma ergebe sich aus dieser Situation aber kein besonderer Handlungsbedarf, sagte Raaflaub.
Die Sorgfaltspflichten, die bei er Annahme von Neugeldern eingehalten werden müssten, seien den Finanzinstituten genügend bewusst. «Es ist eine generelle Erwartung, sämtliche Neugeldzuflüsse genau zu überprüfen», sagte Raaflaub. Aus Sicht der Finma seien keine speziellen Massnahmen nötig. «Wir überwachen immer die Einhaltung aller Regeln.»
Hoffen auf baldige Umsetzung einer supranationalen Bankenaufsicht
Die Gefahr, dass sich das Zypern-Szenario in anderen Ländern des Euro-Raumes wiederholt, schätzt der Finma-Direktor als «nicht gross» ein. Gross sei aber das Interesse der Schweiz, dass die Euroländer ihre Banken sanieren könnten. Raaflaub hofft in dem Zusammenhang auch, dass die Pläne für eine supranationale Bankenaufsicht bald umgesetzt werden.
Im Vordergrund steht für ihn, dass sich Einleger sicher fühlen könnten, vor allem jene mit Vermögen unter dem Schwellenwert für den Einlegerschutz. Aktionäre und Gläubiger müssten bei einer Sanierung einbezogen werden, bevor die Steuerzahler zur Kasse gebeten würden. (awp/mc/pg)