FINMA rät Grossbanken zum raschen Kapitalaufbau

FINMA rät Grossbanken zum raschen Kapitalaufbau

FINMA-Direktor Patrick Raaflaub.

Bern – Die Finanzkrise ist nach Ansicht der Finanzmarktaufsicht (FINMA) nur vordergründig ausgestanden. Die FINMA ortet in der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken erhebliche Gefahren für die Schweizer Finanzinstitute. Angesichts der weiter vorhandenden Risiken sieht die Aufsicht bei den Banken Bedarf für eine höhere Kapitalausstattung.

Den Grossbanken rät sie deshalb, rascher mit dem Aufbau von Kapital zu beginnen, als dies die geplanten neuen Schweizer Vorschriften vorsehen. Derzeit würden sich die Märkte nur vordergründig in ruhigen Bahnen bewegen. Unter der Oberfläche brodle es aber heftig und zuweilen gar bedrohlich, sagte Mark Branson, Leiter des Geschäftsbereichs Banken an der Jahresmedienkonferenz der FINMA am Dienstag. Als Folge davon, dass sich die Regierungen schützend vor ihre Bankensysteme gestellt hätten, schwimme der Markt derzeit in billigem Geld.

«Billiges Geld erhöht zwangsläufig Risikobereitschaft»
Billiges Geld erhöhe aber zwangsläufig die Risikobereitschaft der Akteure, ergänzte Patrick Raaflaub, Direktor der FINMA. Sollten aber die Zinsen abrupt steigen, könnte diese Risikobereitschaft die Branche vor erhebliche Problem stellen und die Stabilität des Finanzsystems beeinträchtigen. Das tiefe Zinsumfeld hat gemäss Raaflaub dazu geführt, dass die Hypothekarforderungen in der Schweiz 2010 um rund 6,5% zugenommen haben. Im Hypothekarmarkt tobe aber ein intensiver Wettbewerb, was eine deutliche Schmälerung des Gewinns aus dem Zinsengeschäft zur Folge habe. Da die Banken fast ausnahmslos gegenüber steigenden Marktzinsen exponiert seien, führe eine starke Zunahmen der Zinsen zu deutlichen Ertragseinbussen, so Raaflaub weiter. Insgesamt sei bei einem Zinsanstieg um 1% mit einer Schmälerung des Eigenkapitals der im Hypothekargeschäft tätigen Institute um durchschnittlich über 6% zu rechnen.

Verwaltungsräte gefordert
Ein bedeutendes Zinsänderungsrisiko bestehe selbstverständlich aber nicht nur im Zusammenhang mit Hypothekarforderungen. Auch bei Wertschriften mit langer Laufzeit ergebe sich durch die lange Zinsbindung das gleiche Problem, ergänzte der FINMA-Direktor. Für das Zinsrisiko gibt es gemäss Raaflaub in den regulatorischen Anforderungen jedoch keine verbindliche Kapitalunterlegung. Die FINMA könne als einzige Massnahme unter der so genannten «Säule 2» des Regelwerks des Basler Ausschusses eine zusätzliche Kapitalunterlegung und weitere Massnahmen fordern. Ausserdem könne die FINMA im Rahmen der Aufsichtstätigkeit auf das Risikomanagement der Banken Einfluss nehmen. Umso wichtiger sei es daher, dass die Verwaltungsräte der Institute dem Zinsrisiko eine stärkere Aufmerksamkeit entgegenbrächten. Die FINMA verfolge die Lage aufmerksam und ordne punktuell Korrekturen an, sagte Raaflaub.

Stärkere Kapitalausstattung und weniger Fremdkapital

Insgesamt brauchen die Banken eine stärkere Kapitalausstattung und einen geringeren Fremdkapitalanteil, lautet Bransons Fazit. Die Kapitalanforderungen sei für viele an den Börsen gehandelten Finanzinstitute wie die CS und die UBS bisher zu tief angesetzt gewesen. Mit Basel III werde nun die offensichtliche Lücke geschlossen. Angesichts der bestehenden Risiken laute seine Botschaft an die Grossbanken nicht nur zu überlegen, wie sie die neuen Eigenkapitalanforderungen bis 2019 umsetzen wollen, sondern viel rascher mit dem Aufbau von Kapital zu beginnen, sagte Branson.

«Durchaus gewollter Effekt»

Die steigenden Kapitalanforderungen würden dazu führen, dass manche Geschäftsfelder für die Banken möglicherweise zu kapital- und kostenintensiv würden um für die Grossbanken noch attraktiv zu sein. «Dies ist aber nicht ein unbeabsichtigter, sondern ein durchaus gewollter Effekt», so Branson weiter. Branson redete damit aber nicht jenen das Wort, die eine Aufspaltung der beiden Grossbanken fordern. Wenn die entsprechenden Geschäfte gut kontrolliert werden, mit genügend Kapital unterlegt und nicht direkt und irreversibel mit der Bilanz des Schweizer Bankgeschäfts verflochten seien, «haben wir nichts dagegen einzuwenden», so Branson.

«Angemessene Antwort auf Finanzkrise»
Weiter stellt Branson in Abrede, dass die Schweiz im Alleingang schärfere Kapitalanforderungen an ihre Institute durchsetzen will und andere Staaten nicht mitziehen würden. Als Mitglied des Basler Ausschusses könne er sagen, dass sich der internationale Konsens zurzeit in Richtung eines schärferen und nicht etwa eines lockeren Regimes bewege. Anne Héritier Lachat, VR-Präsidentin der FINMA, rief im weiteren die Politik erneut dazu auf, die nach der Finanzkrise entworfenen Massnahmen (Too-big-to-fail-Problem, Basel III) in ihrer Gesamtheit rasch umzusetzen. Die damit geplante Verschärfung der Vorschriften für Eigenmittel, Organisation, Liquidität und Risikoverteilung seien eine notwendige und angemessene Antwort auf die Finanzkrise, sagte die Professorin. (awp/mc/ps)

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