Zürich – Die Credit Suisse erhält eine schwere Rüge der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma im Zusammenhang mit dem Kollaps ihrer «Greensill»-Fonds. Die Finma ordnet nun korrigierende Massnahmen bei der Grossbank an. Zudem hat sie Verfahren gegen vier ehemalige CS-Manager eingeleitet.
Die Credit Suisse habe im Kontext der Geschäftsbeziehungen mit dem Financier Lex Greensill «in schwerer Weise gegen die aufsichtsrechtlichen Pflichten verstossen», teilte die Finma am Dienstag in einer Mitteilung zum Abschluss ihres Enforcement-Verfahrens mit. Risiken seien nicht angemessen erfasst und überwacht worden, zudem sei die CS ihren Pflichten als Asset Managerin nicht nachgekommen.
Kaum Wissen und Kontrolle
Die CS hatte die vier in Zusammenarbeit mit Greensill erstellten «Lieferketten-Finanzierungsfonds» mit Fondsvermögen von 10 Milliarden Dollar im Frühling 2021 kurzfristig geschlossen. Die Fonds hatten in Forderungen von Zulieferern an Unternehmen investiert: Statt auf die Bezahlung einer Lieferung zu warten, verkauften die Zulieferer die Forderungen an Greensill Capital, die diese bündelte und an die CS-Fonds übertrug.
Allerdings hatte die CS selbst «wenig Wissen und Kontrolle» über die Qualität der Forderungen, wie die Finma festhält. So bemerkten die Verantwortlichen auch nicht, dass Greensill mit der Zeit auch Forderungen an die Fonds übertrug, die lediglich erwartet wurden und noch gar nicht entstanden waren.
Warnungen ignoriert
Zwar gab es spätestens ab 2018 Warnhinweise. Kritische Fragen oder Warnungen wurden aber laut Finma entweder von Mitarbeitenden beantwortet, die ein Interesse an der Geschäftsbeziehung hatten, oder gar von Lex Greensill selbst. Trotz internen Warnungen erhielt Lex Greensill zudem nach Intervention eines hohen Kadermitglieds einen persönlichen Kredit über 140 Millionen Dollar.
Die CS selbst habe inzwischen gestützt auf eine eigene Untersuchung umfangreiche organisatorische Massnahmen beschlossen, räumt die Finma ein. Die Aufsichtsbehörde ordnet nun dennoch eine Reihe weiterer Massnahmen an, um das Risikomanagement und die Governance der Bankgruppe weiter zu verbessern.
Prüfbeauftragter
So muss die Bank künftig auf Stufe der Geschäftsleitungsmitglieder periodisch die wichtigsten rund 500 Geschäftsbeziehungen namentlich auf Gegenparteirisiken überprüfen. Zudem muss sie die Verantwortlichkeiten ihrer rund 600 höchsten Mitarbeitenden in einem Dokument festhalten. Die CS erhält zudem einen «Aufpasser»: Ein von der Finma eingesetzter Prüfbeauftragter muss die Einhaltung der Massnahmen überprüfen.
Ausserdem hat die Finma vier Verfahren gegen ehemalige CS-Manager eröffnet. Sie äussert sich allerdings nicht zur Identität der Betroffenen. Gegen sanktionierte Personen kann die Finma ein Berufsverbot von bis zu fünf Jahren aussprechen.
CS begrüsst Abschluss
Die Credit Suisse begrüsste am Dienstag den Abschluss des Verfahrens. «Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur endgültigen Bewältigung der «Supply-Chain-Finance-Funds»-Angelegenheit», liess sich CEO Ulrich Körner zitieren.
Betont wird von der finanziell schwer angeschlagenen Credit Suisse ausserdem, dass Umsetzung der Massnahmen werde für die Bank voraussichtlich keine «erheblichen Kosten» zur Folge haben.
Auftakt zu Verlustserie
Die Abwicklung der Greensill-Fonds durch die CS dauert derweil an. Wie bekannt, hat die Bank von den Fondsvermögen von 10 Milliarden Dollar bei Schliessung hat die CS bisher rund 7,4 Milliarden zurückerhalten. Zwei der vier Fonds sind mittlerweile liquidiert.
Die Schliessung der Greensill-Fonds im Frühling 2021 war der Beginn einer Serie von Grosspannen und Verlusten für die CS. Knapp einen Monat später musste sie einen Milliardenverlust aus dem Zusammenbruch des US-Hedgefonds Archegos bekanntgeben. Die zuletzt auch mit hohen Geldabflüssen kämpfende Bank hat vergangenen Herbst einen tiefgreifenden Umbau eingeleitet. (awp/mc/ps)