FinTech in der Schweiz: Internationale B2B-Chancen in einem stagnierenden Markt

Luzern – In der Schweiz stagniert der FinTech-Markt. Wachstumspotenziale eröffnen sich vor allem im internationalen B2B-Bereich.
In der Schweiz stagniert der Markt der Finanztechnologien (FinTech). Zu diesem Schluss kommt die neuste IFZ FinTech Studie 2025 der Hochschule Luzern. Per Ende 2024 verzeichnete die Schweiz 483 FinTech-Unternehmen – exakt gleich viele wie im Vorjahr. Während neue hinzukamen, verschwanden ebenso viele Unternehmen durch Liquidationen, Fusionen oder Neuausrichtungen den Markt. Diese Balance deutet auf eine mögliche Marktsättigung hin, wie dies auch in der traditionellen Finanzindustrie, dem Hauptabnehmer von FinTech-Lösungen, zu beobachten ist. Anders in Liechtenstein: Dort wuchs die Anzahl FinTech-Unternehmen im Jahr 2024 von 22 auf 28. Im Zehnjahresvergleich zeigt sich jedoch ein deutliches Wachstum des Schweizer FinTech-Sektors. Regional fiel dieses insbesondere in den Kantonen Zug und Genf überdurchschnittlich stark aus.
Deutlicher Rückgang bei Venture Capital Finanzierungen
Die Finanzierungstätigkeit im FinTech-Bereich ist im letzten Jahr erneut stark gesunken. Nach einem Höchststand von CHF 605 Millionen im Jahr 2022 halbierte sich das Volumen bis 2024 auf CHF 301 Millionen. Besonders betroffen waren Startkapital-Finanzierungen, die von CHF 232 Millionen (2023) auf CHF 19 Millionen (2024) einbrachen. Auch die Zahl der Finanzierungsrunden nahm von 87 (2021) auf 54 (2024) kontinuierlich ab. «Die Finanzierungsaktivitäten in der Schweiz und Liechtenstein folgen dem globalen Trend im FinTech-Sektor, der seit 2021 eine rückläufige Entwicklung zeigt», sagt Studienleiter Thomas Ankenbrand.
Internationale B2B-Strategien und Nachhaltigkeit als Wachstumstreiber
Immer mehr FinTech-Unternehmen setzen auf internationale B2B-Geschäftsmodelle. Diese Verlagerung weg vom B2C-Modell in Kombination mit einer ausschliesslich nationalen Marktorientierung spiegelt die Herausforderungen bei der Skalierung von Endkundendiensten wider. Seit einigen Jahren zeigt sich dabei ein deutlicher Trend hin zu reinen B2B-Strategien anstelle kombinierter Modelle – ein Zeichen für einen zunehmenden Fokus. Ein weiterer wichtiger Wachstumstreiber ist das Segment der nachhaltigen FinTech-Lösungen: Dieses wuchs im Jahr 2024 weiter von 49 auf 59 Unternehmen. Per Ende 2024 machten nachhaltige FinTech-Unternehmen damit rund zwölf Prozent aller Firmen im Schweizer und Liechtensteiner FinTech-Sektor aus.
Differenzierte Ertragsmodelle
Die Ertragsmodelle der FinTech-Unternehmen in der Schweiz unterscheiden sich nach Geschäftsmodell und Technologie. Insgesamt zum häufigsten Ertragsmodell hat sich Software-as-a-Service (SaaS) entwickelt, bei dem Abnehmer Software gegen Gebühr nutzen. Ebenfalls konstanter Beliebtheit erfreuen sich das Kommissionsmodell, bei dem FinTech-Unternehmen für die Vermittlung von Finanztransaktionen eine Gebühr erheben, und das Lizenzgeschäft, das den Verkauf von Softwarelizenzen für Finanzanwendungen umfasst. Eine untergeordnete Bedeutung haben die bankorientierten Zins- und Handelsgeschäfte und die technologiegetriebenen Daten- und Werbeertragsmodelle.
Fokus auf Umsetzung statt reiner Innovation
Der Finanzsektor verlagert sich zunehmend von der reinen Innovation zur praktischen Umsetzung fortschrittlicher Technologien. Die Integration von Lösungen wie Künstliche Intelligenz, Distributed Ledger Technology und Sustainable High-Performance Computing wird sich wahrscheinlich weiter beschleunigen. Eine wachsende Zahl von FinTech-Unternehmen hat diese innovativen Technologien schneller übernommen als herkömmliche Lösungen für Prozessdigitalisierung, Automatisierung und Robotik. Dieser Trend spiegelt die Reifung des Sektors wider, da die Unternehmen über die Prototyping-Phase hinausgehen und Lösungen einführen, die den realen Marktanforderungen entsprechen, sowie regulatorischen Standards und die sich entwickelnden Kundenerwartungen erfüllen. (pd/mc/pg)