Fitch-Feststellung löst Kurssturz bei Bankaktien aus

Börse New York NYSE

Händler an der New Yorker Börse.

New York – Selten hat eine derart selbstverständliche Feststellung soviel Geld vernichtet: Die Aussage der Ratingagentur Fitch, wonach sich der allgemeine Ausblick für die US-Banken verschlechtere, wenn die Eurokrise nicht rechtzeitig und mit Bedacht gelöst wird, hat einen Kurssturz ausgelöst.

Die Aktien der grossen Wall-Street-Häuser JPMorgan Chase, Goldman Sachs, Bank of America und Citigroup sausten um vier Prozent in die Tiefe, die Investmentbank Morgan Stanley verlor sogar acht Prozent ihres Wertes. Dutzende Mrd. Dollar verpufften mit einem Schlag. Die gesamte Börse geriet in helle Aufregung, der wichtige Börsenindex Dow Jones büsste um annähernd zwei Prozent ein, was am Donnerstag auch an den europäischen Börsen für Verluste sorgte. So verlor der Swiss Market Index (SMI) im Nachgang der amerikanischen Panikattacken kurzzeitig bis zu 1,25 Prozent. Auch die Schweizer Finanztitel büssten deutlich ein. Die Aktie der Credit Suisse etwa war vorübergehend über 3,5 Prozent im Keller, holte indes bis kurz nach 16 Uhr wieder auf -1,58 Prozent auf. Die UBS-Papiere verloren bis 2,7 Prozent ihres Werts, und standen zur Berichtszeit 2 Prozent im Minus auf 10,58 Franken.

Kopfschütteln
Und das alles wegen einer Bemerkung, die zuerst für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt hatte. Die stärkste Formulierung in der Fitch-Mitteilung war noch, dass «die Gefahr eines Schocks steigt», solange die Europäer ihre Probleme nicht in den Griff kriegen. «Es braucht nicht wirklich einen Doktortitel, um das herauszufinden», witzelte Moderator Matt Miller vom Wirtschaftssender Bloomberg TV. Er musste dann aber selbst mit ansehen, wie die Kurse fielen. Die seit Monaten andauernde Schuldenkrise hat die Börsianer mürbe und nervös gemacht. Sie haben Angst, dass es am Ende doch noch zu einem grossen Crash kommt wie im Jahr 2008, als die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach, weil sie sich am US-Hypothekenmarkt verspekuliert hatte.

Angespannte Stimmung
Wie angespannt die Stimmung ist, hatte schon vor zwei Wochen der Kurseinbruch bei der kleinen US-Investmentbank Jefferies gezeigt. Ihre Aktien fielen um bis zu 20 Prozent, bevor der Handel angehalten wurde und die Börsianer wieder zur Vernunft kamen. Anleger hatten befürchtet, dass sich Jefferies mit europäischen Staatsanleihen verspekuliert haben könnte. Die Bank dementierte umgehend. Auch hier war es eine Ratingagentur, die das Desaster mit einem Bericht ausgelöst hatte.

Die Macht der Ratingagenturen

Die Fälle zeigen, welche Macht die Ratingagenturen haben, obwohl ihre Unzulänglichkeiten immer offensichtlicher werden. Die irrtümliche Herabstufung von Frankreich durch Marktführer Standard & Poor’s vor einigen Tagen war nur die Spitze des Eisbergs. Hauptkritikpunkt ist, dass die Agenturen ihre Kriterien geheim halten, nach denen sie die Kreditwürdigkeit von Staaten oder Firmen bewerten. Aufgabe der Ratingagenturen ist es, eine Einschätzung über das Risiko einer Geldanlage zu geben. Spätestens seit der vergangenen Finanzkrise werden die Zweifel aber immer lauter, ob sie ihre Aufgabe auch erfüllen. Damals hatten die Agenturen US-Hypothekenpapiere mit Bestnoten bewertet – ein paar Monate später waren viele dieser Papiere praktisch wertlos und die schlimmste Rezession der Nachkriegszeit setzte ein.

Genüsslicher Seitenhieb des «Wall Street Journal»
Dennoch scheinen die Börsianer den Ratingagenturen weiterhin hörig zu sein. Da kann sich selbst die Bibel der Finanzwelt, das «Wall Street Journal», einen Seitenhieb nicht verkneifen: Die Zeitung wies genüsslich darauf hin, dass sie schon am Montag einen Bericht dazu gebracht habe, welche Risiken für die Banken in Europa lauerten. Zwei Tage vor Fitch. (awp/mc/ps)

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