FlowBank: «Die Erwartungen an Tesla sind schwer zu erfüllen»

FlowBank: «Die Erwartungen an Tesla sind schwer zu erfüllen»
(zvg/Shutterstock)

Tesla hat geschafft, was bislang noch keinem Autohersteller gelungen ist: Das Unternehmen ist an der Börse mehr als eine Billion US-Dollar wert. Grund für diese enorm hohe Bewertung ist laut Esty Dwek von FlowBank das Potenzial im Tech-Bereich, das Anlegerinnen und Anleger in Tesla sehen. Vorsicht sei jedoch angebracht.

Nachdem der Autovermieter Hertz bis Ende 2022 100’000 Tesla-Autos bestellte, knackte der Börsenwert von Tesla die Marke von 1 Bio. USD – nur wenige Unternehmen haben diese Schwelle bisher überschritten. Seit Jahresbeginn legten die Aktien von Tesla 52% zu, und seit Tesla Toyota im Juli 2020 als wertvollstes Automobilunternehmen überholte, hat sich der Wert verfünffacht (vgl. Grafik).

Teslas Aktienkurs stieg im Oktober 2021 steil an.

Ein strategischer Deal
Auch die Aktien von Hertz stiegen nach dieser Nachricht um 10%. Das Unternehmen kam vor vier Monaten aus dem Konkurs und liquidierte 30% seiner Flotte, als die Autopreise hoch waren. Jetzt, da es wieder über Wasser ist, setzt Herz auf elektrische Autos. Das dürfte laut Esty Dwek, CIO von FlowBank, besonders vor dem Hintergrund steigender Benzinpreise Kundinnen und Kunden anziehen. «Dies verleiht Hertz auch kulturelle Relevanz und hebt es von anderen Autovermietungen ab. Darüber hinaus wird die Bestellung 10% der Produktionskapazität von Tesla in Anspruch nehmen, was es für Konkurrenten wie Enterprise oder Avis sehr schwer macht, diese zu kopieren», so Dwek.

Der Deal hat nicht nur den Absatz und den Aktienkurs von Tesla im Jahr 2021 angekurbelt, sondern sei auch ein grosser Schritt in Richtung der Einführung von Elektroautos. Schliesslich sei das die ultimative Testfahrt für Tesla, erklärt Dwek: «Ein Auto für einen Wochenendausflug zu mieten, ist weitaus weniger einschüchternd als 40’000 USD und mehr für ein Model 3 auszugeben. Da das Aufladen der Batterie von Hertz bezahlt wird, muss der Nutzer das Erlebnis nur noch geniessen.»

Tesla erfährt an Börsen Sonderbehandlung
Bislang hat nur eine Handvoll börsenkotierter Unternehmen die Marktkapitalisierung von 1 Bio. USD überschritten. Dabei handelt es sich um grosse Tech-Unternehmen wie Apple, Microsoft, Alphabet und Facebook, zu denen sich letztes Jahr auch Amazon gesellte – nach 23 Jahren auf dem Markt. Vor Tesla hat kein Autohersteller diesen Sprung geschafft.

«Es scheint, dass die Wall Street Tesla bereits als Technologieunternehmen ansieht, dessen Bewertungen von zukünftigen Gewinnen und nicht von den heutigen bestimmt werden», sagt Dwek. Mit Blick auf die Zukunft scheine es sogar so, als ob Autos nicht einmal Teslas Kerngeschäft seien: Mehr als 75% der erwarteten Umsätze sollen aus Software und Abonnements stammen. Auch will das Unternehmen eine neue Form des Energiemanagements einführen. «Letztendlich wird Tesla deshalb nicht für die Anzahl verkaufter Autos belohnt, sondern für sein Zukunftspotenzial. Das sind Prinzipien, die nicht auf die restlichen Autohersteller angewendet werden», erklärt die CIO.

An der Börse ist Tesla gleich viel wert wie die zehn grössten Autohersteller zusammen.

Starker Ausbau der Produktionskapazitäten geplant
Tesla wurde angesichts horrender Bewertungen bei gleichzeitigen Verlusten jahrelang angezweifelt. Doch das Unternehmen hat das Ruder herumgerissen und neun Quartale in Folge einen Nettogewinn erwirtschaftet, Tendenz steigend.

Im dritten Quartal stieg der Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahr um 380% auf 1,62 Mrd. USD, und die Fahrzeugproduktion stieg um 72%. Tesla hat die Lieferkettenengpässe durch den Einsatz alternativer Chips und eine Software-Umstellung gemeistert. So konnte das Unternehmen die Produktion von rund 238’000 Fahrzeugen auch im dritten Quartal aufrechterhalten – ein sehr kleiner Anteil am Gesamtmarkt (vgl. Grafik).

Gemessen an der Anzahl verkaufter Autos ist Tesla ein Zwerg.

Mit einer ausgebauten Produktion in China sowie den Fabriken in Deutschland und Texas will Elon Musk jährlich 50% mehr Autos produzieren. 2030 sollen es so 20 Mio. Autos sein – doppelt so viele wie Volkswagen heute herstellt.

Zu hoch angesetzter Aktienkurs
«Doch die Zahlen passen einfach nicht zusammen, weder für ein Auto- noch für ein Technologieunternehmen», bedenkt Dwek. Der Hertz-Deal war für Tesla etwa 4,2 Mrd. USD wert und führte dazu, dass die Aktie fast das Zwanzigfache – rund 80 Mrd. USD – an Marktwert gewann. Das Unternehmen hat in diesem Jahr bereits 627’000 Fahrzeuge verkauft und strebt für 2021 an, eine Million Autos zu verkaufen. Das würde einer stolzen Bewertung von mehr als 1 Mio. USD pro Fahrzeug entsprechen.

Der Aktienkurs könnte deshalb gemäss der Expertin zu hoch angesetzt sein. Die Analystengemeinde stimmt ihr zu und argumentiert, dass die Ziele von Tesla ein enormes Volumen und eine branchenführende Rentabilität bedeuten würden, was historisch beispiellos wäre. Das Analystenteam von Bernstein setzte sogar ein 12-Monats-Kursziel von 300 USD für die Aktie.

Sie würde also 70% ihres Werts verlieren, sobald die Marktrealität zuschlägt – beispielsweise aufgrund einer geringeren Nachfrage als erwartet in Verbindung mit einem Chipmangel. Etwas Ähnliches ist bereits mit Cisco geschehen. Die Aktien des Tech-Unternehmens wurden mit einem Multiplikator von 46 gehandelt – bis sie mit dem Platzen der Dotcom-Blase plötzlich stark fielen.

Das sei zwar keine unmögliche Aufgabe, aber mit Sicherheit eine entmutigende. Deshalb mahnt die Expertin die Anlegerinnen und Anleger zur Vorsicht. Die Ziele, die Tesla erreichen müsse, um die enorm hohe Bewertung zu rechtfertigen, seien keineswegs einfach zu erreichen. (FlowBank/mc/pg)

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