Schwellenländer sollten gemäss dem Research-Team von FlowBank von den aktuellen Rahmenbedingungen profitieren können. Die Gründe dafür unterscheiden sich von Land zu Land, wie die Beispiele Indien und Mexiko zeigen.
Die Zentralbanken die Schwellenländer haben schnell und entschlossen auf die steigende Inflation reagiert. Anlagen in diese Emerging Markets gewinnen daher auch bei Anlegerinnen und Anlegern an Bedeutung, beobachtet das Research-Team von FlowBank: «Wir glauben, dass Schwellenländerinvestments kurzfristig von besonderem Rückenwind profitieren und US-Aktien übertreffen könnten.»
Mit Blick auf die zunehmende Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank Fed die Zinserhöhungsschritte pausiert, sind die Währungen der Schwellenländer in einer guten Position, um gegen den US-Dollar aufzuwerten – vorausgesetzt, eine tiefe Rezession kann vermieden werden.
Für diese positive Einschätzung sind im Vergleich zu 2022 komplett veränderte Rahmenbedingungen verantwortlich. Im letzten Jahr übertraf das US-Wachstum dasjenige der chinesischen Wirtschaft, die Inflation stieg stark an und die Zentralbanken nahmen aggressive Zinserhöhungen vor – eine Kombination, die den Schwellenmarktanlagen schwer zu schaffen machte. «In diesem Jahr jedoch beschleunigt sich das Wachstum in China, während sich das Wachstum in den USA verlangsamt. Die Inflation sinkt und die Zentralbanken pausieren die aggressive Straffung der Geldpolitik. Diese neuen Rahmenbedingungen sollten für die Schwellenländer bedeutend positiver sein», erläutert das Research-Team.
Darüber hinaus seien Schwellenländeranlagen sehr günstig und bieten eine grössere Sicherheitsmarge. Aktien, Währungen und Staatsanleihen der Schwellenländer werden immer noch mit überdurchschnittlichen Abschlägen gegenüber ihren US-Pendants gehandelt. Das bietet Anlegerinnen und Anlegern die Möglichkeit, Vermögenswerte zu einer niedrigeren Bewertung zu erwerben, was zu einer höheren Rendite führen könnte.
Indien setzt auf konsequente Digitalisierung
Zusätzlich tritt der indische Markt in eine neue Wachstumsära ein. Damit eröffnen sich Investitionsgelegenheiten. Schätzungen zufolge wird sich das indische BIP bis 2030 verdoppeln und die Marktkapitalisierung könnte 10 Billionen US-Dollar erreichen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 10% entsprechen würde.
Indiens Wachstumsgeschichte wird vor allem von drei Kräften getrieben. Einerseits ist das die demografische Entwicklung: Rund die Hälfte der Bevölkerung ist unter 24 Jahre alt. Diese junge Bevölkerung beschleunigt die Digitalisierung und die Urbanisierung, was zu einem Anstieg an Start-ups führt und damit das Wachstumspotenzial des Landes in die Höhe treibt.
Zweitens gehen die Experten davon aus, dass der Anteil Indiens an den weltweiten Exporten deutlich zunehmen wird. Grund dafür sei der Trend hin zum Offshoring, wodurch sich die Zahl der in Indien beschäftigten Menschen, die für Unternehmen ausserhalb des Landes arbeiten, mindestens verdoppeln. «Multinationale Unternehmen sind optimistischer, was Investitionen in Indien angeht, und die Regierung fördert Investitionen durch den Infrastrukturausbau und Steuersenkungsmassnahme, mithilfe derer die Unternehmensgewinne wie auch das BIP gesteigert werden sollen», so das Research-Team. Jüngst hat Apple angekündigt, mehr iPhone-Produktionsstätten von China nach Indien zu verlegen.
Drittens verfolgt Indien ein eigenes Modell für die Digitalisierung seiner Wirtschaft, das von einem öffentlichen Dienst namens India Stack unterstützt wird. Damit soll es der indischen Regierung und privaten Unternehmen ermöglicht werden, der Bevölkerung digitale Dienstleistungen anzubieten. Dazu zählen unter anderem eine elektronische «Know Your Customer»-Funktion, eine digitale Unterschrift und eine eindeutige Identifikationsnummer, die den Bürgerinnen und Bürgern als digitale Identität dient. Das ermöglicht die sichere und effiziente Erbringung von Dienstleistungen wie Finanztransaktionen, digitale Unterschriften sowie E-Governance-Dienstleistungen. Somit könnte Indien das weltweite BIP-Wachstum auch im kommenden Jahrzehnt zu übertreffen.
Mexiko profitiert vom Nearshoring
Am Gipfeltreffen der nordamerikanischen Staats- und Regierungschefs Anfang Januar verpflichteten sich die Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko zur Zusammenarbeit bei der Schaffung stärkerer regionaler Lieferketten. Zudem wollen die drei Länder gezielte Investitionen in Schlüsselindustrien der Zukunft wie beispielsweise Halbleiter und Batterien für Elektrofahrzeuge fördern.
Für Investoren bietet sich so die Möglichkeit, über Mexiko von US-Unternehmen zu profitieren, die ihre Lieferketten verkürzen und Produktionskapazitäten aus Asien abziehen wollen. «Das Land verfügt über eine starke Produktionsbasis und qualifizierte Arbeitskräfte, die das Wachstum der Produktion im Land unterstützen können», schreibt das Research-Team von FlowBank.
Für die Halbleiterindustrie bedeutet das, dass Mexiko ein potenzieller Zulieferer oder zumindest ein Lieferant von Waren und Rohstoffen sein wird. Das ist einer der Hauptgründe dafür, dass sich mexikanische Vermögenswerte in letzter Zeit besser entwickelt haben als andere. Der iShares MSCI Mexico ETF erreichte letzte Woche ein neues 52-Wochen-Hoch. (FlowBank/mc)