Philipp Hildebrand, Direktionspräsident der Schweizerischen Nationalbank.
Bern – Die deutlich angestiegene Risikoaversion an den internationalen Finanzmärkten hat die Überbewertung des Schweizer Frankens in den letzten Tagen nochmals verschärft. Angesichts dieser Entwicklung ergreift die Schweizerische Nationalbank weitere Massnahmen gegen die Stärke des Schweizer Frankens.
Sie wird die Liquidität am Schweizer-Franken-Geldmarkt weiter signifikant ausweiten. Die Nationalbank strebt einen raschen Anstieg der Sichtguthaben (Giroguthaben) der Banken bei der SNB von derzeit 80 Mrd. auf 120 Mrd. Franken an. Um den Anstieg der Frankenliquidität zu beschleunigen, wird die Nationalbank zusätzlich Devisenswap-Geschäfte abschliessen. Der Devisenswap ist ein geldpolitisches Instrument der Nationalbank zur Schaffung von Frankenliquidität. Es wurde letztmals im Herbst 2008 eingesetzt.
Weitere Massnahmen möglich
Die massive Überbewertung des Schweizer Frankens stelle eine Bedrohung für die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz dar und habe die Abwärtsrisiken für die Preisstabilität weiter erhöht, schreibt die SNB in einer Mitteilung. Die Nationalbank verfolge die Entwicklung am Devisenmarkt und an den Finanzmärkten sehr aufmerksam. Sie werde bei Bedarf weitere Massnahmen gegen die Frankenstärke ergreifen.
Experten bewerten Massnahmen als ungenügend
Ökonomen bewerten die von der SNB getroffenen Massnahmen gegen die Frankenstärke, wenngleich sie am Mittwoch ausgeweitet wurden, allgemeinhin als «ungenügend». Dies hätten auch die Bewegungen an den Devisenmärkten im Anschluss an die SNB-Ankündigung gezeigt. Denn sowohl der Euro als auch der US-Dollar konnten zum Franken nicht nachhaltig zulegen und bewegen sich noch immer auf sehr tiefem Niveau.
Sarasin: Kauf von Fremdwährungen ein probates Mittel
Die SNB müsse einen Schritt weiter gehen, um die gewünschte Reaktion am Markt erzielen zu können, erklärte Alessandro Bee von der Bank Sarasin. Ein probates Mittel dazu seien Interventionen an den Devisenmärkten, respektive der Kauf von Fremdwährungen durch die SNB. Um diesen Interventionen den nötigen Nachdruck zu verleihen, wäre die Festlegung eines EUR/CHF-Kursziels nötig, welches die SNB gewillt ist zu verteidigen. Bee geht davon aus, dass die SNB, sollte der Franken weiter so stark bleiben, in den nächsten Tagen weitere Massnahmen ankündigen wird.
Credit Suisse: Stärkeres Commitment notwendig
Auch gemäss den Ökonomen der Credit Suisse bräuchte es ein stärkeres Commitment der SNB im Kampf gegen die Frankenstärke. Dieses könne etwa über die Nennung eines expliziten Ziel-Wechselkurses erfolgen, heisst es im CS-Kommentar vom Mittwoch. Dagegen sei etwa der von der SNB angekündigte Einsatz von zusätzlichen Devisenswap-Geschäften teuer und es sei fraglich, ob dies die derzeitige Attraktivität des Frankens bedeutsam zu schwächen vermag.
Helaba: Harte Intervention wäre nötig
Derweil hat die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) die Reaktion der Devisenmärkte auf die jüngsten Massnahmen der SNB zur Schwächung des Frankens als «verhalten» bezeichnet. Im Bestreben, die Rekordjagd der heimischen Währung zu stoppen, wäre eine harte Intervention an den Devisenmärkten angebracht gewesen, sagte ein Helaba-Experte der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Vor dem Hintergrund, dass die jüngsten Massnahmen der SNB an den Devisenmärkten kaum Reaktionen gezeigt hätten, seien die Chancen für eine direkte Intervention der Schweizer Notenbank gestiegen.
Der Schweizer Franken hat am Mittwochmorgen in einer ersten Reaktion mit einem scharfen Kursabfall auf die neuerlichen Massnahmen der SNB reagiert. Das EUR/CHF-Paar schnellte im Tageshoch um rund zwei Rappen auf 1,0524 CHF hoch, notiert gegen 10.40 Uhr allerdings nur noch bei 1,0373 CHF. Der USD/CHF legte im Anschluss an die SNB-Ankündigung um etwas mehr als einen Rappen auf 0,7336 CHF zu. Zum Berichtszeitpunkt notiert der Dollar wieder tiefer bei 0,7222 CHF. (mc/pg)