Mit der zunehmenden Bedrohung durch Infektionskrankheiten wie Affenpocken, Grippe und Co. wächst das Interesse der Anleger am Gesundheitssektor. Unternehmen aus den Bereichen Impfstoffentwicklung, Diagnostik und Telemedizin rücken dabei in den Vordergrund. Während Impfstoffhersteller an neuen Präventionsmassnahmen forschen, profitieren Diagnostikunternehmen von der steigenden Nachfrage nach Früherkennungstests. Gleichzeitig verzeichnen digitale Gesundheitsdienstleister eine wachsende Akzeptanz für Fernberatung. Kurzfristige Chancen locken Investoren bei Unternehmen, die an Impfstoffen und Tests arbeiten, während langfristig breit aufgestellte Gesundheits-ETFs Stabilität bieten. Warum und wo der Sektor aktuell Wachstum verspricht, analysiert Hans Selleslagh, Schweiz-Sprecher beim Online-Broker Freedom24.
Angesichts der jüngsten Ausbreitung von Infektionskrankheiten steigt das Interesse am Gesundheitssektor deutlich. Führende Impfstoffhersteller wie Moderna und Pfizer, die während der COVID-19-Pandemie bereits milliardenschwere Erfolge erzielten, erleben eine erneute Nachfrage. Moderna beispielsweise forscht derzeit an Impfstoffen gegen Affenpocken und Influenza, was zu einer erwarteten Wachstumsrate von 7,1 Prozent im Markt für Infektionstherapeutika bis 2030 beiträgt. Der dänische Impfstoffhersteller Bavarian Nordic konnte mit dem einzigen zugelassenen Affenpocken-Impfstoff in diesem Jahr bereits einen Kursanstieg von 50 Prozent verzeichnen. Doch nicht nur Impfstoffhersteller stehen im Rampenlicht. Diagnostikunternehmen wie Thermo Fisher Scientific und Quidel verzeichnen eine gesteigerte Nachfrage nach Tests. Thermo Fisher meldete einen Umsatzanstieg von acht Prozent im letzten Quartal, getrieben durch vermehrte Tests auf Affenpocken und Grippe. Auch Abbott Laboratories, bekannt für seine BinaxNOW-Testkits, profitiert vom steigenden Bedarf an schneller Diagnostik und im Bereich digitale Gesundheit und Telemedizin gewinnen Anbieter wie Teladoc und American Well an Bedeutung. „Anleger reagieren bereits auf die Entwicklungen im Gesundheitsbereich. In den letzten zwei Monaten sind Zuflüsse in gesundheitsorientierte ETFs wie den Health Care Select Sector SPDR Fund um 1,2 Milliarden Dollar gestiegen“, erklärt Hans Selleslagh.
Chancen für Investoren im Gesundheitssektor
Die steigenden Investitionen von Regierungen und Gesundheitseinrichtungen in die Pandemievorsorge eröffnen erhebliche Chancen für Unternehmen im Gesundheitssektor. „Unternehmen, die Impfstoffe, Diagnostiktests und antivirale Medikamente anbieten, profitieren von laufenden Regierungsverträgen, Vorratshaltung und globalen Impfprogrammen“, so Selleslagh. Dies biete langfristiges Wachstumspotenzial für Firmen wie Moderna, Pfizer und Thermo Fisher Scientific. Neue Krankheiten wie Affenpocken oder das aktuell in den Nachrichten gemeldete Marburg-Virus schaffen zudem neue Märkte für spezialisierte Biotech-Unternehmen wie Bavarian Nordic, das mit seinem Affenpocken-Impfstoff den Aktienkurs in die Höhe getrieben hat. Auch Unternehmen wie Gilead Sciences und Merck könnten durch die steigende Nachfrage nach antiviralen Medikamenten profitieren. Technologische Fortschritte, darunter mRNA-Technologie und digitale Gesundheitsplattformen, bieten weitere Wachstumschancen, insbesondere für Telemedizin-Anbieter wie beispielsweise Teladoc Health. Zudem hat das gestiegene Bewusstsein für präventive Gesundheitsversorgung die Nachfrage nach Impfungen, Tests und Telemedizin-Diensten erheblich erhöht. Firmen wie Abbott Laboratories und QuidelOrtho stehen somit vor profitablen Aussichten.
Lieferkettenprobleme und Regierungsaufträge bergen Risiken
Doch es gibt auch Risiken: Regulatorische Unsicherheiten können die finanzielle Performance beeinflussen, da Arzneimittelzulassungen oder unerwartete Nebenwirkungen zu Verzögerungen führen. Hersteller können darunter leiden, wenn ihre Impfstoffe die regulatorischen Anforderungen nicht erfüllen. Zudem besteht Preisdruck durch globale Bemühungen, Behandlungen günstiger zu machen, was die Margen der Unternehmen schmälert. Auch Lieferkettenunterbrechungen sind ein Risiko. „Unternehmen könnten Probleme bei der Rohstoffbeschaffung erleben. Zudem führt die Abhängigkeit von Regierungsaufträgen zu Unsicherheiten, da sich politische Prioritäten ändern können“, sagt Selleslagh. Schliesslich beeinflusst die öffentliche Wahrnehmung die Nachfrage nach Impfstoffen. Skepsis kann den Markt verkleinern und zu Kursschwankungen führen. Investoren sollten diese Risiken bei ihren Anlageentscheidungen im Gesundheitssektor berücksichtigen.
Innovationen als Wachstumstreiber
Innovationen in Diagnostik und Impfstoffentwicklung sind entscheidend für die finanzielle Leistung von Gesundheitsunternehmen. mRNA-Technologien, genutzt etwa von Moderna und BioNTech, ermöglichen einen schnellen Markteintritt und generieren Milliardenumsätze – wie Modernas Anstieg an Einnahmen von 800 Millionen US-Dollar 2020 auf über 18 Milliarden 2021 zeigt. Diagnostik-Innovationen wie Point-of-Care-Tests erlauben Unternehmen wie Thermo Fisher und Abbott Laboratories, schnell auf Nachfrage zu reagieren. Und neue Technologien schaffen auch Wettbewerbsvorteile. Zum Beispiel etabliert Roche sein Diagnostiktools (RHHBY) und konnte durch kontinuierliche F&E-Investitionen seinen Wettbewerbsvorteil in der globalen Diagnostik halten. „Strategische Partnerschaften und Übernahmen, etwa die Kooperation von Pfizer und BioNTech, verstärken den Marktwert und regulatorische Unterstützung wie beschleunigte Zulassungen bieten zusätzliche Wachstumschancen“, so Selleslagh. Durch Innovationen entsteht auch nachhaltiges, wiederkehrendes Einkommen – etwa durch Auffrischungsimpfungen und ständige Nachfrage nach Diagnosetests.(Freedom24/mc/ps)