Bei GAM übernimmt jetzt Newgame
Zürich – Bei GAM bleibt kein Stein auf dem anderen: Nach dem gescheiterten Verkauf des kriselnden Zürcher Vermögensverwalters nach Grossbritannien gibt nun die Aktionärsgruppe Newgame den Takt an. Der gesamte Verwaltungsrat soll abgewählt werden. Die Ernennung eines neuen Chefs dürfte nur eine Frage der Zeit sein.
Eine zuvor vom GAM-Verwaltungsrat favorisierte Übernahme durch den britischen Konkurrenten Liontrust war gescheitert. Liontrust erhielt lediglich 33,6 Prozent der GAM-Aktien und hat damit die angestrebte Zweidrittelmehrheit bei weitem verfehlt.
Die Briten ziehen sich daher zurück. Die angedienten Aktien wechseln nicht den Besitzer und ein bereits erteiltes Darlehen in der Höhe von 8,9 Millionen Pfund an GAM wird zurückgefordert.
Aktionärsgruppe muss liefern
Für GAM wird es somit finanziell eng. Jetzt muss Newgame in die Bresche springen und beweisen, dass im Vorfeld getätigte Versprechen eingehalten werden können. Newgame hält nach eigenen Angaben 9,6 Prozent an GAM.
Die Investorengruppe um den französischen Salt-Besitzer Xavier Niel hatte mit teils harten Bandagen gegen die – vom GAM-Verwaltungsrat als «alternativlos» bezeichnete – Übernahme durch Liontrust gekämpft. GAM könne erfolgreich saniert werden und unabhängig bleiben, war man bei Newgame überzeugt.
Damit GAM den unmittelbaren Liquiditätsbedarf decken kann, wurde mit Newgame eine kurzfristige Finanzierung von 20 Millionen Franken vereinbart. Diese soll später durch eine Wandelanleihe in Höhe von rund 25 Millionen ersetzt werden.
Langfristiges Engagement
Newgame habe auch darüber hinaus ein «anhaltendes Engagement» zugesichert, hiess es von GAM. Man habe sich verpflichtet, kontinuierlich weitere finanzielle Mittel bereitzustellen, um die Geschäftstätigkeit von GAM zu sichern, versicherte derweil Newgame.
Gleichzeitig gibt Newgame jetzt aber auch die Bedingungen durch. Der GAM-Verwaltungsrat ist zum Rücktritt bereit und empfiehlt, am 27. September an einer ausserordentlichen Generalversammlung die Kandidaten von Newgame zu wählen. Diese will die Investorengruppe «in den kommenden Tagen» benennen.
Nicht nur der Verwaltungsrat von GAM stand zuletzt unter Beschuss der Investorengruppe, auch Unternehmenschef Peter Sanderson war ihr ein Dorn im Auge. Das Missfallen wurde in aller Deutlichkeit kommuniziert. Damit zeichnet sich bereits heute ab, dass die Tage von Sanderson als CEO ebenfalls bald gezählt sein dürften.
Viel Zeit und Geld nötig
GAM war 2009 von der Bank Julius Bär abgespalten worden. Seit der Suspendierung eines früheren Star-Fondsmanagers wegen schweren Fehlverhaltens im Jahr 2018 kämpft der Vermögensverwalter mit Geldabflüssen. 2022 verzeichnete das Unternehmen einen Verlust von über 500 Millionen Franken.
«Der heutige Tag ist ein entscheidender Schritt für den Turnaround und die Weiterentwicklung von einem der bekanntesten Asset Manager der Branche», erklärte Newgame. Man wolle bereits heute in Zürich und London sowie in den kommenden Tagen auch an anderen Orten Portfoliomanager und Kundenteams von GAM treffen.
Die Aktie legte am Dienstag im frühen Handel rund 3 Prozent auf 0,495 Franken zu. Die Titel wurden in den letzten Tagen nicht mehr viel gehandelt. Man begrüsse die kurzfristige Finanzierungslösung, um den Geschäftsbetrieb sicherzustellen, kommentierte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Eine erfolgreiche Umsetzung der von Newgame geplanten Transformation dürfte aber viel Zeit und Geld beanspruchen. (awp/mc/ps)