GAM erleidet weitere Abflüsse
Zürich – Beim Vermögensverwalter GAM ist es im ersten Halbjahr zu weiteren Abflüssen von Geldern gekommen. Allerdings hat sich die Situation im Juni und Juli wieder erholt. Gleichzeitig kann der Asset Manager endlich einen neuen festen Konzernchef präsentieren.
Insgesamt kam es im ersten Semester zu einem Nettoneugeld-Abfluss von 5,2 Milliarden Franken nach einem Plus von 9,3 Milliarden Franken im Vorjahr. So kam es im wichtigen Investment Management zu Nettoabflüssen von 7,6 Milliarden Franken. Es sei aber im Juni und im bisherigen Verlauf des Monats Juli wieder zu Nettozuflüssen gekommen, teilte GAM am Dienstag mit.
Unter dem Strich verringerten sich die verwalteten Vermögen in dem Kernbereich auf 52,1 Milliarden nach 56,1 Milliarden Ende 2018. Im Private Labelling, das Fondslösungen für Dritte anbietet, verzeichnete GAM hingegen einen Zufluss von 2,4 Milliarden. Die Vermögen erreichen ein Rekordhoch von 84,0 Milliarden per Ende Juni nach 76,1 Milliarden Ende 2018.
Dabei ist das Private Labelling das deutlich weniger rentable Geschäft. Zum Vergleich: GAM beziffert die Managementgebühren-Marge fürs Investment Management im ersten Halbjahr mit 53,9 Basispunkten, während diese im Private Labelling bei 4,3 Basispunkten lag.
Ertrag bricht ein
Insgesamt lagen die verwalteten Vermögen in der Folge bei 136,1 Milliarden Franken. Vor rund drei Wochen hatte GAM bereits eine solche Grössenordnung in Aussicht gestellt. Vor einem Jahr waren es noch 163,8 Milliarden und Ende 2018 132,2 Milliarden.
Wegen der «wesentlich geringeren» Vermögen und tieferer Margen sackte auch der Erfolg aus dem Dienstleistungs- und Kommissionsgeschäft ab und zwar um 41 Prozent auf 171,1 Millionen Franken. Die performanceabhängigen Erträge stiegen hingegen auf 5,4 Millionen verglichen mit 2,3 Millionen. Der Betriebsertrag brach unter dem Strich um 42 Prozent auf 167,3 Millionen Franken ein.
Auch die Ergebniszahlen wurden am Dienstag konkretisiert, nachdem bereits vorläufige Zahlen bekannt waren. Der operative Gewinn vor Steuern lag bei 2,1 Millionen Franken – nach 91,3 Millionen im Vorjahr (damals ein Gewinnsprung von 21 Prozent). Nach Steuern resultierte jedoch ein operativer Reinverlust von 1,1 Millionen nach einem Gewinn von 71,7 Millionen im Vorjahr, wie aus dem Semesterbericht hervorgeht.
Diese Kennzahlen sind jeweils bereinigt um akquisitionsbezogene und nicht wiederkehrende Posten. Diese beliefen sich nach Steuern auf -5,5 Millionen beziehungsweise -7,0 Millionen. Letztere beinhalten insbesondere Kosten «im Zusammenhang mit ARBF-Angelegenheiten und der Restrukturierung».
Unter dem Strich blieb ein Konzernverlust nach IFRS von 13,6 Millionen Franken, nachdem im ersten Halbjahr 2018 ein Gewinn von 25,4 Millionen erzielt worden war.
ARBF-Chose abschliessen
Bei ARBF handelt es sich um Fonds mit der sogenannten Absolute-Return-Bond-Strategie. Im Zuge der Affäre um den Investmentmanager Tim Haywood, der vor einem Jahr suspendiert wurde und später wegen schweren Fehlverhaltens entlassen wurde, wurde die Liquidierung dieser von ihm betreuten Fonds beschlossen.
Die letzten Zahlungen an Kunden erfolgten am (heutigen) Dienstag, hiess es nun von GAM. Durchschnittlich würden über 100 Prozent des Portfoliowerts zurückbezahlt. Ausserdem sei man mit Haywood übereingekommen, «dass basierend auf dem heutigen Kenntnisstand keine Partei die andere verklagen wird». Das Unternehmen stehe jedoch nach wie vor zur Erkenntnis, dass ein grobes Fehlverhalten vorlag. Haywood hatte zuvor mehrere der vorgebrachten Anschuldigungen bestritten und war der Ansicht, dass er zu Unrecht herausgegriffen wurde.
GAM will jetzt in die Zukunft schauen: Man könne nun das ARBF-Thema abschliessen und sich vollständig auf das künftige Wachstum des Geschäfts konzentrieren, liess sich Interimschef David Jacob zitieren. Das Geschäft solle weiter stabilisiert und das Vertrauen der Kunden wiederhergestellt werden.
Restrukturierung geht weiter
Passend dazu wurde nun auch ein neuer Konzernchef ernannt. Im November 2018 wurde Verwaltungsrat Jacob «CEO auf Zeit», nachdem Alexander Friedman nach massiver starker Kritik zurückgetreten war. Per 1. September soll nun Peter Sanderson in seine Fussstapfen als Group CEO von GAM treten. Dieser war zuletzt mehr als zehn Jahre bei BlackRock tätig. Er habe dort in verschiedenen Funktionen grosse Bereiche geleitet und weiter ausgebaut, Restrukturierungen verantwortet und erfolgreiche Produktlösungen entwickelt, hiess es.
Jacob wiederum, der seit 2017 Mitglied des Verwaltungsrats ist, wird per 1. Oktober zum Präsidenten des Aufsichtsgremiums ernannt. Noch-VRP Hugh Scott-Barrett sagte dazu: «Für mich ist es, auch im Einklang mit der längerfristigen Nachfolgeplanung des Verwaltungsrats, der richtige Zeitpunkt, um als Präsident zurückzutreten.»
Mit der 2018 lancierten Restrukturierung sieht sich GAM derweil auf Kurs. Mindestens 40 Millionen Franken sollen eingespart werden, und davon würden mindestens ein Drittel im laufenden Jahr erreicht. Der volle Effekt werde 2020 sichtbar. Per Ende Juni standen 863 Vollzeitstellen in den Büchern, 72 weniger als im Jahr zuvor. Das Geschäft soll zudem vereinfacht und effizienter gemacht werden.
In dem Zusammenhang kommt es auch zu Devestitionen: Verkauft werden die Edelmetall- und Geldmarktfonds mit Vermögen von gut 2 Milliarden Franken an die Zürcher Kantonalbank. Die ZKB bezifferte den Kaufpreis mit 14 Millionen. (awp/mc/ps)