Druck auf Italien steigt weiter – Monti wehrt sich
Mario Monti, italienischer Ministerpräsident und Wirtschafts- und Finanzminister ad interim.
Rom / Frankfurt am Main – Die Luft wird dünner: Selbst kurzfristig Geld zu leihen, wird für Italien immer teurer. Bei einer Auktion von Geldmarktpapieren mit einer Laufzeit von zwölf Monaten verlangten Investoren am Mittwoch Zinsen in Höhe von 3,97 Prozent, wie aus Angaben der italienischen Schuldenagentur in Rom hervorgeht. Bei der letzten vergleichbaren Versteigerung am 11. Mai waren es noch 2,34 Prozent. Ein Lichtblick: Das Maximalziel von 6,5 Milliarden Euro wurde erreicht, die Nachfrage war mehr als ausreichend. Die nächste Nagelprobe steht bereits an diesem Donnerstag an, wenn längerlaufende Anleihen versteigert werden sollen.
Während Anleger und Euro-Retter vor den Neuwahlen in Griechenland am Wochenende zittern, rückt Italien immer stärker ins Visier der Investoren. Die drittgrösste Volkswirtschaft im Währungsraum droht, in der Rezession zu versinken. Die Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal um 0,8 Prozent im Vergleich zum Schlussquartal 2011. «Dies erschwert die Haushaltssanierung und lässt die Schulden weniger tragfähig erscheinen», sagt Commerzbank -Expertin Ulrike Rondorf.
Solide Haushaltspolitik
Das Land selbst wehrt sich indes mit Händen und Füssen gegen das Image als Krisenkandidat: Ministerpräsident Marion Monti sagte dem ARD-Hörfunk in Rom, das Land habe zwar hohe Staatsschulden, aber inzwischen eine viel solidere Haushaltspolitik. «Der Staatshaushalt wird dieses Jahr mit einer nur geringen Neuverschuldung abgeschlossen, mit 2 Prozent.» Und im kommenden Jahr werde es einen Überschuss geben.
«Ich verstehe, dass man Italien durch seine Vergangenheit als lustiges, undiszipliniertes Land begreifen kann», räumte Monti ein. «Aber momentan ist Italien disziplinierter als viele andere europäische Länder – und es ist auch nicht besonders lustig. Aber es unternimmt die richtigen Dinge, um ein solides Land zu werden.» Auch in Deutschland werde derzeit nicht gesehen, dass Italien im Prinzip doppelt zahle, sagte er: Einerseits die Anteile für die Rettung anderer kriselnder Euro-Staaten – andererseits aber auch hohe Zinsen für Staatsanleihen.
Monti: Italien kann die Krise meistern
Als Dreh- und Angelpunkt für Italiens Budgetsanierung und wieder auskömmliche Konditionen an den Finanzmärken sieht Monti, dass sein Land bald wieder auf Wachstumskurs gehen kann. Falls es auf dem EU-Gipfel am 28. Juni in Brüssel ein glaubwürdiges Paket zur Förderung von Wachstum gebe, werde sich die für Italien derzeit wieder angespannte Lage bei den Anleihezinsen verringern, sagte er in Rom vor der Abgeordnetenkammer. Er zeigte sich davon überzeugt, dass Italien die Krise meistern könne. «Wir sehen ganz gelassen, wie Italien sich im internationalen Rahmen präsentiert.»
Bereits am Tag nach dem Hilferuf Spaniens war Italien wieder in den Fokus der Märkte geraten. Die italienischen Staatsanleiherenditen stiegen je nach Laufzeit sogar stärker als in Spanien. «Die Finanzmarktteilnehmer differenzieren nicht wirklich zwischen Spanien und Italien», sagt Analystin Rondorf. Während Spanien vor allem wegen seines maroden Finanzsektors in der Bredouille steckt, kämpft Italien laut Rondorf mit einem «Produktivitätsdesaster». Der Reformprozess sei ins Stocken geraten.
Schäuble: Enorme Fortschritte in Italien
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ermutigte unterdessen Monti, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. «Mit der Regierung hat Italien enorme Fortschritte erreicht», sagte Schäuble in einem Interview mit der Turiner «La Stampa» (Mittwoch). «Ich hoffe sehr, dass das italienische Parlament und die öffentliche Meinung den Premier unterstützen, um zum Wachstum zurückzukehren.» Schäuble setzt auch auf die Überredungskraft Montis, um Paris von notwendigen Kompetenzabtretungen an Brüssel zu überzeugen. «Das ist unsere Hoffnung», wenn es um die verstärkte Integration gehe, sagte Schäuble. (awp/mc/upd/ps)