Zürich – Die Verwaltung privater Vermögen wird langfristig ein attraktives Geschäft bleiben – aber bei weitem nicht für alle heutigen Anbieter. Neue Regeln, reduzierte Ertragsmöglichkeiten, neue Konkurrenz und gestiegene Kundenansprüche stellen Vermögensverwalter weltweit vor grosse Herausforderungen. Vor allem auch in der Schweiz, wo die Gewinne der Vermögensverwalter seit 2007 um 50 Prozent eingebrochen sind und die verwalteten Vermögen immer noch 20 Prozent unter Vorkrisenniveau liegen, wird sich die Konsolidierung fortsetzen, weitere Institute und Arbeitsplätze werden verschwinden. Wer in der Vermögensverwaltung in Zukunft eine führende Rolle spielen will, muss sich auf seine Stärken konzentrieren, den Kunden einen klaren Mehrwert bieten, über gut ausgebaute digitale Kanäle verfügen und die Kosten im Griff haben.
Das sind die Ergebnisse des «Global Wealth Management Outlook 2014-15» der internationalen Strategieberatung Booz & Company. Für die Studie interviewten die Autoren über 150 Senior Executives aus mehr als 15 internationalen Märkten. Andreas Lenzhofer, Co-Autor der Studie und Partner bei Booz & Company in Zürich: «In den kommenden Jahren wird sich in der internationalen Vermögensverwaltung die Spreu vom Weizen trennen. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen und deren Kostenfolgen sowie dem geänderten Kundenverhalten werden vor allem globale Player, unabhängige Vermögensverwalter und Online-Plattformen zu den Gewinnern gehören. Der Schweizer Finanzplatz wird weiterhin eine führende Rolle spielen, allerdings konzentriert auf wenige grosse Anbieter. Wir erwarten hierzulande deshalb eine beschleunigte Konsolidierung, die weitere Arbeitsplätze kosten wird.»
Erträge bleiben trotz steigenden Vermögen weiter unter Druck
Im Zuge der Erholung der weltweiten Finanzmärkte haben sich die von den Banken verwalteten Vermögenswerte deutlich erholt und liegen weltweit insgesamt wieder deutlich über den Werten von 2007. Regional zeigen sich jedoch signifikante Unterschiede. Während die verwalteten Vermögen in allen anderen grossen Finanzzentren wieder markant über die Werte von 2007 gestiegen sind, liegen die von den Schweizer Banken verwalteten Vermögenswerte immer noch rund 20 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Der Übergang in die neue Welt hin zu ausschliesslich deklarierten Vermögen im grenzüberschreitenden Geschäft ist in vollem Gang und führt bei den Schweizer Vermögensverwaltern zu signifikanten Abflüssen. Das hat auch markante Einbrüche bei der Profitabilität zur Folge. In der Schweiz liegen die Gewinne heute immer noch 50 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
«Wir gehen heute davon aus, dass die Vermögensverwaltungsindustrie als Ganzes das Schlimmste hinter sich hat. Wir erwarten in den nächsten Jahren eine leichte Verbesserung der Margen. Für viele kleinere Institute ist der Kampf ums Überleben aber noch keineswegs vorbei», erläutert Daniel Diemers, Mitglied der Geschäftsleitung bei Booz & Company in Zürich.
Höhere Ansprüche von Regulatoren und Kunden bevorteilen grosse Institute
Die Finanzindustrie sieht sich derzeit einer Flut an neuen Vorschriften gegenüber. Vermögensverwalter in Europa sind gemäss der Studie von Booz & Company davon am stärksten betroffen. Gleichzeitig sind damit aber auch die Markteintrittsbarrieren gestiegen, was künftig helfen sollte, die Margen zu stabilisieren. Die Herausforderungen werden in den nächsten Jahren nicht weniger: FATCA, MiFID II oder die von der Branche erwartete Forderung der OECD nach voller Steuertransparenz, verbunden mit dem automatischen Informationsaustausch, verlangen nach neuen Geschäftsmodellen und werden die Branche nachhaltig verändern.
Neben den markant höheren Anforderungen der Regulatoren verändert auch die digitale Revolution das Vermögensverwaltungsgeschäft. Kunden wollen jederzeit und über verschiedene Kanäle Zugang zu Informationen haben, Fragen stellen oder Entscheidungen treffen. Diese gestiegenen und weiter steigenden Anforderungen von Regulatoren und Kunden sind bedeutende Kostentreiber. Grosse Institute können diese Kosten besser absorbieren.
Daniel Diemers: «Grosse Institute haben sich in den letzten Jahren besser entwickelt als mittlere und kleine. Wir erwarten deshalb, dass sich die Konsolidierung beschleunigen wird. Gleichzeitig bieten die sich ändernden Kundenbedürfnisse Chancen für unabhängige Vermögensverwalter und neue Anbieter wie Online-Broker, die ihr Angebot mit Wealth-Management-Dienstleistungen ergänzen.»
Wie Vermögensverwalter vom Aufschwung profitieren können
Damit Vermögensverwaltungsinstitute von der weiteren Erholung in den kommenden Jahren profitieren können, sehen die Experten von Booz Handlungsbedarf in vier Bereichen:
- Portfolio bereinigen und auf eigene Stärken fokussieren: Auch die grossen Institute können künftig nicht mehr überall alles anbieten. Um Skaleneffekte zu erzielen und Reputationsrisiken zu minimieren, sollten Vermögensverwalter sich viel stärker auf die Märkte konzentrieren, in denen sie über einen Wettbewerbsvorteil verfügen oder sich diesen erarbeiten können.
- Angebot anpassen: Die Angebote müssen den neuen regulatorischen Anforderungen und den geänderten Kundenbedürfnissen angepasst werden. Preise müssen transparent und nachvollziehbar sein. Als Leistung gilt mehr als je zuvor die erwirtschaftete Performance nach Kosten. Vermögensverwalter müssen deshalb Beratungsprozesse und Investment Management deutlich verbessern.
- Digitale Fähigkeiten ausbauen: Personalisierte Beratung, Kundenbindung, Servicequalität, Effizienz – für vieles bilden die digitalen Fähigkeiten heute eine grundlegende Voraussetzung. Es braucht deshalb eine klare digitale Agenda.
- Kosten dem künftigen Ertragspotenzial anpassen: Der Kostendruck wird trotz Wachstum anhalten. Nur ein strategischer Ansatz mit klaren Kriterien und konsequenten Entscheidungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette wird es Vermögensverwaltern ermöglichen, gleichzeitig zu wachsen und die Kosten zu senken.
(Booz & Company/mc/pg)