Geplante Bankenaufsicht spaltet EU – Spannungen bei Gipfel

Geplante Bankenaufsicht spaltet EU – Spannungen bei Gipfel

Gegensätzliche Positionen: François Hollande, Angela Merkel. (Bild: © Présidence de la République – Pascal Segrette)

Brüssel / Berlin – Die Europäer sind vor ihrem Gipfel tief über den Weg aus der Schuldenkrise zerstritten. Besonders der Zeitplan für eine gemeinsame Bankenaufsicht spaltet das deutsch-französische Tandem und deren jeweilige Verbündeten im Norden und Süden der Europäischen Union. Während Frankreichs Staatspräsident François Hollande in Brüssel auf schnelle Entscheidungen zur Bankenunion pochte, bremste Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Kanzlerin dämpfte am Donnerstag vor dem Spitzentreffen Erwartungen an eine rasche Bankenaufsicht – und auf damit verbundene Hilfs-Milliarden für marode Banken aus der Kasse des Rettungsschirms ESM. Merkel und Hollande wollten sich nach Diplomatenangaben unmittelbar vor Gipfelbeginn unter vier Augen treffen, um Streitpunkte auszuräumen.

«Vielzahl komplizierter rechtlicher Fragen»
Für Hollande hat die Bankenaufsicht absolute Priorität. Der Präsident betonte: «Die einzige Entscheidung, die wir heute treffen müssen, bestätigen müssen, ist die Einführung der Bankenunion bis zum Jahresende.»

Die Kanzlerin möchte das gründlicher vorbereiten. Sie sagte in ihrer Regierungserklärung in Berlin: «Allerdings muss Qualität an dieser Stelle vor Schnelligkeit gehen.» Das Europaparlament werde es in diesem Jahr nicht mehr schaffen, dazu abschliessend Beschlüsse zu fassen. Dies habe der Parlamentspräsident selbst gesagt. «Es gibt eine Vielzahl komplizierter rechtlicher Fragen», sagte Merkel.

Der französische Präsident hat sich wiederholt zum Fürsprecher der «Südländer» wie Italien und Spanien gemacht, die aufs Gas drücken. Sie wünschen, dass die neue Aufsicht schon Anfang 2013 ihre Arbeit aufnimmt. Spanien gilt als erster Anwärter für Gelder aus dem ESM. Wenn die Banken direkt Kredit erhalten, entlastet das den Haushalt der Staaten, die nicht mehr für teure Bankenpleiten aufkommen müssen.

«Euro-Bonds» erneut auf dem Tisch
Es ist keineswegs das einzig kontroverse Thema. François Hollande hatte bereits zuvor in einem Interview mit mehreren europäischen Tageszeitungen seine alte Forderung nach einer gemeinsamen Schuldenpolitik («Euro-Bonds») bekräftigt. Dies wird von Deutschland kategorisch abgelehnt, weil es die Schuldenaufnahme verteuern würde.

Neben Frankreich ging auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann in Brüssel in zentralen Punkten der Eurozonenreform auf Distanz zu Merkel. Er plädierte im Gegensatz zu Merkel auch für eine Vergemeinschaftung von Schulden. Zudem lehnte er den von der Kanzlerin vorgeschlagenen Fonds zur Unterstützung von Reformen in Krisenländern ab: «Ich bin gar nicht der Meinung, dass wir zur Stunde so ein Eurozonenbudget brauchen.» Nach Merkels Idee könnten aus dem Topf zeitlich befristet und projektbezogen Gelder genutzt werden. Gespeist werden könne er aus Einnahmen der geplanten Börsensteuer.

Umstrittenes «Eurogruppen-Parlament»
Auch die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgeschlagenen Vertragsänderungen kommen in Paris und anderen Hauptstädten nicht gut an. Schäuble hatte sich für ein «Eurogruppen-Parlament» ausgesprochen, bei dem Entscheidungen zur Eurozone nur von Abgeordneten aus diesen Staaten abstimmen sollten. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz widersprach dem am Donnerstag. Er plädierte «für den Ansatz 27 minus» – minus Dänemark und Grossbritannien, die beim Euro nicht mitmachen wollen.

Auch der von Schäuble und Merkel geforderte «Super-Währungskommissar», der ein starkes Durchgriffsrecht gegenüber nationalen Haushalten haben soll, ist umstritten. Merkel sagte, ihr sei bewusst, dass es in vielen Staaten dazu noch keine Bereitschaft gebe. «Das ändert nichts daran, dass wir uns dafür stark machen werden.» Zur Kritik an Schäuble auch aus den eigenen Reihen sagte sie: «So bauen wir ein glaubwürdiges Europa nicht, wenn wir alles sofort vom Tisch wischen.»

Steinbrück prangert «Mobbing gegen Griechenland» an
Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück warf Merkel im ersten Kräftemessen seit seiner Nominierung vor, die Bedeutung des Projekts Europa über die Krisenpolitik hinaus nicht ausreichend zu erklären. Sie spiele ein «Doppelspiel» im Kampf gegen die Euro-Krise. Merkel habe zugelassen, dass ihre schwarz-gelbe Koalition über Monate «Mobbing gegen Griechenland» betrieben habe: «Sie haben nicht eingegriffen. Sie haben laviert.»

Die Krise in Griechenland ist auch Thema beim Gipfel: Merkel warf Griechenland in ihrer Rede zwar Reform-Versäumnisse vor. Die CDU-Chefin bekräftigte aber: «Ich wünsche mir, dass Griechenland im Euroraum bleibt.» Vor dem Gipfel hatten die Gewerkschaften in Griechenland mit massiven Streiks gegen das Sparpaket von 13,5 Milliarden Euro protestiert. (awp/mc/upd/ps)

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