München – Geringere Schäden durch Stürme und andere Naturkatastrophen haben Europas grösstem Versicherer Allianz einen überraschend guten Jahresstart beschert. Im ersten Quartal erzielte der Konzern einen operativen Gewinn von fast drei Milliarden Euro und damit 7,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Das Desaster um den Mittelstreckenjet Boeing 737 Max und der Dammbruch an einer Eisenerz-Mine in Brasilien mit jeweils hunderten Toten schmälerten das Ergebnis etwas. Allerdings könnte der Boeing-Fall die Allianz noch teurer zu stehen kommen.
Aktie legt zu
Im ersten Quartal verdiente der Versicherer mehr als von Analysten erwartet. Vorstandschef Oliver Bäte sieht den Konzern auf gutem Weg, in diesem Jahr wie geplant einen operativen Gewinn von 11 bis 12 Milliarden Euro zu erreichen, wie er am Dienstag in München sagte. Branchenexperten gingen zuletzt im Schnitt von knapp 11,8 Milliarden Euro aus.
An der Börse wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Die Allianz-Aktie gewann am Morgen rund ein halbes Prozent an Wert, gehörte aber noch zu den schwächeren Titeln im Dax . Analyst Michael Huttner zeigte sich von der Entwicklung in der Schaden- und Unfallversicherung angetan.
Der Umsatz der Allianz stieg im ersten Quartal überraschend stark um neun Prozent auf 40,3 Milliarden Euro. Der Nettogewinn legte wegen geringerer Kapitalerträge und höherer Steuern nur um zwei Prozent auf knapp 2,0 Milliarden Euro zu. Analysten hatten allerdings sogar mit einem Rückgang gerechnet.
Schadenversicherung
Als wichtigster Gewinnbringer erwies sich die grösste Sparte des Konzerns, die Schaden- und Unfallversicherung. Sie profitierte davon, dass sich die Schäden durch Naturkatastrophen auf 141 Millionen Euro mehr als halbierten. Der operative Gewinn des Segments wuchs deshalb um 14 Prozent auf 1,46 Milliarden Euro, nachdem die Folgen des Sturmtiefs «Friederike» in Deutschland Anfang 2018 am Ergebnis gezehrt hatten.
Diesmal schlugen von Menschen gemachte Katastrophen allerdings teurer zu Buche. Der Absturz einer Boeing 737 Max von Ethiopian Airlines im März, das seither geltende Flugverbot für alle Maschinen der Reihe und der Dammbruch an einer Eisenerz-Mine des Bergbaukonzerns Vale in Brasilien kosteten die Allianz nach bisherigen Berechnungen jeweils rund 50 Millionen Euro.
Boeing-Schaden
In Sachen Boeing könnte diese Summe noch steigen, sagte Finanzchef Giulio Terzariol. Denn neben dem Flugzeug selbst und Schadenersatz-Forderungen gegen Boeing und Ethiopian Airlines könnte auch um die Frage der Produkthaftung des weltgrössten Flugzeugherstellers gehen. Die Allianz habe ihr maximales Risiko allerdings auf 150 Millionen Euro gedeckelt, sagte Terzariol. Er erwarte auch nicht, dass die bisher vorgesehene Summe noch erheblich steige. Allerdings werde sich dies erst in den nächsten Monaten oder gar Jahren herausstellen.
Trotz dieser Schäden blieb in der Sachversicherung nach Abzug der Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb mehr von den Prämieneinnahmen übrig. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verbesserte sich im ersten Quartal überraschend stark von 94,8 auf 93,7 Prozent.
Während der Umbau des Schaden- und Unfallgeschäfts bei der Allianz noch in vollem Gange ist, hat der Konzern in der Lebensversicherung bereits auf die neue Normalität mit dauerhaften Niedrigzinsen umgeschaltet. Der Wert des Neugeschäfts sprang im Jahresvergleich um ein Viertel auf 609 Millionen Euro in die Höhe. Der operative Gewinn wuchs um 2,5 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro.
Fondsgeschäft
Das Fondsgeschäft der Konzerntöchter Pimco und Allianz Global Investors (AGI) warf im ersten Quartal zwar weniger operativen Gewinn ab. Allerdings sammelten die Pimco-Fonds bei Anlegern unter dem Strich 21 Milliarden Euro frisches Geld ein. Bei AGI flossen im Gegenzug 3 Milliarden Euro ab.
Da sich zugleich die Börsen von den Kursverlusten des vergangenen Jahres erholten, wuchs das verwaltete Vermögen der Kunden von Pimco und AGI binnen drei Monaten um 112 Milliarden auf 1,55 Billionen Euro. Dies sei der höchste Stand in der Konzerngeschichte, sagte Terzariol. Die Allianz verdient an den Verwaltungsgebühren der Fonds. Daher sei der Anstieg des Vermögens «ein gutes Vorzeichen für eine starke Ertragsentwicklung», sagte der Manager.
Interesse an DWS?
Zum angeblichen Interesse der Allianz an der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS äusserte sich Terzariol nur verklausuliert. «Akquisitionen sehen gut auf PowerPoint aus, aber im wirklichen Leben müssen sie nicht funktionieren.» Denn die berechneten Synergien bei einer Fusion würden durch andere Effekte oft wieder zunichte gemacht. Informationen, nach denen sich Allianz-Leute die DWS in den vergangenen Wochen bereits von innen angeschaut hätten, wollte Terzariol nicht bestätigen. Er könne aber von sich selbst sagen: «Ich bin bei der DWS nicht einmarschiert.»
Insidern zufolge spricht die Deutsche Bank inzwischen mit der Grossbank UBS über eine Fusion ihrer Fondsanbieter. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg vom Montag stocken die Gespräche allerdings. So seien sich die Banken bislang nicht darüber einig, wer bei dem fusionierten Unternehmen das Sagen haben solle. (awp/mc/ps)