JPMorgan Chase verliert Abermilliarden bei Finanzwetten

Jamie Dimon

JPMorgan-CEO Jamie Dimon.

JPMorgan-Konzernchef Jamie Dimon.

New York – Die spektakulär verlorenen Finanzwetten haben ein tiefes Loch bei der US-Grossbank JPMorgan Chase gerissen. Amerikas grösstes Geldhaus musste allein im zweiten Quartal 4,4 Milliarden Dollar in den Wind schreiben. Insgesamt hat der Wall-Street-Koloss bei den Fehlspekulationen nach eigenen Angaben in diesem Jahr bereits 5,8 Milliarden Dollar verloren. «Wir haben uns selbst ins Knie geschossen», sagte Bankchef Jamie Dimon am Freitag in New York.

Er entschuldigte sich abermals bei seinen Aktionären und versicherte im gleichen Atemzug: «Es ist ein isoliertes Ereignis.» Das «Ereignis» kann allerdings zu weiteren Verlusten führen. Noch sind nicht alle Problem-Wetten beendet. «Wir haben die Risiken deutlich reduziert», betonte Dimon jedoch.

‹Londoner Wal›
Londoner Händler der Bank hatten am Kapitalmarkt ein ganz grosses Rad gedreht. Einem JPMorgan-Beschäftigten brachte dies sogar den Spitznamen «Der Wal von London» ein. Die Geschäfte liefen aber derart schief, dass die Bank sich schon im Mai gezwungen sah, vor einem Spekulationsverlust von mindestens zwei Milliarden Dollar zu warnen. «Das hat unser Unternehmen in seinen Grundfesten erschüttert», sagte Dimon.

Der Schock war besonders gross, weil JPMorgan bislang als Hort der Stabilität galt. Die Bank hatte die Finanzkrise fast schadlos überstanden. Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, lud Dimon am Morgen Dutzende Analysten in die Firmenzentrale in Manhattan ein, um ihnen von Angesicht zu Angesicht einen Stand der Dinge zu geben und zu versichern, dass es der Bank gut gehe. Der Plan ging auf: Im frühen Handel stieg die gebeutelte Aktie um fast vier Prozent.

Milliardengewinn im 2. Quartal
Trotz des Fehlschlags konnte JPMorgan im zweiten Quartal unterm Strich einen Gewinn von 5,0 Milliarden Dollar ausweisen. Das waren vergleichsweise moderate 9 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Bank kamen dabei allerdings Bilanzierungseffekte zugute. Sie hatte auch weniger Probleme mit faulen Krediten und sparte bei den Boni der Mitarbeiter. Überdies verbuchte JPMorgan einige Verluste rückwirkend im ersten Quartal. Ohne diese Sondereffekte wäre das Ergebnis viel stärker eingebrochen.

Die nachträgliche Korrektur der Erstquartalszahlen ist ein ungewöhnlicher Schritt. Der Gewinn zu Jahresbeginn sank dadurch um unterm Strich 459 Millionen Dollar. «Wir nehmen das nicht leicht», sagte Dimon. Die Bank begründete die Massnahme damit, dass Händler damals angefallene Verluste möglicherweise verschleiert hätten. Die verantwortliche Sparte wurde mittlerweile komplett geschlossen. Die verantwortlichen Mitarbeiter mussten gehen.

Skandal schürt Debatte um Regulierung
Der Skandal kochte zur denkbar unpassendsten Zeit hoch, weil in Washington abschliessend darüber beraten wird, den Finanzmarkt noch stärker zu regulieren. Dimon ist einer der schärfsten Kritiker neuer Vorschriften. Wegen der Spekulationsverluste musste er sich gleich zweimal vor Ausschüssen des US-Kongresses verantworten.

Überdies lastet die Schuldenkrise in Europa und die lustlose US-Konjunktur auf dem Geschäft der meisten grossen Banken. Die Erträge – die gesamten Einnahmen von JPMorgan – sanken im zweiten Quartal um 16 Prozent auf 22,9 Milliarden Dollar. (awp/mc/pg)

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