New York – Der Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs hat mit Humor auf einen Zeitungsbericht über seinen baldigen Abschied reagiert. «Ich komme mir vor wie Huck Finn, der seiner eigenen Grabrede lauscht», schrieb Lloyd Blankfein am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Damit spielte er auf den Jugendliteratur-Klassiker «Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn» von Mark Twain an, in dem die beiden Jungen für tot gehalten werden und aus einem Versteck heraus ihre eigene Trauerfeier verfolgen.
Ein paar Stunden zuvor hatte das «Wall Street Journal» geschrieben, dass Blankfein nach zwölf Jahren im Amt seinen Rückzug vorbereite. Schon zum Ende dieses Jahres könne es soweit sein, wobei Blankfein die Sache selbst in der Hand habe, hiess es unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. «Das ist die Ankündigung des WSJ und nicht meine», erwiderte Blankfein auf Twitter. Eine Bank-Sprecherin hatte zuvor einen Kommentar abgelehnt.
Gesicht der Wall Street
Blankfein ist für zahlreiche Bewunderer wie Kritiker gleichermassen das Gesicht der Wall Street. Unter dem 63-Jährigen festigte Goldman Sachs den Ruf als Gelddruckmaschine, wobei die Geschäfte zuletzt schleppender liefen. In der Finanzkrise musste sich Blankfein den Vorwurf gefallen lassen, Goldman Sachs habe Kunden über den Tisch gezogen. Sein Spruch, er sei nur ein Banker, der Gottes Werk verrichte, zeigt bis heute in den Augen vieler Beobachter die Überheblichkeit der Geldelite.
Dass Blankfein in nicht allzu ferner Zukunft die Fäden aus der Hand geben könnte, ist wenig überraschend. Laut «Wall Street Journal» ist auch die Frage der Nachfolge schon weitestgehend geregelt: Die Firmenpräsidenten Harvey Schwartz und David Solomon würden das Rennen unter sich ausmachen, schrieb die Zeitung. In jedem Fall würde ein Chefwechsel in naher Zukunft auf ein historisches Datum fallen: Im Jahr 2019 feiert Goldman Sachs das 150-jährige Bestehen. (awp/mc/ps)