Groupon-Gründer Andrew Mason.
New York – Das Schnäppchen-Portal Groupon hat allen Zweifeln zum Trotz den grössten Internet-Börsengang seit Google hingelegt. Gründer und Investoren sind binnen Minuten zu Milliardären geworden. Besonders beim weltgrössten Online-Netzwerk Facebook dürfte man den grandiosen Start gebannt verfolgt haben. Seit Monaten kursieren Spekulationen, Facebook könne selber im kommenden Jahr an die Börse gehen. Dieser Gang aufs Parkett dürfte dann sogar den von Google in den Schatten stellen.
Der Groupon-Aktienkurs sprang zum Handelsdebüt an der Börse Nasdaq am Freitag zeitweise um 56 Prozent hoch auf 31,13 US-Dollar und lag zuletzt bei 28,15 Dollar. Schon der Ausgabepreis von 20,00 Dollar war höher als erwartet. Groupon hatte zuvor mit einer Spanne zwischen 16,00 und 18,00 Dollar kalkuliert. Nun erlöste das Unternehmen mit dem Verkauf von 35 Millionen Aktien rund 700 Millionen Dollar. Insgesamt platzierten Groupon und seine Altaktionäre am Markt allerdings nur etwa fünf Prozent aller Aktien, was dem Preis am Ende half. Der gesamte Börsenwert lag schon mit dem Ausgabepreis bei rund 12,6 Milliarden Dollar.
Facebook könnte Marktwert von 60 Mrd USD haben
Gegenüber Facebook nimmt sich das aber klein aus. Hier kursieren schon heute Marktwerte von um die 60 Milliarden Dollar, und Facebook scheint unaufhörlich weiter zu wachsen. Nach letztem Stand hat das Netzwerk um die 800 Millionen Mitglieder. Noch zögert Facebook-Gründer und Chef Mark Zuckerberg aber mit dem Gang auf den freien Kapitalmarkt, denn dann müsste er einen Teil der Kontrolle abgeben und sich in seine bislang weitgehend geheimen Zahlen schauen lassen.
Andere Internetfirmen sind da schon weiter, etwa der Online-Spieleanbieter Zynga, bekannt für «Farmville». Zynga hat seine Unterlagen schon bei der Börsenaufsicht SEC eingereicht, muss allerdings noch die Investoren endgültig überzeugen und einen günstigen Zeitpunkt für den Start an der Börse finden. Das berufliche Online-Netzwerk LinkedIn wird bereits gehandelt und plant nun, weitere Anteile an die Börse zu bringen.
Googles IPO zahlte sich für Investoren aus
Noch hält Google den Rekord bei den Internet-Börsengängen. Im Jahr 2004 hatte der Aktienverkauf des Suchmaschinen-Betreibers knapp 1,7 Milliarden Dollar eingebracht und die Gesamtbewertung – die Anteile der Alteigentümer eingerechnet – lag bei 23 Milliarden Dollar. Google hatte seine Aktien damals zu 85 Dollar ausgegeben. Heute sind sie pro Stück 594 Dollar wert und das gesamte Unternehmen kommt auf 192 Milliarden Dollar. Ob Groupon eine so steile Karriere vor sich hat, ist unklar. Der Weg hin zur Börse verlief zumindest holprig. Die Abkühlung der Märkte, Fehler des Unternehmens und Zweifel am Geschäftsmodell sorgten dafür, dass sich der Gang aufs Parkett immer wieder verzögerte und zeitweise sogar als gefährdet galt. Auch musste sich Groupon von Traumbewertungen von bis zu 30 Milliarden Dollar verabschieden, die noch vor einigen Monaten durch die US-Presse geisterten.
Bei Groupon können Unternehmen Rabatt-Coupons für ihr Geschäft anbieten. Der Deal kommt zustande, wenn eine bestimmte Anzahl von Interessenten zuschlägt. Groupon behält eine Kommission, typischerweise rund die Hälfte des Gutschein-Werts. Das Unternehmen hat nach jüngsten Angaben insgesamt rund 142,9 Millionen registrierte Kunden – von denen mindestens 29,5 Millionen schon mindestens einmal bei einer Groupon-Rabattaktion mitgemacht haben.
Konstant hohe Verluste bei Groupon
Als Groupon bei der Vorbereitung seines Börsengangs erstmals die Geschäftszahlen offenlegte, waren viele Investoren über die konstant hohen Verluste schockiert, die mit steigenden Umsätzen auch noch immer grösser wurden. Groupon unterhält ein Heer von Aussenmitarbeitern, die Firmen für Rabattaktionen gewinnen. Aktuelle Zahlen zeigten, dass Groupon die Verluste massiv eingedämmt hat – aber das Geschäft auch deutlich langsamer wächst als zuvor. So stieg der Umsatz im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal nur noch um knapp zehn Prozent auf 430 Millionen Dollar. Früher hatten sich die Erlöse oft von Quartal zu Quartal verdoppelt. Nachdem Groupon bei den oft kritisierten hohen Ausgaben für die Kundengewinnung die Bremse anzogen hatte, fielen im Quartal noch rote Zahlen von 10,6 Millionen Dollar an – nach einem Minus von 101,2 Millionen Dollar in den drei Monaten zuvor.
Ärger mit SEC im Vorfeld des Börsenganges
Die Vorbereitung des Börsengangs wurde von vielen Pannen begleitet. Zuletzt musste Groupon wegen Bedenken der Börsenkontrolleure die Umsatz-Angaben praktisch halbieren – jetzt kommt nur noch die Kommission in die Bücher, und nicht der gesamte Coupon-Wert. Schon zuvor tilgte Groupon auf Druck der Börsenaufsicht SEC eine Kennziffer, bei der das Ergebnis ohne die hohen Marketing-Kosten berechnet wurde und dadurch deutlich freundlicher aussah. Hinzu kam weiterer Ärger mit der SEC, weil unter anderem Gründer Andrew Mason das Groupon-Geschäftsmodell in der sogenannten stillen Periode vor dem Börsengang verteidigte. (awp/mc/ps)