Griechenland verspricht neue Vorschläge – Varoufakis tritt ab

Alexis Tsipras

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras. (Foto: primeministergr/Twitter)

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras. (Foto: primeministergr/Twitter)

Athen – Griechenland will den Euro-Partnern bei ihrem Sondergipfel am Dienstag in Brüssel neue Vorschläge gegen die Schuldenkrise vorlegen. Ministerpräsident Alexis Tsipras versprach dies Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Telefonat am Tag nach dem griechischen Referendum, wie ein Regierungssprecher in Berlin und Regierungskreise in Athen der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Trotz des Erfolgs bei der Volksabstimmung trat Tsipras› umstrittener Finanzminister Gianis Varoufakis zurück.

Tsipras betonte in einer Fernsehansprache, sein Land sei zu Reformen bereit. Dringend nötig seien aber Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden. Die meisten griechischen Oppositionsparteien kündigten nach einem Treffen in Athen an, Tsipras Kurs bei den Verhandlungen zu unterstützen.

Varoufakis tritt ab – Tsakalotos neuer Finanzminister
Sein Rücktritt könne dem Regierungschef vielleicht helfen, eine Vereinbarung mit den Geldgebern zu erreichen, erklärte Varoufakis: «Aus diesem Grund verlasse ich das Finanzministerium heute.» Er galt im Kreise der Euro-Finanzminister als isoliert. Neuer griechischer Finanzminister wird der bisherige Chefkoordinator und stellvertretende Aussenminister Euklides Tsakalotos, wie die griechische Regierung am Montagabend mitteilte. Tsakalotos sollte am Montagabend sein Ressort übernehmen. Er werde am Dienstag seinen ersten Auftritt als Finanzminister in Brüssel bei der Tagung der Eurogruppe haben, hiess es aus Regierungskreisen weiter.

Regierungschef Alexis Tsipras hatte bereits Ende April aus den schleppenden Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern personelle Konsequenzen gezogen. Tsakalotos war damals schon Chefunterhändler der griechischen Delegation bei den Geldgebern. Der am Montag zurückgetretene Finanzminister Gianis Varoufakis war zu jener Zeit in den Hintergrund getreten und nahm nicht direkt an den Verhandlungen mit den Geldgebern teil. Diese führte hauptsächlich Tsakalotos.

Athen will mit Geldgebern über Umschuldung verhandeln
Die griechische Regierung hat sich mit Parteien der Opposition auf eine gemeinsame Linie für die anstehenden Gespräche mit den internationalen Geldgebern verständigt. Danach wird die «Aufnahme substanzieller Gespräche» über eine Umstrukturierung der griechischen Staatsschulden eines der Ziele Athens sein, was allerdings in der Eurogruppe auf Widerstand stossen dürfte.

Diese Vorgaben für die Verhandlungen am Dienstag in Brüssel gehen aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, auf die sich Ministerpräsident Alexis Tsipras am Montag bei einem Treffen mit Parteichefs der Opposition verständigte. «Die absolute Priorität ist eine Wiederherstellung der Liquidität des Finanzsystems», heisst es in der Erklärung.

Deutliches Verdikt
Bei der Volksabstimmung über die Sparvorgaben der Gläubiger hatten am Sonntag 61,31 Prozent der Wähler mit «Nein» und 38,69 Prozent mit «Ja» votiert, wie das Innenministerium in Athen mitteilte. Regierungschef Tspiras verlangte nach diesem Ergebnis Zugeständnisse der Gläubiger. Führende EU-Politiker forderten die Regierung in Athen auf, neue Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise vorzulegen. Offen blieb zunächst, wie diese Vorschläge aussehen könnten.

Dem Treffen der Staats- und Regierungschefs aller 19 Euro-Länder am Dienstag geht eine hektische Krisen-Diplomatie in Europa voraus. Am Montagvormittag telefonierten Griechenlands Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos und Ministerpräsident Tsipras nach Medienberichten mit dem französischen Präsidenten François Hollande, der wiederum am Abend Merkel in Paris erwartete.

Fünf Stunden vor dem Sondergipfel in Brüssel sollen sich dort auch die Euro-Finanzminister treffen. Sie können die EU-Kommission beauftragen, mit Athen über ein neues Hilfsprogramm zu verhandeln. «Falls alle Seiten ernsthaft arbeiten, ist es möglich, eine Lösung in dieser sehr komplizierten Lage zu finden», sagte der für den Euro verantwortliche Kommissionsvizechef Valdis Dombrovskis in Brüssel.

Vorschläge der Regierung entscheidend
«Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist», erklärte das Bundespresseamt zu dem Treffen. Merkel liess mitteilen, dass sie vorerst keine Basis für Verhandlungen zur Rettung der griechischen Staatsfinanzen sehe. Nach Ansicht der Bundesregierung muss nun erkundet werden, wie den griechischen Bürgern zu helfen wäre. «Bei alledem wird es sehr darauf ankommen, welche Vorschläge die griechische Regierung auf den Tisch legt», sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert.

Auch die Regierungen in Paris, Rom und Wien sowie die Euro-Finanzminister insgesamt forderten von Athen frische Ansätze zur Lösung der Krise. Der französische Ressortchef Michel Sapin signalisierte Bereitschaft, über eine Verminderung der griechischen Schuldenlast zu verhandeln.

Liquiditätsprobleme
Die griechischen Banken leiden unter Liquiditätsproblemen. Seit einer Woche gelten in Griechenland Kapitalverkehrskontrollen. Vor den Bankautomaten bildeten sich erneut lange Schlangen. Die Banken blieben geschlossen; Kontoinhaber dürfen täglich höchstens 60 Euro abheben. Der Rat der EZB wollte telefonisch über die Lage beraten.

IWF will Griechenland weiter unterstützen
Der Internationale Währungsfonds (IWF) will das hoch verschuldete Griechenland auch nach dessen Nein beim Referendum unterstützen. «Wir beobachten die Situation genau und sind bereit, Griechenland zu unterstützen, wenn dies gewünscht ist», teilte IWF-Chefin Christine Lagarde am Montag mit. Den Ausgang des Referendums kommentierte sie nicht. Der IWF habe die Volksabstimmung über die Sparvorgaben der Gläubiger «zur Kenntnis genommen.» Athen hatte vergangene Woche eine fällige Kreditrate in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro nicht zurückgezahlt. (awp/mc/pg)

Yanis Varoufakis Blog

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