Griechenlands Finanzminister Ioannis Stournaras.
Athen / Berlin – Griechenland braucht nach Aussage von Finanzminister Ioannis Stournaras keinen weiteren Schuldenschnitt. «Wir können unsere Schuldenlast auch auf anderen Wegen verringern», versicherte Stournaras dem «Handelsblatt» (Montag). Stournaras bestätigte, dass sein Land in den Jahren 2014 und 2015 eine Finanzlücke von rund zehn Milliarden Euro habe. Es gebe viele Wege, die Lücke zu schliessen.
Ein drittes Hilfspaket, wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble in der vergangenen Woche andeutet hatte, sei aber nicht zwingend erforderlich. Wenige Tage vor Beginn einer neuen Kontrolle der internationalen Geldgeber hat die griechische Regierung die Bereiche für den massiven Stellenabbau im Staatsdienst bestimmt. Es geht um insgesamt 12.500 Staatsdiener, die in die sogenannte Mobilitätsreserve gehen sollen, die eine Versetzung innerhalb der Verwaltung oder Entlassung binnen acht Monaten vorsieht. Es betrifft tausende Stellen in den Resorts Bildung, Kommunen, Verteidigung und des Innenministeriums, wie der griechische Minister für Verwaltungsreform, Kyriakos Mitsotakis, in Athen ankündigte.
Verschlankung des Staatsapparats
Die Mobilitätsreserve sei «ein Instrument, mit dem wir besser das Potenzial der Staatsbediensteten nutzen können», sagte Mitsotakis im griechischen Fernsehen nach einer Sondersitzung des Kabinetts von Regierungschef Antonis Samaras. Weitere 12.500 Staatsbedienstete sollen bis Ende des Jahres folgen. Griechenland hat sich im Gegenzug zu den Rettungspaketen verpflichtet, den Staatsapparat zu verschlanken. Bis Ende 2014 sollen 15.000 Staatsbedienstete gehen, 4000 davon noch in diesem Jahr.
Im September wollen die Kontrolleure der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) detailliert die Reformfortschritte prüfen. Mit Ergebnissen wird erst Anfang Oktober gerechnet. Dann soll die nächste Tranche der Griechenlandhilfen in Höhe von einer Milliarde Euro freigegeben werden.
Milliardenlöcher
Finanzminister Stournaras sagte im «Handelsblatt»-Interview zu den Milliardenlöchern in der Staatsschuldenfinanzierung 2014 und 2015: «Wir haben viele Optionen.» Denkbar seien niedrigere Zinsen und längere Tilgungsfristen für die bereits gewährten Hilfskredite. Als weitere Möglichkeit nannte er, die Banken-Rekapitalisierung rückwirkend auf den Rettungsfonds ESM zu verlagern. Damit würden die für die Banken bereitgestellten 50 Milliarden Euro nicht auf die Staatsschulden angerechnet. Die Bundesregierung hält sich dazu bedeckt. Es gebe dieses an Voraussetzungen geknüpfte Instrument aber nicht, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, am Montag: «Und ich kann Ihnen im Moment auch nicht genau sagen, wann wir es haben werden.»
Steuerhinterziehung als eine Art Volkssport
Stournaras will bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 den Finanzmarkt mit der Ausgabe einer neuen Anleihe testen. Allerdings räumte der Finanzminister ein, dass die aktuelle Rendite der griechischen Zehnjahresanleihe von fast zehn Prozent noch viel zu hoch sei, um an den Markt zu gehen: «Natürlich ist es unmöglich, zu diesen Konditionen Geld aufzunehmen», sagte Stournaras der Zeitung, «aber die Renditen werden fallen».
Der Minister kündigte ein scharfes Vorgehen gegen Steuersünder an. Leider betrachteten viele Griechen die Steuerhinterziehung als eine Art Volkssport. Diese Mentalität will Stournaras mit harten Strafen bekämpfen. Unter der gegenwärtigen Regierung seien bereits mehr als 600 Steuerhinterzieher ins Gefängnis geschickt worden. (awp/mc/ps)