Zürich – Das vergangene Börsenjahr hat einige Anleger regelrecht auf dem kalten Fuss erwischt: Trotz Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Gefahr einer zu restriktiven Geldpolitik, dem Handelsstreit zwischen den USA und China, der Brexit-Saga und den Rezessionsängsten haben die europäischen und amerikanischen Börsen um gut 25% zugelegt. Ein so erfolgreiches Börsenjahr hatte man schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Anleger, die auf der Strecke geblieben sind, fragen sich, ob sie auf den fahrenden Zug springen oder an der Seitenlinie bleiben sollen. Silvano Grimaldi, CEO der unabhängigen Schweizer Vermögensverwaltung GRIMALDI & PARTNERS AG gibt Ihnen eine Antwort.
Kein Einbruch, aber Konsolidierung angesagt
Die Risiken vom vergangenen Jahr haben sich weitgehend gelegt: Die Zentralbanken haben wieder auf expansiven Kurs geschaltet; Mitte Januar dürfte das erste Teilhandelsabkommen zwischen den USA und China unterzeichnet werden; der klare Wahlsieg der Konservativen in Grossbritannien spricht für einen geregelten Brexit und von der Konjunktur her bahnt sich eine Stabilisierung an. Das verleiht den Aktienmärkten eine gute Stütze. Allerdings sind die Börsen nach dem starken Run von Dezember etwas heiss gelaufen: Der Fear & Greed Index von CNN Business signalisiert eine stark überkaufte Lage, was zur Vorsicht mahnt. Die Tötung eines iranischen Generals bei einem US-Luftangriff in Irak hat bereits für etwas Volatilität gesorgt und gezeigt, dass die Börsen auf dem aktuellen Niveau verletzlich sind. Da bekanntlich die Aktienkurse nicht ohne Pause einfach linear nach oben steigen, wäre damit kurzfristig eine Konsolidierung keine Überraschung.
«Climbing a wall of worries»
Die kleinere korrektive Phase könnte allerdings – anstelle im laufenden Monat – etwas später im Laufe des ersten Semesters einsetzen, d.h., die Börsen dürften nur kurzfristig auf negative Faktoren, wie zuletzt die Eskalation der Spannungen zwischen den USA und Iran, mit Abschlägen reagieren, um danach wieder nach oben zu klettern. Weitere Faktoren, die für einen zwischenläufigen Dämpfer sorgen können, sind das Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) von US-Präsident Donald Trump und die Verunsicherung auf der konjunkturellen Seite, nachdem sich die Vorlaufindikatoren für die Industrie im vergangenen Dezember nicht weiter erholt haben. Somit ist nicht auszuschliessen, dass sich die Börsen während der kommenden Wochen oder Monate an der «Mauer der Sorgen» abarbeiten werden.
Fazit
Die starke Börsen-Performance im vergangenen Jahr hat die tiefe Korrektur von über 20% im Jahr 2018 wettgemacht. So gesehen relativiert sich die starke Bilanz von 2019.
Es dürfte damit noch weiteres Anstiegspotenzial vorhanden sein, denn der Trend zeigt weiter intakt nach oben: Immer mehr Anleger steigen in den Aktienmarkt ein (Zunahme der Marktbreite); Aktien von konjunktursensitiven Sektoren wie Industrie und Banken haben sich seit Herbst erholt; der Handelsstreit hat sich entspannt; der Konjunkturausblick hellt sich auf und höhere Unternehmergewinne als erwartete des vergangenen Quartals machen eine grössere Korrektur unwahrscheinlich.
Auch das anstehende Wahljahr in den USA wird eher ab dem zweiten Semester auf die Börsen Einfluss nehmen. Die Inflation ist kein Thema und die tiefen Zinsen dürften eine höhere Bewertung der Aktienmärkte rechtfertigen. Solange die Dividendenrenditen von Aktien höher liegen als die Renditen auf Unternehmensanleihen guter Bonität, bleiben die Aktienanlagen attraktiv.
Somit bleibt die allgemeine Marktlage positiv, was für die Fortsetzung der Hausse spricht. Allerdings dürften Zwischenkorrekturen auf dem Weg nach oben zu erwarten sein. Diese dürften Anlegern Einstiegopportunitäten bieten, um den «Börsenzug» noch zu erwischen.