Grimaldi & Partners: Oktoberkorrektur – ist die Jahresendrallye vorbei?
Zürich – Die Aktienmärkte haben sich seit der Korrektur von Anfang Oktober noch nicht erholt. Sie tendieren zur Schwäche. Kürzlich sind sie gar unter das Oktobertief fallen. Sind die Aktienmärkte in einem Teufelskreis gefangen? Werden Sie ins Bodenlose fallen? Silvano Grimaldi, CEO der Schweizer unabhängigen Vermögensverwaltung Grimaldi & Partners AG, hilft Ihnen, Antworten auf diese Fragen zu finden.
Cocktail aus Unsicherheiten als Belastung
Im Moment scheinen die Investoren verunsichert zu sein durch einige Risikofaktoren: den Anstieg der US-Zinsen, den Handelskrieg zwischen den USA und China, die Auswirkungen des Brexit, eine mögliche Schuldenkrise in den Schwellenländern, bedingt durch die Erstarkung des US-Dollars. Kürzlich haben der Budget-Streit zwischen Italien und der EU, eine Wachstumsverlangsamung in China und politische Spannungen zwischen den USA und Saudi-Arabien wegen des ungeklärten Mordes am Journalisten Jamal Khashoggi zur allgemein pessimistischen Marktstimmung beigetragen.
Oktoberkorrektur als kurzfristiger Rückschlag oder als Beginn eines längeren Abwärtstrends?
Die Lage der Bullen scheint verzweifelt zu sein, allerdings nicht hoffnungslos, denn einige Faktoren geben noch Hoffnung, dass der aktuelle Kursrutsch vorübergehend sein dürfte. Erstens, ein Bärenmarkt ist erfahrungsgemäss nie im Pessimismus entstanden. Dieser hat gemessen am „Furcht-Indikator“ von CNNMoney ein Extremniveau von gerade 6 auf einer Skala von 100 erreicht. Zweitens waren bis dato eine flache oder inverse Zinskurve, hohe Realzinsen, ein Schwächeanfall des US-Dollars und steigende Gewinnerwartungen in Verbindung mit sinkenden Vorlaufindikatoren Vorboten einer baldigen Rezession. Im Moment ist davon überhaupt nichts zu sehen. Schliesslich schätzt der Rezessionsindex der Federal Reserve Bank of New York die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten 12 Monaten auf rund 14%. Seit der Nachkriegszeit ist es nur einmal während der Erdölkrise von 1973 zu einer Rezession in den nachfolgenden zwölf Monaten gekommen.
Treiber der Rallye
Die zwei zentralen Kernvariablen an den Aktienmärkten, die Zinsen und die Unternehmensgewinne, sehen immer noch gut aus: In Europa sind die langfristigen Zinsen immer noch unter 1%. In den USA sind zwar die langfristigen Zinsen über 3% gestiegen, allerdings sind die US-Realzinsen (abzüglich der Inflation) immer noch niedrig. Die Unternehmensgewinne wachsen immer noch ansprechend, einstellig in der Eurozone und zweistellig in den USA, dies getragen von einem anhaltenden Weltwirtschaftswachstum gemäss offizieller Prognose von immerhin über 3% für 2018 und 2019.
Fazit:
Die ultraexpansive Geldpolitik der Zentralbanken neigt sich dem Ende zu. Die amerikanische Notenbank mit ihrer Vorreiterrolle hat bereits 2015 begonnen, die Liquiditätszufuhr mit Leitzinserhöhungen schrittweise einzuschränken. Im kommenden Jahr wird auch die Europäische Zentralbank damit beginnen. Dementsprechend sollen sich die Aktienmärkte daran gewöhnen, sich vermehrt an den realwirtschaftlichen Daten zu orientieren. Dieser Anpassungsprozess bringt typischerweise vermehrt Volatilität, wie dies zuletzt der Fall gewesen ist.
Die positive Saisonalität, die Zeit zwischen Herbst und Frühling, gilt als günstig für die Aktienmärkte. Zudem sind die Aktienmärkte bisher nach den US-Parlamentswahlen, anstehend für Anfang November, in den darauf folgenden Wochen im Schnitt um 15% gestiegen.
Schliesslich haben die Aktienmärkte mittlerweile seit den letzten Hochs 10% nachgegeben. Dies hat die relative Attraktivität der Aktien verbessert.
Somit dürfte eine positive Umstimmung der Investoren in den kommenden Wochen zu erwarten sein. Der Kick-off zu einer Jahresendrally dürfte von den US-Konsumenten kommen und sich positiv auf die hiesigen Märkte übertragen. Zwar liegen die diesjährigen Jahreshochs weit entfernt, allerdings dürfte ein versöhnlicher Jahresausklang ein gutes Geschenk werden für geduldige Investoren!