von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Scherrer, der Namenswechsel von IBAarau zu Eniwa hat über eine Million gekostet. Wieso war das nötig?
Hans-Kaspar Scherrer: Einerseits aufgrund der bevorstehenden Strommarktöffnung mit veränderten Kundenanforderungen und Bewusstseinswandel; eine klare Markenpositionierung gilt als entscheidender Wettbewerbsfaktor. Andererseits auch wegen der fehlenden Differenzierbarkeit, da die Marke IBAarau gleich diverse Schwächen hatte.
Welche denn alle?
IBA ist in der Energiebranche sehr austauschbar (AEW, BKW, CKW, IBC, IWB). Auch war die konsequente Nutzung von IBA als Firmenname aus rechtlichen Gründen nicht möglich und musste als Firmenname immer mit IBAarau ausgeschrieben werden. Zudem entspricht der Begriff «Industrielle Betriebe» nicht unserem heutigen Geschäftsmodell. Nicht zuletzt war der Name IBAarau schwierig auszusprechen und kompliziert geschrieben: der Name musste am Telefon immer wieder buchstabiert werden, und jeder sprach den Namen anders aus. Die aufgelaufenen Kosten sind vor allem durch die Neubeschriftung der 150 Betriebsfahrzeuge und durch teilweisen Ersatz und durch die Anpassungen an den Werkkleidern von über 200 Werks- und Installationsmitarbeitenden entstanden.
«Der Name IBAarau war schwierig auszusprechen und kompliziert geschrieben: Er musste am Telefon immer wieder buchstabiert werden, und jeder sprach den Namen anders aus.»
Hans-Kaspar Scherrer, CEO Eniwa
Dass man aus fünf technischen Begriffen ein wohlklingendes Akronym machen kann, ist schon mal erfreulich. Was gibt es aus der betriebswirtschaftlichen Ecke Positives in anspruchsvollen Zeiten zu berichten?
Die letzten Jahre wie auch die nächsten Jahre sind geprägt von hohen Investitionen in erneuerbare Energien und smarte Lösungen, bedingt durch die neue Energiestrategie und die drei globalen Trends Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung. Wir realisieren derzeit einige spannende Projekte wie beispielsweise der Auf- und Ausbau des mit Grundwasser gespiesenem Aarauer Fernwärme- und Fernkältenetzes, der geplante Neubau des Aare-Wasserkraftwerks mit deutlicher Produktionssteigerung und die Umsetzung der Initiativen Smart Grid und Smart City Aarau. Unsere Investitionsstrategie beruht auf nachhaltigem Mehrwert unter Nutzung lokaler und regionaler Energiepotenziale. Die Investitionen sind langfristiger Natur und werden sowohl beim neuen Wasserkraftwerk wie auch beim Fernwärme- und Fernkältenetz erst in einigen Jahren zu positiven Effekten im Ergebnis führen, dafür dann aber wieder langfristig zur Versorgungssicherheit für unsere Kundinnen und Kunden und auch zum Unternehmensresultat beitragen.
Die Preismodelle bei den Strom-Versorgern werden immer komplexer. Steigt da der Verbraucher noch durch?
Das ist in der Tat eine Herausforderung sowohl für uns als Anbieter als auch für den Energiekonsumenten und einer der Gründe, weshalb wir uns für den Leitsatz «Energie. Einfach nachhaltig» entschieden haben. Unsere Mission ist entsprechend: Wir möchten die nachhaltige Nutzung von Energien für unsere Kunden möglichst einfach machen. Wir sind noch nicht ganz dort, wo wir sein möchten, aber auf gutem Weg.
«Die zwei Grundwasserströme der Aare und der Suhre zeigten sich sowohl im Hitzejahr 2003 als auch in diesem sehr heissen, trockenen Sommer sehr stabil.»
Nebst beinahe 4000 Hausanschlüssen in Aarau und Rohr werden in Ihrem unmittelbaren Einzugsgebiet auch rund 80 öffentliche Brunnen von Eniwa mit Wasser versorgt. Wird die Brunnenspeisung von der öffentlichen Hand entgolten?
Eniwa bietet in der Trinkwasserversorgung einen Service Public und übernimmt im Auftrag von Gemeinden und Netzeigentümern auch Aufgaben des Brunnenmeisters für den Betrieb und die Instandhaltung von Wasserversorgungsanlagen. Der Wasserpreis wird mit der jeweiligen Gemeinde vereinbart. Trinkwasser gilt als öffentliches Gut, und die Brunnenspeisung wird entsprechend entgolten.
Die aargauische Flusslandschaft ist ein „Grundwasserschloss“. Kam es in den letzten Jahren überhaupt zu nennenswerten Veränderungen?
Keine nennenswerten. Die zwei Grundwasserströme der Aare und der Suhre zeigten sowohl im Hitzejahr 2003 als auch in diesem sehr heissen, trockenen Sommer kaum Veränderungen und sind sehr stabil.
In den letzten dreissig Jahren ist die Wasserabgabe an Ihre Detailkunden beständig gesunken. Worauf ist das zurückzuführen?
Wir führen das auf effizientere Haushaltsgeräte mit sinkendem Wasserverbrauch und Installationen (Mischdüsen) zurück. Zudem wird heute mehr geduscht als gebadet, auch das führt zu einem abnehmenden Wasserbedarf. Allerdings beobachten wir auch, dass heute mehr Trinkwasser direkt aus dem Wasserhahn getrunken wird als früher. Die Sensibilisierung bezüglich des wichtigsten Lebensmittels Wasser nimmt tendenziell zu.
Sie stellen Ihr klassisches geographisches Informationssystem (GIS) auch anderen Ver- und Entsorgern zur Verfügung. Wie rege wird dieses Angebot genutzt?
Die GIS-Plattform geoProRegio wird nicht nur von Ver- und Entsorgern genutzt. Auch Architektur- und Ingenieurbüros, Bauunternehmen, Gemeinden und Liegenschaftsbesitzer nutzen die Geodaten. Wir erhalten mehrere Hundert Anfragen für Leitungsauskünfte pro Jahr.
«Auch Architektur- und Ingenieurbüros, Bauunternehmen, Gemeinden und Liegenschaftsbesitzer nutzen die Geodaten unserer GIS-Plattform geoProRegio.»
Nach dem Umzug der Eniwa ins neue moderne Verwaltungsgebäude in Buchs werden die alten Werkhofareale an der Erlinsbacherstrasse und auf der Aare-Insel rückgebaut und neuen Nutzungen zugeführt. Ich nehme an, es wird an der Erlinsbacherstrasse Wohnungen geben?
Die Altbauten an der Erlinsbacherstrasse sollen durch günstige und energieeffiziente Wohnbauten ersetzt werden. Damit wird der Städteverdichtung mit Wohnraum für alle Einkommensgruppen und auch der ursprünglichen Gebäudenutzung für die Kraftwerksmitarbeiter Rechnung getragen. Sowohl die heutige Zonierung wie auch die in der neuen Nutzungsplanung angedachte Zonierung lässt die beabsichtigte Nutzung und Dichte zu. Die Landbesitzerin Eniwa wird das Land im Baurecht abgeben.
Was geschieht mit dem ehemaligen IBA-Hauptgebäude an der Oberen Vorstadt?
Das Gebäude wird langfristig vermietet. Wir stehen derzeit in Verhandlung mit dem Kanton Aargau, der das Gebäude als Sitz des Bezirksgerichts und weiterer kantonaler Aufgaben prüft. Die Liegenschaft bleibt im Eigentum von Eniwa und könnte bei Bedarf – zu einem späteren Zeitpunkt -wieder für kundennahe Aufgaben der Eniwa genutzt werden.
Der Gasverbund Mittelland und Erdgas Ostschweiz werden in den neuen Eniwa-eigenen Verwaltungskomplex als Mieter einziehen. Ich nehme aber an, es wird in den nächsten Jahren zu mancher direkten Zusammenarbeit zwischen Schweizer Gasunternehmen und der Eniwa kommen?
Eniwa ist schon seit vielen Jahren am Gasverbund Mittelland beteiligt. Erdgas und insbesondere auch Biogas spielen eine wichtige Rolle in der Energieversorgung. Die Vermarktung von Erdgas und Biogas- in allen Märkten (Treibstoff, Wärme, Verstromung) ist Teil der Unternehmensstrategie der Eniwa AG und auch der Klimastrategie der Schweizer Gasindustrie. Wir unterstützen diese Strategie entsprechend, indem wir unserem Gasangebot erneuerbares, lokales und regionales Biogas beimischen, derzeit sind es 10 Prozent. Es wird beabsichtigt, diesen Anteil in den nächsten Jahren noch substanziell zu erhöhen und das Erdgas ökologisch aufzuwerten.
Zur Person:
Hans-Kaspar Scherrer studierte Maschinenbau mit Vertiefung Mechanik und Regelungstechnik (1982-1987) an der ETH Zürich, wo er auch 1993 am Institut für Robotik mit einer Arbeit über eine Sensorhand für intelligentes Greifen mit Robotern promovierte. Seine Berufskarriere startete Hans-Kaspar Scherrer bei ABB in verschiedenen Positionen in der Kraftwerksautomatisierung ehe er 2006 CEO der Andritz-3Sys AG (Turn-Keyy Anlagenbau international, Umwelttechnologie, Klärschlammtrocknung) in Wohlen wurde. Seit 2010 ist er CEO der Energiedienstleisterin Eniwa (ehemals IBAarau). Er ist Mitglied verschiedenster Verwaltungsräte, u.a. amtet er als Präsident von Swisspower AG, einer Gesellschaft der Schweizer Stadtwerke und Querverbundunternehmen, welche sich zur Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Energiestrategie und zum Lobbying für die urbanen Energieversorger einsetzt. Hans-Kaspar Scherrer ist passionierter Rad- und Motorradfahrer. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Eniwa
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