Hays Fachkräfteindex H1/2017: Sechs Fragen an Gero Knüfer, Division Manager Hays (Schweiz)
Gero Knüfer, Division Manager bei der Hays (Schweiz) AG, beantwortet Fragen zu aktuellen Trends zur Nachfrage nach Finance-Spezialisten.
Vor einem halben Jahr hat Hays von einer spürbar zunehmenden Nachfrage nach Finance-Spezialisten in den Bereichen Risk und Auditing gesprochen. Davon zeigen die aktuellen Werte allerdings nichts. War der damalige Eindruck trügerisch?
Gero Knüfer: Tatsächlich haben wir vor einem halben Jahr eine wachsende Nachfrage erlebt, aus der sich jedoch kein nachhaltiger Trend entwickelt hat. Dafür gibt es meiner Meinung nach vor allem zwei Gründe: Zum einen werden Risk Manager generell seltener gesucht, wodurch der Markt weniger volatil ist als der im Accounting oder Controlling. Falls es signifikante Änderungen gibt, bewirken diese dann aber stärkere Ausschläge. Zum anderen, denke ich, erleben wir aktuell eine gewisse Zurückhaltung bei der Suche nach Auditoren, was durchaus an der zunehmenden Digitalisierung liegen könnte. Es ist zu vermuten, dass kleinere oder weniger komplexe Audits zukünftig durch Programme automatisch abgewickelt werden. Folglich sind dann auch weniger Auditoren erforderlich. Deswegen verhalten sich die Firmen im Moment zurückhaltend. Sie warten erst einmal ab, was an neuer Technologie und neuen Möglichkeiten verfügbar wird.
Die Gesamtnachfrage geht seit drei Jahren mehr oder weniger kontinuierlich zurück. Ist das ein Zeichen dafür, dass nach den Back-Office-Tätigkeiten nun auch zunehmend Führungsaufgaben ins Nearshoring abwandern?
Nein, ich denke nicht, dass Führungsaufgaben in grossem Masse abwandern werden. Es stimmt, an gewissen Stellen wird konsolidiert, Funktionen werden zusammengelegt. In Zukunft können diese sicherlich zum Teil auch abwandern, komplett verschwinden werden sie aber nicht. Positionen, in denen wichtige unternehmerische Entscheidungen getroffen werden, erfordern regionale Marktkenntnisse wie auch Vertrautheit mit den einheimischen regulatorischen Anforderungen.
Der Einbruch in der Nachfrage nach Auditoren ist markant – von einem relativen Wert von 200 im Jahr 2014 auf unter 75 heute. Wie erklären Sie sich das?
Ich führe auch das auf die zunehmende Digitalisierung im Auditing zurück. Der Trend geht einfach zur Automatisierung. In letzter Zeit konkretisieren sich die Dinge etwas, sodass es bald mehr Klarheit für die wirtschaftliche Planung geben wird.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass zum Beispiel Portfoliomanagement in Zukunft vermehrt durch Algorithmen erfolgen wird. Wird sich der Trend der sinkenden Nachfrage nach Finance-Spezialisten entsprechend fortsetzen?
Das kommt ganz auf die Spezialisierung an. Ich denke, dass sich der Typus des «Finance-Spezialisten» ändern wird; das heisst, es werden sicherlich verstärkt mathematisch oder technisch-ausgebildete Fondsmanager gesucht, die diese Algorithmen programmieren oder bedienen können. Wir sehen zurzeit bereits, wie mit mathematischen Methoden bessere Ergebnisse erzielt werden als mit herkömmlichen Methoden. Zudem drängen auch immer mehr Fintech-Firmen in den Markt, die den Banken bald Konkurrenz machen dürften. Daher wird sich die Nachfrage in diese technische Richtung verlagern, dabei aber insgesamt nicht zurückgehen.
Welche geografischen Unterschiede beobachten Sie in der Schweiz? Werden in Genf oder Basel andere Spezialisten gesucht als in Zürich?
Natürlich, die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern hängt von den Märkten vor Ort ab. Der Standort Basel wird stark durch die Pharmaindustrie geprägt, aber auch durch kleine und mittelgrosse Betriebe der fertigenden Industrie. In Zürich und Genf bestimmen Banken und Fondsverwalter und die internationalen Headquarters das Bild. Auch die vorherrschenden Sprachen spielen eine Rolle. Die wichtigsten Funktionen sind an allen Standorten vertreten, aber in ihrer Anzahl eben unterschiedlich verteilt.
Irgendwann kommt der Bärenmarkt. Welche Auswirkungen könnte das auf die Nachfrage nach Finance-Spezialisten haben?
Die generelle Nachfrage würde dann sinken. Einerseits stellen die Unternehmen weniger ein, andererseits sind die Mitarbeiter weniger bereit zu wechseln. Der Markt dreht sich langsamer. Auch die gesuchten Profile ändern sich. Firmen nutzen Rezessionen und sich abzeichnende Krisen, um sich für die Zukunft besser aufzustellen. Dank der Lehren aus der Vergangenheit sind allerdings viele Unternehmen heute besser gewappnet. Krisen mögen in Zukunft vermehrt eintreten, sollten dann aber nicht mehr einen so starken Impact auf die Wirtschaft haben wie in der Vergangenheit. Die Wirtschaft ist gewissermassen krisenerprobter geworden. (Hays/mc/ps)