ESTV-Direktor Urs Ursprung.
Bern – Die Abschaffung der Stempelsteuer würde die Standortattraktivität der Schweiz für nicht ortsgebundene Unternehmen erhöhen. Allerdings müssten andere Abgaben erhöht oder neue Steuern eingeführt werden. Zu diesem Schluss kommt eine Studie aus dem Finanzdepartement.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat untersucht, wie sich die Abschaffung der einzelnen Arten von Stempelabgaben auf die Standortattraktivität auswirken würde und wie die Ausfälle kompensiert werden könnten. In der am Freitag veröffentlichten Studie präsentiert die Steuerverwaltung zwei Varianten. Die erste Variante sieht vor, die Abgaben gestaffelt bis ins Jahr 2018 abzuschaffen. Die Ausfälle würden in dieser Varianten mit einer höheren Mehrwertsteuer (MWST) ausgeglichen. Die Steuerverwaltung schlägt vor, alle Kommissionen für Finanzdienstleistungen der MWST zu unterstellen. Die MWST-Erhöhung, die temporär zu Gunsten der IV beschlossen wurde, könnte ausserdem weitergeführt werden, heisst es in der Studie. Es bräuchte aber zusätzlich Sparmassnahmen, damit die Vorgaben der Schuldenbremse eingehalten werden können.
«Fiskalischer Blockbuster» gesucht
In der zweiten Variante würden die einzelnen Stempelabgaben bis 2015 abgeschafft. Diese rasche Abschaffung setze einen politischen Entscheid zum Umbau des Steuersystems voraus, schreibt die Steuerverwaltung. Es bräuchte einen «fiskalischen Blockbuster»: eine steuerliche Massnahme, die über eine Milliarde Franken einbringen würde. In Frage käme aus Sicht der Autoren der Studie eine CO2-Steuer auf Treibstoffen oder eine Erhöhung der MWST. Sollen vor allem jene bezahlen, die von der Abschaffung der Umsatzabgabe unmittelbar profitieren, kommt die Einführung einer Bundeserbschaftssteuer oder die Erhöhung der direkten Bundessteuer für natürliche Personen in Frage. Sparmassnahmen würden sich in diesem Fall erübrigen.
Empfehlungen dienen als Orientierungshilfe
Die Empfehlungen dienten als Orientierungshilfe und nähmen Entscheidungen nicht vorweg, schreibt die Steuerverwaltung. Eine schrittweise Abschaffung der Stempelabgaben verlangen mehrere parlamentarische Vorstösse. Bestimmte Massnahmen sind ausserdem bereits eingeleitet. So soll im Rahmen der «Too-big-to-fail»-Vorlage gegen das Grossbankenrisiko die Emissionsabgabe auf Fremdkapital (Wandelanleihen) abgeschafft werden. Die Vorlage ist derzeit in der parlamentarischen Beratung. Der Ständerat hat als Erstrat zugestimmt. Die voraussichtlichen Ausfälle hat der Bundesrat bei seiner Finanzplanung bereits berücksichtigt. Die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital wird im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III geprüft.
Drei Arten von Stempelabgaben
Es gibt drei Arten von Stempelabgaben: Die Emissionsabgabe auf der Ausgabe inländischer Beteiligungsurkunden wie Aktien, die Umsatzabgabe auf dem Kauf und Verkauf von in- und ausländischen Wertpapieren und die Abgabe auf den Prämien bestimmter Versicherungen. Seit dem Jahr 2002 hat der Bund aus den Stempelabgaben jährlich zwischen 2,6 und 3 Mrd CHF eingenommen. Mehr als die Hälfte der Einnahmen stammen aus der Umsatzabgabe. Die Autoren der Studie kommen zum Schluss, dass die Emissionsabgabe zuerst abgeschafft werden sollte. (awp/mc/ps)