Bern – Acht Jahre nach seiner Verhaftung wegen Verdachts auf Geldwäscherei und gut einen Monat, nachdem die Bundesanwaltschaft auf den Weiterzug des Freispruchs verzichtet hatte, bricht Privatbankier Oskar Holenweger sein Schweigen. Er prüft eine Schadenersatzklage. In einem Interview mit der Wochenendbeilage «Das Magazin» des Tamedia-Verlags vom 3.12. erklärte Holenweger, er prüfe nach dem «Justizskandal» eine Staatshaftungsklage gegen die Eidgenossenschaft.
Dabei gehe es im Endeffekt um Schadenersatz für das ihm in den letzten acht Jahren entgangene Einkommen, um den Verlust beim Verkauf seiner Tempus Privatbank mit Verlust und weiteres. Den Verkauf hatte die damalige Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) verfügt. Allein seinen Einkommensverlust hatte Holenweger vor Bundesstrafgericht auf 3 Mio CHF beziffert.
Bank nicht in Schieflage
Der Privatbankier bestreitet, dass sein Institut zum Zeitpunkt der Verhaftung und des Verfahrens in Schieflage war. Das Gerücht habe die Bundesanwaltschaft bewusst gestreut, um ihm ein Motiv zu unterschieben. Die Bank sei jung gewesen, nach einer bereits beschlossenen Kapitalerhöhung wäre Ende 2003 der break-even gekommen. Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft unter Valentin Roschacher bezeichnete Holenweger in dem Interview als fehlgeleitet. Bereits 48 Stunden nach seiner Verhaftung hätte aufgrund eines Berichts des Prüfunternehmens KPMG klar sein müssen, dass seine Bank nie in Geldwäscherei verwickelt war. Die Prüfung sei von der EBK veranlasst worden.
«Jeder Dorfpolizist hätte anders gehandelt»
Zum Einsatz des V-Mannes Ramos sagte Holenweger, die Einschleusung sei vom Roschacher-Nachfolger und damaligen Chef Bundeskriminalpolizei Erwin Beyeler unterstützt worden. Beide Bundesanwälte seien tief in den Fall involviert. Statt nach der Entlarvung des Spitzels als Hochstapler Marschhalt zu befehlen, hätten sie immer weiter untersucht in der Hoffnung, etwas lasse sich schon finden. Das sei zutiefst unprofessionell. Jeder «Dorfpolizist» hätte anders gehandelt. Der Vorwurf, er habe für Drogenkartelle gearbeitet und Kontakt zum Drogenbaron Pablo Escobar gehabt, sei dermassen absurd, dass die Falschheit des Anfangsverdachts schnell hätte einleuchten sollen. Seine Bank habe keine Kunden aus Lateinamerika gehabt.
«BA hat ausserhalb des Rechts operiert»
Erst durch eine Amtsgeheimnisverletzung gegenüber dem Politmagazin «Weltwoche» seien die Tricks und Vertuschungsmanöver der Bundesanwaltschaft ausgekommen. Das sei für ihn «das Unerträglichste am ganzen Fall». Die Bundesanwaltschaft habe über weite Strecken unprofessionell und ausserhalb des Rechts operiert. Das habe auch das Bundesstrafgericht beim Freispruch festgestellt. Klar sei, dass der Anfangsverdacht gegen ihn bereits vor dem Auftauchen von Ramos formuliert worden war.
«Sagen wir so: Ich bin erleichtert»
Die Umstände seiner Verhaftung und die siebenwöchige Untersuchungshaft schilderte der 67-jährige Holenweger der Zeitschrift als einigermassen alptraumhaft. Beamte einer Sondereinheit sprangen durch ein geschlossenes Küchenfenster – «Ramboverhalten», wie Holenweger kommentiert. Die Bundesanwaltschaft hätte ihn einfach vorladen können. In der Untersuchungshaft habe man ihn lange im Dunkeln über die Vorwürfe gelassen. Erst sein Anwalt habe ihn informiert. Zu seiner aktuellen Gemütslage sagte Holenweger, «glücklich» passe nicht zum Abschluss des Verfahrens. Er müsse noch Distanz finden, zu dem, was ihm angetan wurde. «Sagen wir so: Ich bin erleichtert», schloss er das Interview. (awp/mc/ps)