HSBC verschiebt nach Q2-Zahlen Renditeziel
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London – Die britische Grossbank HSBC wird angesichts der weltweit grossen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten vorsichtiger. Nach einem Gewinneinbruch im zweiten Quartal verschob das Institut sein Renditeziel und gab die Aussicht auf steigende Dividenden auf. Zugleich allerdings kündigte das Geldhaus an, in der zweiten Jahreshälfte für 2,5 Milliarden US-Dollar eigenen Aktien zurückzukaufen.
Das wurde an der Börse als Beleg für die Stärke der Bank in schwierigen Zeiten gewertet. Die Aktie legte am Vormittag 3,5 Prozent zu. Mit einem Rückgang von 7 Prozent in diesem Jahr stehen HSBC-Papiere im Vergleich zu denen der meisten europäischen Grossbanken noch gut da.
5 Mrd Dollar für Brasilien-Geschäft
Möglich wird der Aktienrückkauf durch die Veräusserung des Brasilien-Geschäfts. Das spült gut 5 Milliarden Dollar in die HSBC-Kasse. Mit der einen Hälfte will der Konzern seine Kapitalpuffer stärken, die andere soll den Aktionären zugute kommen. Im Juni lag die harte Kernkapitalquote bei 12,1 Prozent, 0,2 Prozentpunkte höher als drei Monate zuvor. Durch den Brasilien-Verkauf soll sie auf 12,8 Prozent steigen. Eigenkapital gilt als wichtiger Puffer gegen neue Schieflagen.
Vorsteuergewinn fällt um 45% auf 3,6 Mrd Dollar
Im zweiten Quartal konnte sich die Bank der allgemeinen Branchenschwäche sowie den wirtschaftlichen Problemen in vielen für den Konzern wichtigen Ländern nicht entziehen. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten verdiente die gemessen am Börsenwert grösste europäische Bank aber immer noch viel. Der Vorsteuergewinn fiel um 45 Prozent auf 3,6 Milliarden Dollar (3,2 Mrd Euro) – bereinigt um Sondereffekte ging es um zehn Prozent auf 5,4 Milliarden Dollar zurück.
Unter dem Strich verdiente die Bank 2,35 Milliarden Dollar – das sind 44 Prozent weniger als vor einem Jahr, aber noch immer deutlich mehr als die Konkurrenz. Zum Vergleich: Die Deutsche Bank hatte es im zweiten Quartal gerade so in die schwarzen Zahlen geschafft. HSBC sprach von einem «vernünftigen Ergebnis angesichts der grossen Unsicherheit».
Zeitpunkt für angepeilte Profitabilität verschoben
Am langfristigen Ziel einer Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent hielt die HSBC zwar fest. Der bisher gesetzte Zeitpunkt, die angepeilte Profitabilität bis Ende 2017 zu erreichen, sei wegen der anhaltend niedrigen Zinsen und der Unruhe an den Kapitalmärkten jedoch nicht mehr realistisch, erklärte Verwaltungsratschef Douglas Flint. Im ersten Halbjahr lag die Rendite bei 7,4 Prozent, vor einem Jahr waren es noch 10,6 Prozent.
«Wir reagieren paranoid auf alles, was irgendwo passiert», klagte Vorstandschef Stuart Gulliver über die allgemeine Stimmung gegenüber europäischen Banken an den Kapitalmärkten. Zugleich betonte er, dass sein Institut eines der wenigen sei, dass überhaupt noch ein ordentliche Dividende zahle. Allerdings werde diese zunächst auf dem bestehenden Niveau bleiben.
Strategie bestätigt
Flint machte zugleich klar, dass es trotz der turbulenten Zeiten keine Zweifel an der Strategie gebe. Angesichts der schwächelnden Konjunktur in China hatte die Bank schon vor einem Jahr ein neues Sparprogramm aufgelegt. Erneut sollen tausende Stellen wegfallen und allein in Asien das Geschäftsvolumen um rund 150 Milliarden Dollar sinken. HSBC hat seit 2011 bereits mehr als 87’000 Stellen im Konzern abgebaut und mindestens 80 Geschäftsteile aufgegeben oder verkauft. Dabei zog sich die Bank aus 17 von einst 88 Ländern zurück. Aktuell beschäftigt HSBC noch gut 250’000 Personen.
Zu den Folgen des Brexits hielt sich die Bankspitze bedeckt. «Wir beobachten unser Portfolio genau, so dass wir schnell mögliche Stressbereiche entdecken können», sagte Vorstandschef Gulliver. Derzeit sei es aber noch zu früh um zu sagen, welche Geschäftsteile wie betroffen sein werden. Vor dem Referendum im Juni hatte HSBC gewarnt, bei einem EU-Austritt Grossbritannien 1000 Beschäftigte von London nach Paris zu versetzen. (awp/mc/pg)