Düsseldorf – Wer dieser Tage auf die Entwicklung Chinas und seiner Währung blickt, dem könnte angst und bange werden – hat die chinesische Zentralbank die Kontrolle über ihren Liberalisierungskurs verloren? Muss China seine gesamten Währungsreserven aufbieten, um den Wechselkurs des Renminbi zu verteidigen? Werden gar Reformschritte rückgängig gemacht? Die Antwort lautet nein. Die Renminbi-Liberalisierung ist voll im Plan, meint Sven Jürgensen, Co-Head of Corporate Sales, Global Markets, HSBC.
29 % der weltweiten Währungsreserven liegen in China, 3.200 Milliarden US-Dollar sind das zurzeit. Das sind zwar einige Hundert Milliarden weniger als vergangenes Jahr, aber immer noch 200 Milliarden mehr als Peking ursprünglich anvisiert hatte. Dass China seine Währungsreserven nutzt, um den Wechselkurs des Renminbi zu stützen, ist kein Zeichen für eine Währungskrise, sondern eine Folge der jüngsten Liberalisierungsschritte. Der Renminbi wird heute – wie jede freie Währung weltweit – von den Wachstumszahlen seiner eigenen Volkswirtschaft beeinflusst. Der Umgang mit volatilen Währungen ist aus anderen Ländern bekannt: Wenn die Wirtschaft langsamer als erwartet wächst, wertet die Währung ab und die Zentralbank stabilisiert den Wechselkurs mithilfe ihrer Währungsreserven. Was China tut, ist in anderen Volkswirtschaft Gang und Gäbe. Der Start in die erste Handelswoche nach dem chinesischen Neujahrsfest verlief übrigens überraschend gut: Der Renminbi-Kurs stieg, die Reaktion an den Börsen fiel dementsprechend positiv aus.
Chinas Entwicklung ist neue Normalität
Die Entwicklungen in China stehen für eine «neue Normalität» – das betrifft den volatilen Renminbi ebenso wie den Kapitalverkehr. Ausländische Unternehmen, die in den letzten Jahren ihr Chinageschäft aufgebaut haben, möchten nun immer häufiger ihre Gewinne abführen. In Deutschland wurde dies durch die günstigere Dividendenbesteuerung von 5 % statt vormals 10 % unterstützt. Auch wenn die chinesische Kapitalbilanz nun seit vielen Monaten negativ ausfällt, ist das Bild einer «Kapitalflucht» irreführend. Zu großen Teilen handelt es sich nicht um ein Misstrauensvotum gegen China, sondern um gewinnorientiertes Handeln.
Die Zwischenbilanz der Renminbi-Liberalisierung fällt positiv aus.
Seit die chinesische Zentralbank den Fixkurs der Währung nicht mehr willkürlich festlegt, sondern am Spothandel orientiert, ist der Renminbi deutlich volatiler geworden. Das erste Zwischenziel, ihn zu einer Währung zu entwickeln, die stärker von den Kräften des heimischen Marktes bestimmt wird, dürfte damit als erfüllt angesehen werden. Anzeichen dafür, dass China einzelne Liberalisierungsschritte wieder zurücknehmen könnte, gibt es hingegen keine. Im Gegenteil: Im Rahmen der vollständigen Liberalisierung dürften auch die Kapitalverkehrskontrollen weiter abgebaut werden. Der Renminbi soll nach dem Wunsch Chinas vollständig zu den anderen Reservewährungen des Internationalen Währungsfonds aufschließen. (hsbc/mc/cs)