Konrad Hummler.
Zürich – Die Zeitenwende im Bankgeschäft und eine Verkettung unglücklicher Umstände haben zum Untergang der renommierten Privatbank Wegelin geführt. Der ehemalige Teilhaber der Bank, Konrad Hummler, gestand in einem Interview mit der «Weltwoche» aber auch Eigenfehler, Selbstüberschätzung und Momente der Frivolität ein.
«Es gab das Gefühl der Unverwundbarkeit. Ich stand oft im Zentrum. Und später hatte ich eine Hauptlast der Häme zu tragen», sagte Hummler weiter. Als Chef betrage sein Anteil am Versagen 100%. Verantwortung sei nicht teilbar. Er habe die amerikanischen Machtmittel und die Gefahr strafrechtlicher Sanktionen unterschätzt, sagte der ehemalige Privatbankier auf die Frage, ob es nicht fahrlässig gewesen sei, Kunden zu übernehmen, die aus US-Sicht als toxisch galten.
Gefahr nicht erkannt
Die Teilnahme am US-Dollar-Finanzsystem bedeute de facto für eine Bank, dass sie sich dem dortigen Rechtssystem unterwerfe. Die Bank Wegelin habe verkannt, dass eine amerikanische Klagedrohung bereits ausreiche, um eine Schweizer Bank ins Jenseits zu befördern. Hummler stritt in dem Interview nicht ab, dass die Bank Wegelin zu geschäftlichen Zwecken die rechtlichen Differenzen zwischen der Schweiz und den USA ausgenützt habe. Heute jedoch sei der Bankier hauptverantwortlich dafür, dass der Kunde seine Steuern bezahle.
Zeitenwende im Banking
Der ehemalige Privatbankier bedauerte, diesen Wandel nicht rechtzeitig erkannt zu haben. Die Bank Wegelin habe an die Hoheit des Rechtsstaates auf seinem eigenen Gebiet geglaubt. Tatsächlich gebe es aber eine rasante Globalisierung von rechtlichen Standards, die wohl allgemein immer noch unterschätzt werde. «Ich hielt es für undenkbar, dass man als Bank auch rückwirkend kriminalisiert werden kann. Dass also das, was auf einem bestimmten Territorium legal ist, später für illegal erklärt werden kann. Hier liegt der Kern aller Fehler bei Wegelin», sagte Hummler.
Auf die Frage, was der wichtigste Rat sei, den er heute im Rückblick geben könne, sagte Hummler: «Es gibt keine Verlässlichkeiten. Eisberge lauern überall. Das Einzige, was zählt, sind ein paar wenige Freunde. Mehr nicht.»
Die Bank Wegelin war Anfang 2012 zerbrochen. Die Besitzer des ältesten Schweizer Geldhauses verkauften das ausseramerikanische Geschäft an die Raiffeisen-Gruppe. Anfang März 2013 verurteilte ein Gericht in den USA die Bank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu 74 Mio USD Buss- und Entschädigungs-Zahlungen. Die Bank hatte im Zuge der UBS-Krise in den USA Ex-Kunden der Grossbank übernommen. (awp/mc/pg)