Hypothekarbank Lenzburg: «Mit Obligationen verlieren Investoren Geld»
Die tiefen Zinsen und eine steigende Inflation sind ein gefährlicher Mix für die Staatsanleihen der schweizerischen Eidgenossenschaft. Die Aktienmärkte dagegen dürften weiter von positiven Konjunkturdaten profitieren.
Von Martin Schmied*
Die nominalen Zinsen in der Schweiz haben einen historischen Tiefstand erreicht. Obwohl die Rendite der 10-jährigen Eidgenossenanleihe seit Mitte 2016 wieder leicht angestiegen ist, rentiert die Anlage inflationsbereinigt immer weniger. Durch den Anstieg der Inflation seit Ende 2016 ist die inflationsbereinigte oder reale Rendite deutlich negativ geworden (Grafik 1).
Mit dem jüngsten Anstieg haben sich die Inflationswerte von den Tiefstständen im Jahr 2015 deutlich entfernt. Da sich die Situation am Schweizer Arbeitsmarkt aber kaum verbessert hat, dürfte der Inflationsanstieg bald wieder zum Stillstand kommen.
Unübliche Zinssituation
Es ist eine aussergewöhnliche Situation, dass die Realverzinsung deutlich negativ ist. Dies zeigt, wie unattraktiv aktuell festverzinsliche Frankenanlagen sind. Je nach Laufzeit der Eidgenossenanleihe verliert der Anleger bereits auf nominaler Basis Geld und real, also inflationsbereinigt, fällt der Verlust dann eben noch grösser aus.
Da nicht mit einem starken Rückgang der Inflation zu rechnen ist, dürfte diese Situation in den nächsten Monaten zu leicht steigenden Zinsen führen. Ein leichter Zinsanstieg sowie die negative Realverzinsung machen Aktienanlagen deutlich interessanter als festverzinsliche Papiere.
Grafik 1: Die Realverzinsung hat in der Schweiz einen historischen Tiefstand erreicht.
So haben die Aktienmärkte auch deutlich zugelegt: Befeuert wurde die Kursrallye von den tiefen Zinsen, einer hohen Liquidität, erfreulichen Wirtschaftszahlen und einem relativ gesunden Bankensystem. Dabei kann beobachtet werden, dass die zwischenzeitlichen Kursschwankungen und Kurskorrekturen äusserst bescheiden ausfallen. Der Volatilitätsindex erreichte in den letzten Wochen sogar die tiefsten Werte seit den neunziger Jahren (Grafik 2).
Der Volatilitätsindex misst die implizite Marktvolatilität aus einem Korb von Call- und Put-Optionen auf den US-Aktienindex S&P 500. Oder vereinfacht gesagt: Er bildet die Angst der Aktienhändler vor einer Kurskorrektur ab. Die jüngst erreichten historisch tiefen Werte deuten auf eine fast schon unheimliche Gelassenheit an den Finanzmärkten hin.
Grafik 2: Das Kursrallye auf den Aktienmärkten geht mit einer historisch tiefen Volatilität einher.
Ein wichtiger Faktor für diese Entwicklung war mit Sicherheit das weitgehende Fehlen von Anlagealternativen. Die Marktteilnehmer haben sich schnell an die ruhige Marktsituation gewöhnt. Doch die Idylle war trügerisch: Die politischen Querelen der Regierung Trump lösten zum Teil übertriebene Kursreaktionen aus. Kommentatoren und Medien wiesen auf konjunkturelle oder gar politische Risiken in den USA hin.
Auch wenn wir überzeugt sind, dass die Tiefststände beim VIX nicht ewig andauern werden, gibt es gute Gründe dafür, dass die Volatilität auch in naher Zukunft auf tiefen Niveaus verharren dürfte. Vor allem die grosse Überschussliquidität und in der Folge die Absenz von Anlagealternativen, gerade bei den festverzinslichen Anlagen, unterstützt weiter die Aktienmärkte und sorgt für eine tiefe Volatilität.
Seitens der Weltwirtschaft gibt es keinen Grund, für die unmittelbare Zukunft mit einer deutlichen Eintrübung des Weltwirtschaftswachstums zu rechnen. Auch deshalb nicht, weil die Zentralbanken an der expansiven Geldpolitik festhalten werden.
* Martin Schmied ist stellvertretender Leiter des HBL Asset Managements. Mehr zur aktuellen Situation auf den Finanzmärkten erfahren Sie im aktuellen Börsenvideo des HBL-WebTV. Auf dem YouTube-Kanal vom HBL-WebTV finden Sie weitere Beiträge zur Konjunktur- und Finanzmarktsituation und vertiefende Analysen über Megatrends an den Finanzmärkten.