Die Vereinigten Staaten haben einen neuen Präsidenten. Donald Trump wird im Januar des kommenden Jahres vereidigt und in das Weisse Haus einziehen. Grund zum Jubel gab es allerdings nur an der Wall Street. An den europäischen Börsen war die Stimmung kurz nach dem Wahlsieg von Trump getrübt. Und dies aus gutem Grund.
von Christian Henke, Senior Market Analyst IG Group, und Salah-Eddine Bouhmidi, Head of Markets IG Group
Präsident der Zölle
Donald Trump hatte bereits im Wahlkampf sowohl Europa als auch China mit Importzöllen gedroht. Zum Schutz der heimischen Wirtschaft sollen auf Waren aus der Europäischen Union und aus dem Reich der Mitte Zölle erhoben werden. Keine gute Nachricht für die Wirtschaft auf dem alten Kontinent. Vor allem Deutschland könnten diese hart treffen. Die Automobilindustrie hat mit einem starken Gegenwind zu kämpfen. Zudem werden Erinnerungen an das Jahr 2018 wach. Der Handelskrieg zwischen den USA und China hatte das Geschehen an den Märkten geprägt und dies nicht im positiven Sinn. Aber auch die Weltkonjunktur könnte Schaden nehmen. Der neue alte Präsident wird zudem die Steuern senken. Zum Wohl der US-Konzerne, aber auch der Bürger. Die Preise und somit auch die Inflation könnten dann steigen. Damit hätte die Federal Reserve Probleme. Der neue Zinssenkungszyklus könnte an Fahrt verlieren. Und vor allem die Aussicht auf billiges Geld hat die Aktienmärkte zuletzt angeschoben.
Wohin fliesst das Geld?
In unserem Buch «Wohin fliesst das Geld» (Eulogia Verlag Hamburg) gehen wir auf Methoden ein, um die Kapitalströme zu identifizieren. Anders formuliert: Wie soll der Anleger sein Geld anlegen? Und diese Frage könnte die Anleger im kommenden Jahr von grosser Bedeutung sein. Nach dem Wahlsieg von Trump und den bereits genannten geplanten Zöllen auf europäische und chinesische Waren könnten Aktien auf dem alten Kontinent das Nachsehen haben. Bereits jetzt zeigen diese eine Underperformance. Auch die Börsen in den Schwellenländern könnte es schwer haben. Vor allem der starke Dollar belastet die Anteilsscheine aus den Emerging Markets. Gefragt sind zurzeit Aktien aus den USA. In Anbetracht der möglichen Steuersenkungen und der Stärkung der US-Wirtschaft könnten S&P, Nasdaq und vor allem der Nebenwerte-Index Russel profitieren.
Wie schon erwähnt, möchte Donald Trump als neuer Präsident die heimische Wirtschaft schützen und stärken. Dies soll unter anderem mit Steuersenkungen und Zöllen erreicht werden. Die Schulden der Vereinigten Staaten dürften wohl weiter steigen. Wie auch möglicherweise die Preise und die Inflation. Diese Aussichten könnten den Anleihemarkt unter Druck setzen und das Potenzial des Aktienmarktes begrenzen. Vor allem ein starker Dollar könnte ein Problem für viele Rohstoffe sein. Vor allem der Goldpreis, der eine historisch hohe negative Korrelation gegenüber dem Greenback aufweist, wäre davon betroffen. Der Ölpreis dagegen weniger. Hier könnte sich gedämpfte Konjunkturaussichten negativ bemerkbar machen. Zudem wird das schwarze Gold durch politische Ereignisse beeinflusst. Der schwellende Nahost-Konflikt ist hier zu nennen. Im Augenblick ist das Ölangebot zu gross. Dagegen steht eine zu niedrige Nachfrage gegenüber. Sollte diese aus China nicht zunehmen, könnten die Sorten Brent und WTI im kommenden Jahr Probleme haben.
Zusätzliche Verunsicherung durch Neuwahlen in Deutschland
Die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grüne in Deutschland stand schon seit längerem unter keinem guten Licht. Die Kritik von der Opposition und aus der Bevölkerung wurde zuletzt immer grösser. Nun hat Bundeskanzler Scholz den Finanzminister Lindner entlassen. Am 15. Januar droht eine Vertrauensfrage im Bundestag in Berlin. Anschliessend könnten im März Neuwahlen stattfinden. Allerdings drängt die CDU bereits in dieser Woche auf eine Vertrauensfrage und früheren Neuwahlen. Neben der Frage, inwieweit Trump Europa und Deutschland schaden könnte, sorgt die innerpolitische Krise für zusätzliche Verunsicherung, auch auf dem Frankfurter Börsenparkett. Somit könnten deutsche Dividendenpapiere von ausländischen Investoren vorerst gemieden werden.
Performance im Nachwahljahr hält sich in Grenzen
Aber auch von der Saisonalität droht den Anlegern Gegenwind. Nachwahljahre gehören nicht zu den besten Börsenjahren. Dies wird am Beispiel des S&P 500 deutlich. In den zurückliegenden vierundzwanzig Nachwahljahren konnte der marktbreite US-Index nur in 58 % der Fälle im positiven Terrain aus dem Handel gehen. Das durchschnittliche Kursplus beträgt magere 4,8 %. Die stärkste Marktphase beginnt am 7. April und endet am 2. August. Der S&P konnte in der Vergangenheit im Mittel um 7,6 % zulegen. Die schwächste Marktphase fängt im Anschluss am 2. August an und geht bis zum 29. Oktober. In diesem Zeitraum verliert der S&P durchschnittlich um 3,7 %. Die Herbst- und Jahresendrally fällt in einem Nachwahljahr eher schwach aus. Von Ende Oktober bis zum Jahresultimo beträgt der durchschnittliche Ertrag lediglich 1,7 %.
Fazit
Im Nachwahljahr 2025 könnte das Stock Picking sehr wichtig sein. In Anbetracht der aggressiven US-Wirtschaftspolitik und möglicher Konflikte zwischen den USA, Europa und China könnten die Kursausschläge im kommenden Jahr höher ausfallen. Zudem ist erst einmal mit einer Underperformance europäischer Börsen zu rechnen. Daher empfiehlt sich die Low Volatility-Strategie. Aktien, mit einer niedrigen Volatilität, wären zu bevorzugen, um das Risiko in den Aktiendepots niedrig zu halten. (pd/mc)