Zürich – Nach zwei Tagen mit deutlichen Verlusten haben Europas Börsen zum Wochenauftakt den Sinkflug fortgesetzt. Neben der Angst vor einem Zurückfahren der Anleihekäufe der US-Notenbank kamen am Montag Sorgen um China hinzu, weil es im chinesischen Interbank Markt zu erheblichen Anspannungen kam. Nach der Rede von Ben Bernanke zum „Tapering“ (Reduktion der Bondkäufe) beruhigten andere FED-Mitglieder mit Reden die Märkte. Es brauche eine substantielle Besserung der Konjunktur, um den Ankauf von Staatsanleihen zu reduzieren. Die Lage stabilisierte sich somit wieder und die Börsen setzten zu einer Erholung an.
Der S&P 500 kletterte über die Woche 0.9%, der Stoxx 50 2.1% und der SMI gar 3.5%. Nachdem Roche GS über vier Wochen in Reihe jeweils zwischen 2% bis 5% gesunken war, konnte der Genussschein letzte Woche fast 7% gut machen.
Die Zinsen erreichten am Montag die Jahreshöchst, gaben darauf etwas nach. In den USA schlossen die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen bei 2.48%, in Deutschland bei 1.72% und in der Schweiz bei 0.99%. In der Peripherie kam der Zinsanstieg ebenfalls zum Erliegen und sank z.B. in Spanien wieder unter 5%. Mit den Aussichten auf steigende Zinsen in den USA erstarkte der USD. USD/CHF kletterte bis knapp vor 0.95, schloss dann aber bei 0.945 etwas tiefer. EUR/USD sank bis auf die kritische Marke bei 1.30. Der EUR/CHF gab am Montag bis auf knapp 1.2220 nach, kletterte sodann wieder auf 1.23, zurück auf das Niveau von Mitte Juni.
Gold fällt unter 1200 Dollar
Im Gegensatz zu den Aktien gab es bei den Edelmetallen keine Erholung und der Verkaufsdruck, wohl aus weiteren ETF-Verkäufen, hielt an. Gold fiel am Freitag unter USD 1200 die Unze und schloss im London Fixing bei auf USD 1215 die Unze. Dies bedeutet ein Verlust von 15% über einen Monat und fast 30% seit Jahresbeginn. Gut möglich, dass auf das Quartalsende hin noch Positionen liquidiert wurden und sich auf dem charttechnisch überverkauften Niveau nun eine Gegenbewegung ergibt. Der Ölpreis, welcher kaum durch ETF’s beeinflusst wird, bewegte sich seitwärts und schloss bei USD 102.8 pro Barrel Brent.
Die ersehnte Erholung ist an den Börsen nun eingetreten. Für die weitere Entwicklung sind die Marktteilnehmer gespalten. Die Bären sehen nur eine kurze Gegenbewegung, bevor es weiter abwärts geht. Die Bullen sehen eine typisch V-förmige Erholung, welche nun konsolidiert und dann weiter läuft. Welche Argumente stehen im Vordergrund?
Chinas Schattenbanken
Auf der negativen Seite blinkt die Unsicherheit über den Zustand des chinesischen Finanzsystems nun auf dem Radarschirm, da enormes Kreditwachstum auch unkontrolliert über Schattenbanken zustande kam. Es finden sich Beispiele von Kommunen, welche sich mit der Finanzierung von Infrastruktur-Projekten übernommen haben. Als Folge gibt es neu erstellte Geisterstädte und leere Autobahnen. Wir vermuten, dass die chinesische Regierung diese Schattenbanken eindämmen will und daher einen Liquiditätsengpass am Interbankenmarkt zuliess. Die chinesischen Tagessätze sind nämlich im „CHIBOR“ (China Interbanksatz) am 20. Juni von 5% auf 25% explodiert, nach zwei Tagen aber wieder auf 5% zurückgekommen. Dies schürt Ängste, dass auch in China eine Finanzkrise ausbrechen könnte. Es gibt sicher Exzesse und das Wachstum war nicht überall gesund, aber die chinesische Nationalbank hat genügend Reserven, USD Devisen und Instrumente, um eingreifen zu können. Daher erachten wir die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation in China als gering.
Auf der positiven Seite erholt sich die Konjunktur in den USA und in Europa besteht Hoffnung auf leichte Besserung ab 2014. Zudem sind die Unternehmen gesund und es gab noch keine Warnungen oder Hinweise, dass China einbricht. Daher sind wir eher im Lager der Bullen. Der SMI und beide Pharmawerte haben im Mai mit der Liquiditätshausse (Anlagenotstand) gegen oben übertrieben. Nun wurde Luft abgelassen, was gesund ist. Der Montag könnte an den Börsen die Wende für den Rebound markiert haben, welche nun eine Konsolidierung braucht, um dann die Erholung fortzusetzten. Diese dürfte aber nicht stetig, sondern volatil ausfallen. Wir würden daher gestaffelt Positionen dazukaufen.
Swatch-Titel geraten unter die Räder
Eine Aktie, welche wegen der Angst um China unter die Räder kam ist Swatch. Vor einem Monat noch bei CHF 600, fiel die Inhaberaktie bis auf CHF 485, teils auch wegen schwachen Uhrenexporten im Mai in China. Dies wird aber durch Wachstum in anderen Regionen ausgeglichen (chinesische Touristen kaufen Uhren billiger auf Reisen). Der Wachstumstrend mit steigender Kaufkraft einer Mittelschicht bei begrenztem Angebot von „Swiss Made“ bleibt intakt. Die Bewertung ist bei einem P/E 2013 von unter 16x und einem EV/EBITDA von unter 10x für eine solide Wachstumsaktie günstig und beinhaltet die Angst vor einem Einbruch der chinesischen Konsumenten, was aber nicht unser Szenario ist. Auch meldete der CEO Hayek in der Sonntagspresse einen positiven Ausblick fürs zweite Semester. Wir sehen bei Swatch daher eine klare Zukaufsgelegenheit.
Auch Autoaktien wie BMW und Daimler wurden wegen deren China-Exposure verkauft. Allerdings haben die deutschen Premium-Hersteller angekündigt, die Werke, anders als üblich, über die Sommerferien nicht zurückzufahren, was nicht auf einen Nachfrageeinbruch hindeutet. (IHAG/frp/mc/ps)