Zürich – Die Aktienmärkte standen in der letzten Woche abermals unter Verkaufsdruck. Hauptgrund war die Angst vor einem Austreten Grossbritanniens aus der EU (Brexit). Gemäss Umfragen holten die Befürworter eines Austritts auf. Der S&P500 handelte an vier von fünf Tagen im roten Bereich und verlor über die Woche 1.2%. Der Dax korrigierte 2.1% und der SMI sogar 2.6%. In Japan liess die Notenbank die Zinspolitik unverändert, wodurch sich der Yen stark verteuerte. Entsprechend brach der Nikkei innert Wochenfrist um 6% ein.
Bei den Währungen stand ganz klar die Flucht in sichere Häfen im Vordergrund. Somit blieb der Schweizer Franken gesucht. Der EUR/CHF beendete die Woche bei 1.082, etwa 2.5% unter dem Stand vor zwei Wochen. Der EUR/USD bewegte sich volatil seitwärts und steht bei 1.12. Ein USD kostete per Wochenschluss genau 96 Rappen. Das Pfund bewegt sich mit den Umfragewerten um die Brexit-Abstimmung. Gegenüber dem CHF verlor das Pfund in der letzten Woche 0.39% und steht bei 1.37, fast 7% weniger als zu Jahresbeginn.
Keine Risiken eingehen
Die Investoren wollen vor der Brexit-Abstimmung am 23. Juni keine Risiken eingehen, was die Kurse der Staatsanleihen in ungeahnte Höhen treibt. So fielen die Renditen für zehnjährige Deutsche Staatsanleihen erstmals ins Minus.
Auch der Ölpreis litt unter den Brexit-Ängsten und erreichte am Donnerstag einen Preis von USD 47/bbl, nach den in der Vorwoche erreichten Jahreshöchst von USD 52.5/bbl. Am Freitag setzte jedoch ein Rebound ein. Wir denken, dass der Weg ab jetzt steiniger wird und rechnen mit einer Konsolidierung des Ölpreises. Ähnlich wie die Staatsanleihen profitierte das Gold von der unsicheren Lage und erreichte einen Wochengewinn von 1.1%. Der Goldpreis hat damit die Mai-Korrektur ausgebügelt und handelt mit etwa USD 1‘300 auf neuen Jahreshöchstständen.
Knapper Sieg der Brexit-Gegner erwartet
Diese Woche steht der Ausgang der Brexit-Abstimmung vom Donnerstag im Fokus. Viel wurde bereits darüber geschrieben. Wirtschaftliche Argumente (Zugang zum EU-Binnenmarkt inkl. Dienstleistungen) stehen staatspolitischen Interessen wie Kontrolle der Immigration (Souveränität) gegenüber. Wir gehen von einem knappen Sieg der Gegner aus, d.h. dass Grossbritannien in der EU verbleibt. Die neuerliche CHF-Stärke, die tieferen Zinsen bei Staatsanleihen und nicht zuletzt das schwächere Pfund zeigen, dass viele Marktteilnehmer sich bereits für den Brexit positioniert haben. Entsprechend ist bei einem Nein mit einem starken Rebound bei den risikoreicheren Assets zu rechnen. Weiter dürfte das Pfund wieder an Wert gewonnen, wobei der Umfang von der Höhe des Nein-Anteils abhängt. Ist der Ausgang knapp dürfte sich die Gegenbewegung in Grenzen halten, weil die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass der Brexit mittelfristig wieder zum Thema wird.
Bei einem Ja erwarten wir an den Aktienmärkten nochmals eine Abgabewelle von 2% bis 3% als erste Reaktion auf den Entscheid. Nach dem Sell-Off dürften sich die Kurse allerdings wieder erholen, weil der Brexit kein Weltuntergang bedeutet. Zudem kann damit gerechnet werden, dass die Notenbanken zusätzliche Liquidität ins System einschiessen werden. Das Pfund dürfte allerdings schwach bleiben, was im Gegenzug gut für die grossen Britischen Firmen ist. Auf der anderen Seite würden inlandorientierte Unternehmen leiden.
Ausgang der Abstimmung abwarten
Wir raten den Investoren im aktuellen Umfeld nichts zu machen und den Ausgang der Abstimmung abzuwarten. Die Kursbewegungen sind in diesen Tagen sehr erratisch, was es schwierig macht diese gewinnbringend zu nutzen. Spekulative Börsianer können versuchen sich für ein Nein (Remain) zu positionieren. Es empfiehlt sich erst kurz vor der Abstimmung zu kaufen. Wir würden auf Aktien setzen, die stark korrigiert haben, wie z.B. Autoaktien (Continental, BMW, Daimler und Peugeot). Daneben orten wir ein starkes Reboundpotential in Finanzaktien. (IHAG/wum/mc/ps)