IHAG Kommentar: Flucht in sichere Häfen
Zürich – Die Börsenkurse gaben weiter nach und die Abwärtsspirale nahm am Freitag nochmals Fahrt auf. Der S&P 500 verlor über die Woche 3.0% und der SMI 1.5%, der Euro Stoxx 50 allerdings bereits 4.3%. Die Börse wird von Unsicherheit und der unwägbaren Politik belastet.
Die Angst vor einer weiteren Verschärfung der Euro-Schuldenkrise hat die Anleger in sichere Häfen flüchten lassen. Die Referenzzinssätze sanken in der Schweiz, USA und Deutschland auf Rekordtiefstwerte. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen fiel in den USA auf 1.47%, in Deutschland auf 1.19% und in der Schweiz auf 0.41%. Die Rendite der zehn-jährigen spanischen Bonos stieg dagegen über 6.5%. Die Märkte misstrauen den Beteuerungen der Regierung aus Madrid, dass Spanien die Krise alleine stemmen könne. Erinnerungen an Irland und Portugal mit früher ähnlichen Aussagen werden wach.
SNB verteidigt Frankenkurs
Enttäuschende Anleihensauktion trieben auch die Zinsen in Italien nach oben. Italien konnte weniger als die erwarteten EUR 6.25 Mrd. aufnehmen und musste für die neuen, zehnjährigen Staatspapiere 6.03% Zins zahlen gegenüber 5.84% vor einem Monat. Die Flucht aus dem Euro stärkte den USD, welcher gegenüber dem CHF weiter Richtung Parität auf 0.97 stieg, respektive es musste für einen Euro nur noch USD 1.24 bezahlt werden. Die SNB konnte den EUR/CHF bei 1.201 verteidigen. Der Goldpreis bewegte sich über die Woche lange seitwärts, stieg aber am Freitag auf USD 1611 die Unze. Der Ölpreis kam nochmals unter Druck und der Futurekontrakt sank 7% auf USD 98 pro Barrel Brent. Ein schlechter als erwarteter Einkaufsmanager Index in China dürfte die Erwartungen verstärkt haben, dass sich die Nachfrage nach Öl abschwächen könnte.
Mai wurde seinem Ruf gerecht
Der Mai wurde seinem negativen Ruf gerecht. Der SMI verlor im Mai 4%, der S&P 500 schon 6.7%, der DAX 7.4% und der Euro Stoxx 50 gar 8.1%. Tiefer gefallen sind die Indices mit 11.8% in Mailand und mit 13.1% in Madrid, aber auch in Asien glitt der Hang Seng Index 11.7% zurück. Hiobsbotschaften aus Spanien belasteten die Finanzmärkte. Nicht nur braucht der aus maroden Sparkassen geschaffene Koloss Bankia viel mehr Geld, als zuerst geglaubt wurde, sondern auch die wichtige Provinz Katalonien bat Madrid um Finanzhilfe. Immerhin erhielt Spanien Unterstützung von der EU-Kommission, welche dem rezessionsgeplagten Land unter gewissen Bedingungen ein Jahr mehr Zeit zum Abbau des Staatsdefizits auf 3% des BIP zubilligen will. Dieser Defizit-Aufschub würde der Regierung in Madrid mehr Spielraum beim Sparen verschaffen. Dies könnte von den Finanzministern der EU-Mitglieder wohl akzeptiert werden. Der Vorschlag von Kommissionspräsident Barroso, gewisse Banken direkt aus dem ESM zu rekapitalisieren, dürfte allerdings kaum Zustimmung finden.
Erhoffter Rebound blieb aus
Die Angst vor einer weiteren Verschärfung der Euro-Schuldenkrise mit einer Eskalation im südeuropäischen Bankensystem nimmt zu. Aber auch diverse Vorlaufindikatoren sinken, der Wirtschaftsmotor scheint zu stottern. Aus China kamen auch keine positiven Signale, das Wachstum schwächt sich gemäss PMI-Index weiter ab. Die relativ robuste Wirtschaftslage in den USA erhielt mit den schwachen Arbeitsmarktdaten am Freitag zudem einen Dämpfer. Die Unsicherheit steigt und ist Gift für die Börse. Viele vermeintlich billige Aktienkurse gaben nochmals nach und der erhoffte Rebound blieb aus. Zuviel Geld fliesst aus Aktien in sichere Häfen.
Relativ gut sieht es auf Titelebene noch bei Syngenta aus. Das Umfeld bei den Agrarpreisen ist positiv, was auch die soliden Quartalszahlen des Konkurrenten Monsanto letzte Woche mit erhöhter Guidance für 2012 zeigten. Mittelfristig sind wir fundamental sehr positiv für diese konjunkturunabhängige Aktie. Wir würden aber einen Stopp bei CHF 297 setzen, weil bei Verlust der 300er-Marke CHF 280 droht. Tradingorientierte Investoren können versuchen, den Kursrutsch bei Swatch zu nutzen, wo nach dem fast 5% Verlust am Freitag bei CHF 348 ein Support nahe kommt. Generell scheint uns ein Einstieg in den Aktienmarkt trotz interessanter Bewertung und eher überverkaufter Stimmung noch nicht gegeben, da ein Auslöser für den Rebound fehlt. Dieser müsste aus der politischen Ecke kommen und beruhigend wirken. (IHAG/mc/hfu)