IHAG-Kommentar: Risk off – Zunehmender Verkaufsdruck wegen Unsicherheit um China
Zürich – Auch nach den heftigen Verlusten der Vorwoche hielt die Nervosität um die Konjunktur in China an. Der DAX und der STOXX 50 sanken jeden Tag und der Verkaufsdruck nahm zu. Der SMI und S&P 500 hielten noch zu Beginn der Woche, aber auch hier mehrten sich ab Donnerstag die Verkäufe. Der S&P 500 verlor über die Woche 5.8%. Dies ist der grösste Wochenverlust seit 4 Jahren. Der Euro Stoxx 50 ging 6.7% in die Knie, der DAX 7.8% und der SMI 5.9%. Unter den Einzelwerten kam zu es heftigen Korrekturen: Die Rohstoffwerte Glencore, BHP Billiton und Royal Dutch verloren über 8%, aber auch BASF, Daimler, Deutsche Bank und LVMH lagen in ähnlichem Fahrwasser.
Das Fed-Protokoll vom Mittwoch blieb vage und ergab keine klaren Signale zum Zeitpunkt der erwarteten Zinswende. Der Arbeitsmarkt und die Wirtschaft laufen gut, aber die Inflation ist (nicht zuletzt wegen der tiefen Rohstoffpreise) klar unter 2%. Zusammen mit der Flucht in sichere Anleihen gaben die Renditen überall nach. Zehnjährige Staatsanleihen sanken in den USA von 2.20% auf 2.05% und in Deutschland 10 Basispunkte auf 0.56%. In der Schweiz sanken die Zinsen moderate 2 Basispunkte auf
-0.18%.
Der Markt erwartete stärkere Zinserhöhungsimpulse von der FED. Dies wurde nicht erfüllt und der USD schwächte sich markant ab. EUR/USD kletterte von 1.11 auf 1.13 und USD/CHF sank von 0.975 auf 0.946. Der EUR/CHF gab leicht von 1.085 auf 1.08 nach.
Goldpreis steigt
Gold wurde seinem angekratzten Ruf als sicherer Hafen wieder einmal gerecht. Der Goldpreis avancierte klar über die Resistance bei USD 1125 und schloss bei USD 1158 die Unze, was einem Wochengewinn von fast 4% entspricht. Der Ölpreis sank weitere 7% auf USD 45.4 pro Barrel Brent. Gemäss einem Monatsbericht förderte die OPEC so viel Öl wie noch nie in den letzten drei Jahren und auch in den USA kletterte die Förderung über ein Jahr um fast 9%.
Die Nachrichten zu Griechenland waren gemischt. Das deutsche Parlament hat dem Hilfspaket für Griechenland zugestimmt, was positiv aufgenommen werden sollte. Dagegen erzwang der amtierende Ministerpräsident Tsipras in Griechenland Neuwahlen, welche am 20. September stattfinden. Tsipras hat seine Wahlversprechen nicht eingelöst und rund ein Drittel seiner Fraktion verweigert ihm die Gefolgschaft. Laut Umfragen geniesst Tsipras aber unter der Bevölkerung als Kämpfer für Griechenland weiterhin grosse Beliebtheit. Die Chancen stehen gut, dass er gestärkt aus den Wahlen hervorgeht und danach gewisse Posten in der Regierung umbesetzen kann. Dies erhöht die Unsicherheit, aber nach den Wahlen könnte es stabilisierend wirken. Ein Lichtblick war am Freitag der besser als erwartet ausgefallenen deutsche Einkaufsmanagerindex.
Der DAX hat bis heute morgen in zwei Wochen nun bereits 16% verloren, der SMI 10% und der S&P 500 erst 7%. Letztere hätte somit noch weiteres Korrekturpotential, welches auch die Börsen in Europa belasten würde.
Markt in Überreaktion
Die grosse Frage an den Börsen dreht sich um China und das FED. Löst eine allfällige harte Landung in China oder der Zinsanstieg in den USA einen globalen Abschwung und damit eine grosse Korrektur an den Börsen aus? Wir denken nicht und sehen den Markt in einer Überreaktion, welche durch diverse negative Daten (wie schwacher PMI in China von nur 47.1 oder sinkender Leading Index in den USA) verstärkt wurde. Charttechnisch sind an den Börsen diverse Unterstützungslinien gefallen und lösten weiteren Verkaufsdruck aus.
Bisher kam es nach solchen Ausverkaufstagen meist zu einer Gegenbewegung. Auf diese lauern viele Investoren, die Frage ist nur, von welchem Punkt aus diese erfolgt. Möglich, dass sich für Mutige bereits heute Kaufgelegenheiten ergeben. Der vorsichtigere Investor sollte noch etwas zuwarten und erst nach einer Stabilisierung mit positiven Handelstag bei hohen Volumen aufstocken. Auf der Einkaufsliste stehen die Indexschwergewichte Nestlé, Roche und Bayer. Der mutigere Trader kann auf einen Rebound bei Konsumwerten wie Richemont, Swatch oder auch bei LafargeHolcim setzen, welche einen grossen Absturz hinter sich haben. (IHAG/frp/mc/ps