Zürich – Der US-Kongress konnte sich widererwarten nicht in letzter Sekunde auf einen Haushaltskompromiss einigen. Die Aktienkurse reagierten allerdings besonnen. Nach Verlusten am Montag kletterten die Börsen am Dienstag und der NASDAQ sowie der Russel 2000 Index stiegen sogar kurz auf Rekordwerte. Die näher rückende Schuldenobergrenze dämpfte allerdings zunehmend und der Dow Jones sowie der S&P 500 sanken unter wichtige Supportlinien. Am Freitag kam dann wieder Hoffnung auf, dass bald ein Kompromiss gefunden würde, welche aber übers Wochenende enttäuscht wurde.
Der S&P 500 verlor über die Woche nur 0.1%, der Euro Stoxx 50 0.9% und der SMI 1.4%. Hier belastete die Gewinnwarnung von Unilever wegen etwas schwächerem Wachstum in den Schwellenländern Nestlé. Aber auch Roche und Novartis geben etwas nach, wohl wegen dem sinkenden Dollar.
Bei den Renditen für zehnjährige Staatsanleihen kam es nach der Korrektur der Vorwoche beidseits des Atlantiks zu einer Konsolidierung, zumal auch die EZB die Zinsen am Mittwoch unverändert beliess und den expansiven Kurs aufrecht hält.
Euro gestärkt
Gute Daten aus der Eurozone (passable Einkaufsmanager-Indices und steigende Einzelhandelsumsätze) sowie die gewonnene Vertrauensabstimmung der Regierung in Italien stärkten den Euro. Gleichzeitig ging der Greenback auf Talfahrt, weil ein Ende der republikanischen Blockade des US-Haushalts nicht in Sicht ist. Der EUR/USD stieg bis auf 1.36. Die Unsicherheit half dem CHF und der USD/CHF sank bis auf den Support bei 0.90. Der EUR/CHF nistete sich in einem tieferen Seitwärtsband zwischen 1.2220 und 1.23 ein. Bei Gold kam es am Dienstag ohne ersichtlichen Grund zu einem Einbruch von 3% auf unter USD 1300er Marke die Unze, welche aber am Dienstag wieder zurückerobert werden konnte. Eigentlich sollte die gestiegene Unsicherheit Gold als sicherem Hafen helfen. Am Freitag-Fixing schloss die Unze Gold dann bei USD 1311. Der Ölpreis bewegte sich seitwärts, da es kaum News aus den arabischen Ländern gab. Das Fass Rohöl der Sorte Brent schloss bei USD 109 praktisch unverändert.
Die europäischen Aktienindices konnten sich bisher besser halten als die amerikanischen. Der taktische Sieg von Ministerpräsident Letta in Italien hat eine Unsicherheit beseitigt oder Italien und dem Euro zumindest Zeit verschafft. Der Anstieg der Einkaufsmanagerindizes europäischer Länder erfuhr eine Konsolidierung, sanken sie doch überall ein paar Basispunkte, lagen aber immer noch über der 50er Marke. Somit bleibt die Erholung im Gange. Weiter geht die portugiesische Regierung neu davon aus, dass das BIP nur noch 1.8% statt 2.3% im laufenden Jahr sinkt und 2014 wieder ein Wachstum von 0.8% möglich sei. Ein positives Signal kam auch vom Non-Manufacturing PMI in China, welcher auf ein Sechsmonatshoch von 55.4 kletterte.
Alle Blicke nach Washington
Alle Augen sind allerdings auf Washington gerichtet. Da sich Republikaner und Demokraten im US-Kongress bislang nicht auf einen Übergangshaushalt einigen konnten, wurden Hunderttausende Staatsbedienstete im sogenannten Shutdown in unbezahlten Zwangsurlaub geschickt. Museen und Parks sind geschlossen, aber auch die für Freitag terminierten Arbeitsmarktdaten können z.B. nicht geliefert werden, da Mitarbeiter des Statistischen Amtes freigestellt sind. Die Vergangenheit zeigte, dass irgendwann doch ein Kompromiss gefunden wurde und die Börsen sich danach positive entwickelten. Dies beruhigt aber nur vorübergehend, denn eine wochenlange Hängepartie verunsichert Konsumenten und Unternehmer, die Aktienkurse bröckeln ab. Als noch wichtiger gilt allerdings die Debatte über die Schuldenobergrenze von derzeit USD 16.7 Billionen. Schaffen die Politiker hier keinen Deal, droht der Regierung der weltgrößten Volkswirtschaft nach Worten von US-Finanzminister Jack Lew ab dem 17. Oktober die Zahlungsunfähigkeit, sprich sie kann ihre Ausgabeverpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen und nicht mehr alle Schulden bedienen. Dies könnte zu grösseren Verwerfungen führen und wäre verheerend, was die Konfliktparteien aber wohl kaum riskieren werden. Die Wahrscheinlichkeit eines technischen Defaults der USA wäre ein Novum und wird als gering eingeschätzt.
Die Unsicherheiten lähmen und die Investoren halten sich zurück, was in den USA bereits seit Mitte September zu abbröckelnden Kursen führte. Der S&P 500 sowie der Dow Jones befinden sich auf einem charttechnisch kritischen Niveau. Falls diese nicht halten, werden wohl die Werte von Ende August getestet, welche etwas 3% tiefer liegen. Allerdings ist auch bereits viel Negatives in den Kursen drin und ein Budgetkompromiss würde wohl einen befreienden Kursanstieg auslösen.
Aktienzukäufe: Quartalszahlen abwarten
In der nun beginnenden Reporting-Season (wird morgen mit Alcan eröffnet) werden einzelne Aktien mit Volatilität reagieren. Wir würden Zukäufe daher erst nach Publikation der Quartalszahlen und positivem Unternehmensausblick tätigen. Die Abschwächung in den Schwellenländern gekoppelt mit tieferen Währungen dürften Spuren in den Abschlüssen hinterlassen. Bei Unternehmen, bei welchen dies als vorübergehend interpretiert wird und auf zurückgenommenem Niveau ein weiteres Wachstum erwartet wird, ergeben sich dann Kaufs-Chancen.
Eine Aktie, welche bereits vor negativen Währungseffekten im 3. Quartal gewarnt hat, und von da her kaum mehr ein Rückschlagsrisiko birgt, ist Adidas. Die Börse hat kurz negativ reagiert, aber seither hat sich der Aktienkurs gefangen und beginnt bereits wieder zu steigen. Die mittelfristigen Wachstumsaussichten bleiben nämlich intakt und damit eröffnet sich eine gute Zukaufsmöglichkeit. (IHAG/frp/mc/ps)