IHAG-Kommentar: Warten auf Mr. Draghi brachte keine Signale
Zürich – Die Börsen warteten auf die Rede von EZB-Boss Draghi am Donnerstag. Dieser gab jedoch keine Hinweise auf das weitere Agieren und verwies auf den Herbst. Die stetige Erstarkung des EUR bremst die Aktienkurse in Europa, im Gegenzug notieren die Indices in den USA bei Rekordwerten und stützen damit den Rest der Welt. Der S&P 500 konnte über die Woche nochmals 0.5% zulegen und die alte Rekordmarke anheben. Dagegen sank Europa. Der breite STOXX 600 gab 1.9% nach und der DAX gar 3.1%, wo Bankaktien noch mehr verloren. Der SMI sank 1.1%, wobei Novartis beim Halbjahresabschluss mit der mittelfristig optimistischen Guidance eher Käufer anlockte.
Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sanken in den USA weitere Basispunkte auf 2.23%. In Deutschland setzte die Rendite im Bund vom Höchst bei 0.60% vom Donnerstag der Vorwoche zu einer Korrektur um 10 Basispunkte auf 0.50% an und in der Schweiz konsolidierte der Zins bei der Null-Linie.
Taubenhafter Draghi
Nach dem starken Lauf des EUR aufgrund der Rede von Mr. Draghi zuvor im portugiesischen Sintra erwarteten die nervösen Devisenhändler eine korrigierende taubenhafte Rede. Mario Draghi gab aber keine weiteren Andeutungen, wann die Wende zu höheren Zinsen eingeleitet werde. Er will flexibel bleiben und situationsabhängig reagieren. Der EZB-Rat werde sich im Herbst mit der Frage des Ausstiegs aus dem Anleihe-Kaufprogramm beschäftigen. Damit mussten sich wohl Shorts nochmals eindecken, jedenfalls zog der EUR/USD weiter bis auf 1.1660, was einem Wochengewinn von 1.8% entspricht. Charttechnisch läuft der Kurs bei 1.1736 gegen einen mehrjährigen charttechnischen Widerstand. Daher ist es gut möglich, dass der EUR kurzfristig überkauft ist und bald eine leichte Abschwächung eingeleitet wird. Im Gegenzug sank der handelsgewichtete USD-Index (USDX) auf einen langjährigen Support. Der USD/CHF notiert noch bei 94.5 Rappen, rund 7% unter dem Niveau vom Jahresbeginn. Der EUR/CHF kletterte leicht auf 1.1060, dem Jahreshöchst.
Der schwache USD verhalf dem Goldpreis zu weiteren Avancen auf USD 1252 pro Unze, einem Wochengewinn von 2%. Ähnlich beim Ölpreis, wo ein leichter Anstieg auf USD 49 pro Fass Brent verzeichnet wurde, wobei in den letzten Stunden eine Korrektur auf USD 48 im Gange ist.
Die Volumen an den Aktienbörsen liegen unter den 20 Tage-Durchschnitten, die Akteure agieren zurückhaltend. In Europa belastet zunehmend der starke EUR und diverse Indices sind auf kritische Niveaus gesunken, wogegen die Indices in den USA stabilisierend wirken und eher nach oben drücken.
Gemischte Reaktionen auf bisherige Berichtsaison
Bei den bisherigen Halbjahresabschlüssen gab es gemischte Reaktionen, mit meist positiven Ausblicken der CEOs auf mittelfristiges Wachstum. Bei der als zyklisch geltenden ABB hat sich die Börse im Vorfeld mehr Schwung erhofft, obwohl der CEO mehrmals auf ein Übergangsjahr hinwies. Der Kurs korrigierte mit dem verhaltenen Semester über 5%. Andererseits überraschte die konservativ guidende Georg Fischer in allen 3 Divisionen mit anziehendem Momentum, was den Kurs kurz 13% hochkatapultierte. Wir würden hier investiert bleiben, da die Aktie im Vorfeld relativ günstig bewertet war und diese Avance dies etwas ausgleicht, gleichzeitig aber auch die bisher verhaltene EPS-Wachstumserwartung von +5% auf nun über 10%angehoben wurde.
Generell sind Kaufempfehlungen vor den Halbjahreszahlen trickreich. Wie bei ABB kommt es bei zu hohen Erwartungen bei Nichterfüllung zu Gewinnmitnahmen. Brutal war z.B. der Kurseinbruch bei Panalpina (-10%, nicht auf der Aktienliste), wogegen der Branchenleader Kühne+Nagel nach einem passablen Semesterabschluss weiterzog. Nicht allzu hohe Erwartungen orten wir bei den beiden Zementherstellern LafargeHolcim (per 26. Juli) und HeidelbergCement (1. August), was eine Chance ergeben könnte. Beide Titel bewegen sich charttechnisch in einem Seitwärtsband, obwohl Volumen und Preise sich beim Zement generell positiv entwickeln. Der tradingorientierte Investor kann hier eine Position kaufen, aber gleichzeitig mit Stopp-Loss Limiten arbeiten. (IHAG/frp/mc/ps)