IHAG-Kommentar: Weitere Stabilisierung im europäischen Finanzsystem beruhigt
Zürich – Die Börsen drückten letzte Woche weiter nach oben. Der Dow Jones Index stieg auf ein Rekordniveau, der S&P 500 steht kurz davor und der DAX kletterte über 8000 Punkte. Der S&P 500 sowie der Europe Stoxx 50 legten über die Woche 0.6% zu. Der SMI stieg sogar 1.5%, dank Nestlé (+2%) und Roche (+2%), welche den Dividendenabgang aufholte. Damit befindet sich der SMI auf einem Mehrjahreshoch.
Nach dem Zinsanstieg in der Vorwoche, bewegten sich die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen in den USA und Deutschland seitwärts. In der Schweiz ergab sich ein leichter Anstieg von ein paar Basispunkten und bei 0.8% dürfte nun eine starke Resistance sein. Eine mehrwöchige Schwächephase brachte den EUR/USD am Donnerstag unter die kritische Marke von 1.30, worauf dann aber eine Gegenbewegung einsetzte. Umgekehrt das CHF/USD Paar, wo 0.95 kurz übertroffen werden konnte, dann aber am Freitag Druck bis auf 0.94 entstand. Der EUR/CHF beendete seinen mehrwöchigen Anstieg kurz vor 1.24 und fiel am Freitag unter 1.23 zurück.
Der Goldpreis bewegte sich in einem engen Band um USD 1580 seitwärts. Allerdings scheint es nun, dass ein erneuter Angriff auf die psychologisch wichtige Marke bei USD 1600 gestartet wird. Der Ölpreis setzte den Abwärtstrend fort bis auf USD 108 pro Barrel Brent, wo dann eine Gegenbewegung einsetzte und das Barrel bei USD 109 die Woche beendete.
EU-Gipfel ohne Impulse
Der EU-Gipfel zu Beginn der Woche brachte keine neuen Impulse. Man will die Beschäftigung und das Wachstum fördern, ohne konkreter geworden zu sein. Im Monatsreport der EZB rechnet die Notenbank nach wie vor mit einer konjunkturellen Erholung im späteren Jahresverlauf. Positiv war die Publikation der Ausleihungen der EZB an spanische Banken, welche im Februar um 9% auf EUR 272 Mrd. abnahmen und im Vergleich zum September EUR 100 Mrd. tiefer sind. Irland platzierte zum ersten Mal seit dem Platzen der Immobilienkrise 2008 zehnjährige Bonds bei einer Rendite von nur 4.15%, was unter dem Niveau von Italien (4.6%) oder Spanien (4.9%) liegt. Umgekehrt hatte Italien letzte Woche Mühe mit der Platzierung neuer Anleihen. Insgesamt sind dies Fakten, welche auf eine weitere Stabilisierung im europäischen Finanzsystem hindeuten und im Fall von Irland ist eine Besserung sichtbar. Damit besteht Hoffnung, dass auch die anderen Staaten mit Problemen sich mittelfristig verbessern können.
Börsen bis Freitag auf Rekordjagd
Die Börsen waren bis am Freitag auf Rekordjagd. Mit der Stabilisierung und dem Renditenotstand konnten die Aktien eine weitere Woche zulegen. Eine Umschichtung aus Bonds dürfte nicht der Grund sein. Vielmehr werden Wiederanlagen (auch aus erhaltener Dividende) in solide, wenn auch teure Werte getätigt. In den USA kletterten die Aktien-Indices jeden Tag weiter und der Dow Jones markierte am Donnerstag ein All-time High, der S&P 500 ist noch 20 Punkte davor und der DAX kletterte über die Marke von 8000. Der SPI ist noch 6.5% unter dem Rekordwert, hat allerdings dieses Jahr bereits über 15% zugelegt.
Zypern-Rettung sorgt für Turbulenzen
Für Turbulenzen sorgt nun die Rettung von Zypern, denn mit einem Schlag steigt die Verunsicherung wieder. In der Nacht auf Samstag einigten sich Finanzminister der Eurozone auf ein Rettungspaket für Zypern. Neu und unkonventionell, aber „einmalig“ sollen alle Sparer (6.75% für Einlagen unter EUR 100‘000, 9.9% für höhere Einlagen) bei zypriotischen Banken eine „Rettungssteuer“ für Zypern bezahlen. Dieses Paket soll die EU somit nur EUR 10 Mrd. statt bisher geschätzten EUR 17 Mrd. kosten, weil über EUR 5 Mrd. von den Einlegern zur Sanierung des Inselstaates beigetragen werden. In ersten Kommentaren gehen die Wogen hoch, weil somit die bisher gesicherte Einlagen bis EUR 100‘000 doch nicht mehr gesichert seien. Die Zwangsabgabe der Bankkunden wird als gefährlicher Präzedenzfall angesehen und könnte für Unruhe in den anderen Krisenländern sorgen. Es wird befürchtet, dass nun wieder Kapital von italienischen, spanischen und portugiesischen Banken abgezogen wird.
Wogen dürften sich wieder beruhigen
Wie geht es nun weiter? Viele Investoren haben an der guten Kursentwicklung nicht voll teilgenommen und möchten gerne nach einem Rückschlag einsteigen. Die P/E-Expansion ist bei den soliden Aktien mit hoher Dividendenrendite im Gange, aber eine generell überteuerte Bewertung ist relativ zu den tiefen Zinsen und dem weiteren Gewinnwachstum nicht ersichtlich. Eine Konsolidierung wurde erwartet und mit Zypern springt die Volatilität nun an. Kurzfristig dürften die Bankaktien in der europäischen Peripherie unter Druck sein. Dennoch sollte es nicht allzu dramatisch werden, da die EZB bereit steht und das Finanzsystem bisher gesundete. Die Wogen dürften sich wieder beruhigen, denn es erscheint wenig wahrscheinlich, dass die Zypern-Lösung auch andernorts zur Anwendung gelangt. Immerhin wird das Inselproblem nun angegangen. Eine allzu grosse Rückschlagsgefahr sehen wir deshalb nicht. Wir würden die Konsolidierung beobachten und solide Aktien bei tieferen Kursen zukaufen.
Aryzta im Fokus
Bei einzelnen Werten wie Lindt & Sprüngli (Absetzung von der Aktienliste) sehen wir allerdings nun eine zu hohe Bewertung, weshalb wir in günstigere Titel mir ebenfalls gutem Wachstumspotential umschichten würden. Gut gefällt uns da Aryzta, welche zwar wegen Integration der Akquisitionen und Restrukturierungen a.o. Kosten hat, aber darum bereinigt günstig bewertet ist und mittelfristig gutes Kurspotential offen lässt. (IHAG/frp/mc/ps)