IHAG Quartalsbericht: Auf der neuen Seidenstrasse von Griechenland nach China
Zürich – Im Juli feierten die Aktienmärkte in der Schweiz und in Europa das vorläufige Ende der griechischen Kapriolen, die die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich gezogen hatten. Währenddessen leiteten bereits Mitte Juni getätigte Verkäufe eine Schubumkehr im Stratosphärenflug der chinesischen Börsen ein. Vor allem die Abwertung des Yuan durch die People‘s Bank of China im August schürte Ängste, dass die Konjunktur Chinas in weit schlechterer Verfassung sein könnte, als dies durch die ohnehin schwächelnden und unter Manipulationsverdacht stehenden Wirtschaftszahlen suggeriert wird.
Die nachlassende Nachfrage Chinas trifft Europa, aber auch lateinamerikanische Volkswirtschaften, deren Haupteinnahmequelle – unter ständigem Preisdruck stehende Rohstoffe – immer weniger sprudelt. Seit Beginn der quantitativen Lockerungen war das ein positives Umfeld für Aktien, denn Zentralbanken spritzten sie gemäss der bisherigen Usanz einfach fit. Am 17. September wurde das Federal Reserve Opfer seines eigenen Erfolgs – es musste den Finanzmarkt von dieser «Medikation» entwöhnen und auf eine Zinserhöhung in den USA vorbereiten. Letztere blieb allerdings aus – Fed-Chefin Janet Yellen verwies auf Ereignisse in den Schwellenländern und auf die Gefahr von importierter Deflation – und unterminierte die Rückkehr zu einer normalen Zinsstruktur.
Verunsicherte Aktienmärkte
Die Aktienmärkte waren verunsichert und reagierten gereizt auf die weiterhin akkommodierende Geldpolitik. Sie deuteten den Fed-Entscheid als eingetrübten Konjunkturausblick und beendeten das dritte Quartal mit Verlust. Am besten hielt sich die defensive Schweiz (SMI –3.1%). Deutschland (DAX –11.7%) war das Schlusslicht in Europa (DJ Stoxx 50 –9.4%). Die USA verlor ebenfalls (S&P 500 – 6.9%), und japanische Aktien wurden auf breiter Front verkauft, sobald sich der Yen etwas aufwertete (Nikkei 225 –14.1%). Die Renditen der zehnjährigen Referenzanleihen gaben wieder nach. Am deutlichsten sank sie in Europa, von 1.40% auf 1.07%, während sie sich in den USA um 27 Basispunkte auf 2.06% reduzierte. In der Schweiz fiel sie um 22 Basispunkte und notiert mit –0.12% wieder negativ. Interventionen der SNB und Renditen im Minusbereich vermochten den CHF wieder etwas abzuwerten: gegenüber dem EUR auf 1.09, gegen- über dem USD auf 0.97. Der EUR/ USD-Kurs tendierte mit 1.11 seitwärts.
Schweizer Unternehmen parieren Frankenschock flexibler als erwartet
Die Schweizer Unternehmen konnten den Frankenschock flexibler parieren als erwartet. Der Auftragsbestand wächst, und die Konjunkturforschungsstelle KOF erhöhte ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr von 0.4% auf 0.9%. Die Konjunktur in Europa – obwohl weit entfernt von der Normalität – verbessert sich, und in den USA werden solide Wachstumsraten zwischen 2.4% und 2.7% erwartet. In beiden Wirtschaftsräumen sinkt die Arbeitslosigkeit, und es wird konsumiert: In Europa ziehen die Verkäufe von Automobilen wieder an, in den USA jene von Häusern. Erstmals seit 2011 werden in Europa zudem wieder mehr Kredite vergeben. Andererseits halten sich Firmen aufgrund der Rohstoffbaisse mit Investitionen zurück. Die wirtschaftliche Ansteckungsgefahr aus den Schwellenländern ist nicht von der Hand zu weisen. Mit einer Exportquote von lediglich 12% gilt die USA zwar als geschlossene Volkswirtschaft, jedoch erzielen Dow-Jones-Firmen 45% des Umsatzes im Ausland.
Schätzt die Börse China zu negativ ein?
Über den Sommer waren die Daten aus China besonders schlecht. Aber die dort nachlassende Wachstumsdynamik verläuft wellenförmig. Überdies beeinflusst nicht die chinesische Börse den Wohlstand der grossen Masse, sondern der sich erholende Immobilienmarkt. Die vor einem Jahr begonnenen Zinssenkungen der PBoC müssten nun eigentlich in der Wirtschaft ankommen. Gut möglich also, dass die Börse China zu negativ einschätzt und es während der nächsten Monate zu einer Erholung kommen wird, zumal die Kauflaune so schlecht wie schon lange nicht mehr ist und sich schnell wieder bessern könnte. Indes dürften in den USA bereits rückläufige Gewinne in den Aktienkursen eskomptiert sein. Etliche Firmen sind so günstig bewertet, dass deren Aktien kaum mehr fallen können. Im Zins- und Währungsgefüge rechnen wir mit keinen grossen Veränderungen. Allerdings ist eine weitere Abwertung des EUR durch die EZB nicht auszuschliessen. In unserer Vermögensallokation haben wir Aktien deshalb übergewichtet. (IHAG/mc/ps)