IHAG Quartalsbericht: Zentralbanken bieten nervösen Börsen die Stirn
Zürich – So hatten sich die Anleger den Jahresauftakt nicht vorgestellt. Es gab schlechte Nachrichten aus China, der Yuan wertete erneut ab. Konjunkturdaten zeichneten ein moderateres Bild von den USA. Nebst der schwächelnden Industrie kam der dominante Dienstleistungssektor, gemessen am Einkaufsmanager-Index, zunehmend unter Druck. Ausserdem expandierte die US-Wirtschaft gemäss den ersten Berechnungen im vierten Quartal 2015 nur noch mit einer annualisierten Rate von 0.7%.
Der Ölpreis kollabierte und notierte zeitweise deutlich unter USD 30 pro Fass. In Europa gerieten Banken mit schlechten Resultaten in den Fokus. Die Furcht vor deren Kreditengagements im Ölsektor und Zahlungsausfällen hat deutlich zugenommen. Weltweit enttäuschten Unternehmensergebnisse mehrheitlich. Globale Rezessionsängste machten sich breit. Es dauerte nicht lange, bis die EZB im März die BIP-Prognose 2016 für die Eurozone von 1.7% auf 1.4% reduzierte, das Anleihenkaufprogramm aufstockte und den Einlagensatz auf –0.4% senkte. Der Internationale Währungsfonds korrigierte seine Erwartung an das weltweite Wachstum nach unten. Das Fed signalisierte daraufhin in diesem Jahr deutlich weniger Leitzinserhöhungen, als vor nicht allzu langer Zeit in Aussicht gestellt. Anstatt des bekannten Januareffekts mit Optimismus und steigenden Aktienkursen, brachen die Börsen rund um den Globus allein in der ersten Handelswoche 6% bis 8% ein. China schockierte mit einem Minus von 14%. Die Verluste weiteten sich bis Mitte Februar deutlich aus. Bankaktien fielen am meisten. Die Gesundheitsbranche liess wegen politischer Debatten über zu hohe Medikamentenpreise Federn. Danach erholten sich die Börsen markant – eine technische Gegenreaktion auf die überverkaufte Situation. Dies geschah parallel zum kräftigen Ölpreisanstieg Richtung USD 40 pro Fass. Seit März pendeln die Märkte seitwärts, trotz eher besser werdenden Wirtschaftsdaten.
Ungewissheit über den weiteren Konjunkturverlauf und Skepsis gegenüber den Zentralbanken belasten. Die geldpolitischen Lockerungen schickten die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen südwärts. Da das Fed zurückruderte, schwächte sich der USD vor allem gegenüber dem EUR von 1.09 auf 1.14 ab. Vom Umfeld im ersten Quartal profitierte die «Versicherungspolice» Gold (+14%).
Nährboden für Turbulenzen bleibt bestehen
Die Finanzmärkte haben sich wieder gefangen, aber der Nährboden für Turbulenzen bleibt bestehen. Die von Peking eingeleiteten Massnahmen könnten kurzfristig für bessere Wirtschaftszahlen sorgen und beruhigen. Allerdings fällt China damit wieder ins alte, nicht nachhaltige Wachstumsmodell zurück.
Abkühlung und Kapitalflucht werden sich früher oder später fortsetzen, die Währungsreserven schmelzen dahin. Der Abwertungsdruck auf den Yuan steigt. Die geldpolitischen Lockerungen der Zentralbanken ändern nicht die Struktur schwacher Volkswirtschaften und Banken, auch in Europa nicht. Allenfalls hebt die Geldschwemme Finanzanlagen auf Preisniveaus, die sich bezogen auf die zugrunde liegenden Fundamentaldaten nicht mehr rechtfertigen lassen. Die Folge sind Bewertungskorrekturen börsenkotierter Firmen, deren Ergebnisse nicht mehr den impliziten Wachstumsprämien standhalten.
Unsichere Aussichten in Europa
Am positivsten sind wir gegenüber den USA eingestellt. Die Gewinne der amerikanischen Unternehmen sollten nicht weiter durch den starken USD belastet werden. Die Wirtschaft läuft zufriedenstellend. Wenn das neuerdings positive Momentum in der Industrie anhält, dürfte der S&P 500 kaum nennenswert korrigieren. In Europa sind die Perspektiven am unsichersten. Politische Risiken wie Immigration und «Brexit» bleiben allgegenwärtig. Der Rückenwind vom schwachen EUR fehlt. Eine Exportdynamik ist kaum mehr vorhanden. Banken bleiben Europas Achillesferse. Dafür sorgt der Privatkonsum für Wachstumsimpulse Insgesamt überwiegen die Risiken. Die verhaltenen globalen Wirtschaftsdaten dürften eine dämpfende Wirkung auf anstehende Unternehmensergebnisse und steigende Aktienkurse haben, weshalb wir Aktien untergewichten. Wir konzentrieren uns auf Unternehmen mit transparenten Geschäftsmodellen, die ihre Gewinne stetig steigern konnten. Zudem halten wir an den gebeutelten Pharmawerten fest. Am generellen Tiefzinsumfeld wird sich indes nichts ändern. Währungsseitig halten wir vor allem das Aufwertungspotenzial des EUR aufgrund der Unsicherheiten in der Eurozone für begrenzt. (IHAG/mc/ps)