(Bild: Natalia Merzlyakova – Fotolia)
Luzern – Im Jahr 2015 ist der Schweizer Crowdfunding-Markt erneut stark gewachsen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg das Volumen der vermittelten Gelder um 73 Prozent auf 27,3 Millionen Franken. Auch für das laufende Jahr erwarten die Studienautoren noch einmal ein markantes Wachstum. Insbesondere Crowdlending für KMU und Real Estate Crowdfunding werden dazu beitragen, ebenso die stetig wachsende Anzahl an Crowdfunding-Plattformen. Das «Crowdfunding Monitoring Schweiz 2016» analysiert erstmals auch Beweggründe von Projektunterstützenden.
Wer auf der Suche nach Geld ist für ein Start-up, eine Jugendkulturinitiative, eine Filmproduktion oder ein Engagement im Umweltschutz, wird immer häufiger auf Crowdfunding-Plattformen fündig. Das zum dritten Mal vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern durchgeführte «Crowdfunding Monitoring Schweiz» zeigt, dass sich diese alternative Form der Geldvermittlung zunehmend durchsetzt und auch im letzten Jahr wieder sehr stark gewachsen ist: Obschon im Vergleich etwa zu den USA oder Grossbritannien das Volumen der vermittelten Geldbeträge nach wie vor klein ist, hat es sich in der Schweiz seit 2011 fast verneunfacht auf 27,3 Millionen Franken im 2015. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein Wachstum von 73 Prozent. Für die Analyse wurden die Daten von 31 in der Schweiz aktiven Plattformen berücksichtigt. Sie werden in vier Kategorien unterteilt (Details siehe Box): Crowdinvesting (Geld gegen Unternehmensbeteiligung), Crowdlending (Geld gegen Zins), Crowdsupporting (Geld gegen Güter/Dienstleistungen) und Crowddonating (keine direkte Gegenleistung).
Neue Angebote und Plattformen als Wachstumsmotoren
Wie schon 2014 ist auch 2015 der Bereich Crowdlending am stärksten gewachsen, nämlich um ganze 127 Prozent. «Dieses starke Wachstum hängt vor allem mit dem Markteintritt von Plattformen zusammen, die nicht nur Privatpersonen, sondern auch KMU ermöglichen, via Crowdfunding an Kredite zu gelangen», erklärt Co-Studienleiter und Finanzprofessor Andreas Dietrich. Im Bereich des Crowdinvesting, der um über die Hälfte zugelegt hat, ist seit 2015 ebenfalls ein neues Angebot entstanden: das sogenannte Real Estate Crowdfunding, bei dem man anteilsmässiger Miteigentümer von Immobilien werden kann. «Sowohl beim KMU-Lending als auch beim Real Estate Crowdfunding fliessen grosse Summen, was sich auf das gesamte Volumen ausgewirkt hat», sagt Dietrich. Crowdsupporting/Crowddonating ist mit 12,3 Millionen Franken an vermittelten Geldern aber nach wie vor die volumenmässig bedeutendste Kategorie. Beachtliche 5,5 bis 6 Millionen Franken entfallen dabei auf die Kultur- und Kreativwirtschaft. Ein entscheidender Grund für das allgemeine Wachstum ist die Anzahl der Plattformen sowie die stärkere Verankerung von Crowdfunding bei der Schweizer Bevölkerung. Waren 2013 erst 14 Plattformen in der Schweiz aktiv, hatte sich diese Zahl per Ende 2014 verdoppelt. Im April 2016 wurden bereits 40 Plattformen gezählt. Insgesamt haben im letzten Jahr über 90‘000 Personen Crowdfunding-Kampagnen finanziell unterstützt. Die Studienautoren schätzen, dass seit Bestehen von Crowdfunding in der Schweiz rund zwei Prozent der Schweizer Bevölkerung diese alternative Form der Geldvermittlung unterstützt haben.
Unterstützende von Kampagnen sind häufig weiblich, eher älter und leben urban
Erstmals führte die Hochschule Luzern auch eine Umfrage unter Projektunterstützenden – sogenannten Backers – durch. Ziel war es, deren Motive und Charakteristiken zu erforschen. Das Forschungsteam wertete die Antworten von über 430 Backers aus. Die Analyse zeigte, dass Frauen häufiger als Männer Projekte mitfinanzieren, dass Backers tendenziell älter als 35 Jahre sind und eher in Städten als auf dem Land leben. Im Bereich von Crowdsupporting/Crowddonating sind die Motive mehrheitlich altruistischer und ideeller Natur. Massgeblichen Einfluss hat weiter die persönliche Bekanntheit mit dem Geldnehmer. Beim Crowdlending und Crowdinvesting stehen finanzielle Motive hingegen klar im Vordergrund.
Markantes Wachstum im Jahr 2016 erwartet
Für das Jahr 2016 erwarten die Studienautoren eine weitere Beschleunigung des Wachstums auf etwa 65 Millionen Franken. «Insbesondere KMU-Lending und Real Estate Crowdfunding werden für höhere Volumen sorgen», sagt Dietrich. «Wir rechnen aber auch im Bereich Crowdsupporting mit weiterem Wachstum, weil der Bekanntheitsgrad in der Schweiz mittlerweile sehr gross ist.»
Das «Crowdfunding Monitoring Schweiz» wird vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern in Kooperation mit Swisscom und mit Unterstützung der Schweizer Crowdfunding Plattformen jährlich durchgeführt. Folgende Plattformen haben die Studie in Form von Daten unterstützt: 100-days, Bee Invested, Cashare, c-crowd, CreditGate24, creditworld, Crowdhouse, Fengarion, Gemeinsam unterwegs, GivenGain, «ibelieveinyou», «icareforyou», International Create Challenge, investiere, Lend, Lions Funding Val Müstair, Masspurse, Miteinander erfolgreich, moBOo.ch, Progettiamo, Projektstarter, Raizers, Sosense, splendit, Startnext, Stoneclub, Swiss Starter, Swisspeers, Wecan.Fund und wemakeit.
Auf www.hslu.ch/crowdfunding kann die aktuelle Studie kostenlos heruntergeladen werden. (HSLU/mc/ps)
Die vier Formen von Crowdfunding
Je nach Gegenleistung, die der Kapitalgeber für seine Investition erhält, werden vier Formen von Crowdfunding unterschieden:
Crowdinvesting: Ein Start-up sammelt auf diese Weise Kapital für die Umsetzung seiner Geschäftsidee. Als Gegenleistung werden die Investoren am Unternehmenserfolg beteiligt. Ebenfalls in diese Kategorie fällt Real Estate Crowdfunding, bei dem Investoren Mitinhaber an Immobilienobjekten werden.
Crowdlending: Bei dieser Form geht es um die Vermittlung von Darlehen an Unternehmen oder Private. Als Gegenleistung erwarten die Darlehensgeber eine risikogerechte Rendite. Die Projekte, die auf diese Weise finanziert werden, sind sehr unterschiedlich: ein Familienauto, Hochzeitsvorbereitungen, eine Zahnspange oder ein KMU.
Crowdsupporting: Diese Kategorie beinhaltet häufig kulturelle und soziale Projekte sowie Vorhaben aus dem Bereich Sport. Der Investor erhält für seinen Beitrag eine einmalige Gegenleistung: Wer z.B. das Album einer Band mitfinanziert, bekommt die CD kostenlos.
Crowddonating: Damit lassen sich vor allem soziale, karitative und kulturelle Projekte (z.B. Orchesterkonzerte, Hilfsprojekte einer Non-Profit-Organisation) finanzieren. Die Unterstützungsbeiträge sind reine Spenden, die nicht an eine Gegenleistung geknüpft sind.