InCore Bank: Staking – eine Chance für Banken?
Ähnlich wie Gold gilt Bitcoin generell als zinsloser Vermögenswert. Zwar kann die Mutter aller Kryptowährungen in Kreditgeschäften gegen Zinseinkünfte verliehen werden – als Blockchain-Netzwerk wirft Bitcoin allerdings keine Zinsen ab. Anders ist das bei den meisten anderen bekannten Projekten. Diese generieren Einkünfte aus sich selbst heraus. Als Halter von Coins kann man diese einem Blockchain-Netzwerk zur Verfügung stellen und erhält im Gegenzug regelmässige Staking-Einkünfte.
von Daniel Blatter, Head Digital Services InCore Bank
Diese Verdienstmöglichkeiten mit digitalen Assets stossen denn auch auf immer grösseres Interesse. Laut einem aktuellen Bericht der Krypto-Börse Kraken liegt der globale Staking-Markt derzeit bei 170 Milliarden US-Dollar und ist damit kein Randphänomen mehr. Die annualisierten Staking-Verdienste liegen bei ungefähr 15 Milliarden. Den grössten Teil machen die Blockchain-Netzwerke Solana, Terra, Ethereum und Cardano aus. Auch auf der Tezos-Blockchain und weiteren werden Staking-Services angeboten. Wie die Analysten von JP Morgan erwarten, sollen diese Gesamtverdienste bis 2025 auf 40 Milliarden US-Dollar anwachsen.
Staking sorgt für Sicherheit
Aus Sicht eines Halters, der dem Netzwerk seine Coins anvertraut, stellt sich die berechtigte Frage: Weshalb existiert Staking und wozu dient es? Um zu verstehen, worum es sich beim Staking genau handelt, muss eine grundlegende Komponente von digitalen Assets verstanden werden. Deren Blockchain-Netzwerke basieren konzeptionell auf dem Prinzip der Dezentralität – es gibt keine zentrale Entität, welche über die korrekte Transaktionshistorie befindet. Um dennoch zu einem allgemeinen Konsens zu gelangen, bedarf es einen Konsensmechanismus, der auf dezentrale Art und Weise sicherstellt, dass Transaktionen in der richtigen Reihenfolge gesichert validiert werden.
Bitcoin verwendet zur Konsensfindung den sogenannten Proof-of-Work-Mechanismus. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer PoW-Blockchain. Der PoW-Mechanismus setzt die Bereitstellung von Rechenleistung durch Miner voraus, welche die Transaktionshistorie kontinuierlich aufrechterhalten, indem sie immer neue Transaktionen in die Blockchain aufnehmen.
Die prominente Alternative dazu ist der Proof-of-Stake-Konsensmechanismus von sogenannten PoS-Blockchains. Wie Kraken im oben genannten Bericht schreibt, machen Letztere Q1 2022 30% der gesamten Marktkapitalisierung von digitalen Assets aus. Um den Konsens dieser Blockchains zu garantieren, wird hier keine stromintensive Rechenleistung genutzt. Vielmehr gilt es Kapital in Form des Blockchain-eigenen Coins aufzuwenden. Diese Coins müssen «gestakt», das heisst, dem Netzwerk zur Verfügung gestellt und durch dieses für den Staking-Zeitraum gebunden werden. Diese Sperrfristen variieren je nach Blockchain-Netzwerk. Während Cardano oder Tezos beispielsweise keine Sperrfirst (Lock-Up-Periode) haben, verfügen andere Blockchains wie Solana, Terra oder Polkadot über unterschiedlich lange Sperrfirsten.
Wer «stakt», wird zum Validator. Das sind jene Akteure, welche der Blockchain neue Transaktionen hinzufügen. Gleichzeitig folgen Validatoren den sogenannten Konsensregeln. Diese legen die Spielregeln fest, nach denen sich die verschiedenen Netzwerkteilnehmer zu verhalten haben. Verstösst man als Validator während dieses Prozesses gegen die Konsensregeln des Netzwerkes, setzt man damit sein eigenes Kapital in Form der «gestakten» Coins aufs Spiel. Somit ist sichergestellt, dass Validatoren den Anreiz haben, sich an die Regeln zu halten.
Woher stammen die Renditen?
Als Staker trägt man letztlich zur Konsensfindung und Sicherheit eines jeweiligen Blockchain-Netzwerkes bei. Für diesen Dienst erhält man nicht nur Mitspracherechte bei der Governance des Netzwerkes, es gibt auch eine Belohnung in Form von Blockchain-eigenen Coins. Man spricht in diesem Zusammenhang von den sogenannten Staking-Rewards. Für unterschiedliche Blockchain-Netzwerke sind die unterschiedlich hoch. Für ein einzelnes Netzwerk hängt die Höhe der Staking-Erträge davon ab, wieviel des gesamten Coin-Angebots gestakt ist. Je höher die Gesamtsumme an gestakten Coins, desto geringer der prozentuale Anteil, welcher ein einzelner Staker erhält. Verändert sich über die Zeit also die Summe an «gestakten» Coins, ändern sich auch die Staking-Erträge.
Doch woher stammen die Staking-Renditen? Der aus Sicht eines Blockchain-Netzwerkes einfachste Weg diese Renditen zu ermöglichen, ist die Inflationierung des eigenen Coins. Vergleichbar ist das mit einer Aktiengesellschaft, die neue Aktien ausgibt. Inhaber der Vorzugsaktien («gestakte» Coins) erhalten zusätzliche Aktienanteile, während Inhaber von Stammaktien (nicht «gestakte» Coins) nichts erhalten. Deren relative Aktienbeteiligung verringert sich gemessen an der gestiegenen Gesamtaktienanzahl.
Gleiches widerfährt den Coin-Haltern, die kein Staking betreiben, weshalb Staking-Erträge im Prinzip einer Vermögensumverteilung gleichkommen. Und wer «stakt», erhält eigentlich keine Rendite, sondern sorgt dafür, dass sich seine relative Beteiligung am Netzwerk nicht verringert. Würde ein Blockchain-Netzwerk die Staker in einer externen Währung wie US-Dollar oder Schweizer Franken bezahlen, könnte viel eher von einer Rendite gesprochen werden.
Alternativ können Staking-Erträge auch durch die Erhebung von Transaktionsgebühren finanziert werden. Die Nutzung des Netzwerkes verlangt das Bezahlen einer Transaktionsgebühr, welche an die Staker weitergegeben werden kann. Ebenfalls möglich ist es, die Einnahmen der Transaktionsgebühren zu vernichten, um so einen deflationären Effekt zu schaffen, welcher den inflationären Staking-Erträgen entgegenwirkt.
Staking-as-a-Service: Ein Muss für Banken
Wer also digitale Assets von Proof-of-Stake-Netzwerken hält, für den ist das Staking Pflicht, um nicht eine Verwässerung der eigenen Position zu erfahren. Diese Tatsache hat gewissermassen Verpflichtungen aufseiten der Banken zur Folge.
Nicht nur sehen sich immer mehr Banken ob der rasanten Entwicklung rund um digitale Assets dazu angehalten, diese neuartigen Vermögenswerte in ihr Angebot aufzunehmen. Setzt sich unter Besitzern von digitalen Assets diese Einsicht durch, wonach das Staking aus den oben genannten Gründen ein Muss ist, werden die Banken um Staking-as-a-Service-Dienstleitungen nicht mehr umhinkommen.
Aufgrund dieser Tatsache ist davon auszugehen, dass es in naher Zukunft zu einer immer stärkeren Verschmelzung von Custody und Staking kommen wird. Von Banken angebotene Verwahrungslösungen für digitale Assets werden die Staking-Komponente zwingend mitenthalten müssen. Bietet man als Bank kein Staking-Angebot, läuft man Gefahr, Kunden und damit verwaltetes Vermögenssubstrat an Konkurrenten zu verlieren.
Als Bank erschliesst sich mit dem Staking eine zusätzliche Einnahmequelle. Wie oben angedeutet, gestaltet sich das Staking als schwieriges Unterfangen. Um selbstständig zu staken, bedarf es nicht nur eines technisches Knowhows, damit man eine Staking-Infrastruktur überhaupt aufsetzen und betreiben kann. Ebenso wichtig ist das Wissen über die jeweiligen Blockchain-Netzwerke und wie sich deren Staking-Erträge bilden. Hier kann eine Bank Hand bieten, um ihren Kunden so einen kuratierten Staking-Zugang zu ermöglichen.
InCore Bank ist die erste Schweizer Business-to-Business-Bank, welche Staking-Dienstleistungen für mehrere Netzwerke anbieten wird und somit neue Ertragsmöglichkeiten für Finanzinstitute erschliesst. Dank vollständig integrierter Dienstleistungen von InCore Bank sind Finanzinstitute in der Lage, ihren Kunden nahtlos und mühelos Staking anzubieten. Dieses Angebot wird direkt über das E-Banking initiiert, womit die Kunden regelmässig Abrechnungen über die mittels Staking erworbenen Erträge erhalten. (InCore/mc)
Über den Autor
Daniel Blatter ist seit 2015 für InCore Bank als Head Digital Services tätig. Er besitzt mehr als 25 Jahre Berufserfahrung in der IT- und Finanzindustrie und war zuvor mehrere Jahre bei finnova AG Bankware in der Entwicklung und im Produktmanagement tätig. Daniel Blatter verfügt unter anderem über Abschlüsse der ETH und der Universität Zürich.