Zürich – Angesichts der Zuspitzung der Schuldenkrise in Europa und der wieder gestiegenen Volatilität an den Börsen hat sich das IPO-Klima weltweit deutlich eingetrübt. Nachdem im April und Mai dieses Jahres 173 Börsengänge stattfanden, die insgesamt 36 Milliarden US-Dollar in die Kassen der Emittenten spülten, gab es im Juni weltweit nur noch 33 Börsengänge mit einem Volumen von insgesamt 6 Milliarden US-Dollar. Besonders deutlich war der Rückgang in den USA und Europa: Im Juni gab es erstmals seit mehr als 20 Jahren europaweit keinen einzigen Börsengang mit einem Volumen von über 100 Millionen US-Dollar. In der Schweiz wagte im 2. Quartal 2012 kein einziges Unternehmen den Sprung aufs Parkett.
Das sind Ergebnisse des aktuellen weltweiten IPO-Barometers des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young. Insgesamt fanden zwischen April und Juni weltweit 206 Börsengänge statt, bei denen 41,8 Milliarden US-Dollar erlöst wurden – das war ein Anstieg um 5 bzw. 141 Prozent gegenüber dem Vorquartal, aber ein Rückgang um 46 bzw. 36 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2011, als bei 383 Börsengängen insgesamt 65,6 Milliarden US-Dollar erlöst worden waren. «Eine Verbesserung der Lage am IPO-Markt wird stark von der weiteren Entwicklung der Situation in der Eurozone abhängen – sollte sich eine Lösung dieser Krise abzeichnen, die auch die Kapitalmärkte überzeugt, könnte sich das IPO-Fenster auch in der Schweiz rasch wieder öffnen. Zurzeit herrscht allerdings grosse Verunsicherung», sagt Roger Müller, Partner, Financial Accounting Advisory Services bei Ernst & Young.
Entwicklung in Europa schwach
In Europa stieg zwar die Zahl der Börsengänge im Vergleich zum ersten Quartal von 37 auf 42. Allerdings sank das Emissionsvolumen von 3,29 Milliarden US-Dollar auf 788 Millionen US-Dollar. Im Juni fanden nur noch 8 IPOs statt, die insgesamt 127 Millionen US-Dollar einbrachten. Die meisten Börsengänge wurden in Polen gezählt: Insgesamt 19 Unternehmen gingen in Warschau an die Börse, wobei aber insgesamt nur 68 Millionen US-Dollar erlöst wurden. In Grossbritannien und der Türkei wurden jeweils 8 Börsengänge mit einem Volumen von insgesamt 210 bzw. 118 Millionen US-Dollar gezählt.
Grösster IPO: Facebook
Der mit Abstand grösste Börsengang im zweiten Quartal war die Erstnotiz von Facebook, die 16 Milliarden US-Dollar einbrachte. Auf dem zweiten Platz folgt der malaysische Agrarkonzern Felda Global Ventures, der bei seinem IPO im Juni 3,1 Mrd. Dollar einwarb – gut die Hälfte des weltweit in diesem Monat eingesammelten Kapitals. Der Börsengang des chinesischen Aktienbrokers Haitong Securities war mit einem Volumen von 1,9 Milliarden US-Dollar der drittgrösste IPO des Quartals. Dank des Facebook-Börsengangs kann der IPO-Markt in den USA, wo die Emissionserlöse im Vorjahresvergleich von 9,9 auf 22,0 Milliarden US-Dollar zulegten, zwar einen deutlichen Anstieg vermelden. Die Zahl der Börsengänge ging allerdings von 34 auf 28 zurück. Im Juni gab es keinen einzigen Börsengang in den USA.
Emissionserlöse in China mehr als halbiert
Nach wie vor ist China der weltweit aktivste IPO-Markt – allerdings auf einem deutlich niedrigeren Niveau als im Vorjahr. So gingen in China 71 Unternehmen an die Börse und erlösten dabei 8,2 Milliarden US-Dollar – 2011 hatte es im zweiten Quartal noch 108 IPOs im Gesamtwert von 20,4 Milliarden US-Dollar gegeben. Im bisherigen Jahresverlauf waren – wie schon in den Vorjahren – die aufstrebenden Schwellenländer die Haupttreiber des IPO-Marktes: 65 Prozent aller Börsengänge fanden im zweiten Quartal in den «Emerging Markets» statt.
IPO-Kandidaten in der Warteschleife
«Die Stimmung an den Kapitalmärkten habt sich im Juni angesichts der Zuspitzung der Krise in der Eurozone und der schwächelnden Weltkonjunktur deutlich eingetrübt», sagt Roger Müller. «Die Schuldenkrise in Europa ist natürlich Gift für das IPO-Klima. Sowohl Investoren als auch IPO-Kandidaten scheuen diese Unsicherheit und warten im Moment auf bessere Zeiten.» Sollte sich aber eine Lösung der Krise abzeichnen, die auch die Kapitalmärkte überzeugt, könne sich die Lage jederzeit wieder verbessern, so Peter Dauwalder, Partner, Transaction Advisory Services bei Ernst & Young: «Wir sollten das Jahr 2012 noch nicht abschreiben. Der Kapitalbedarf der Unternehmen ist gross, zudem werden sich die Unternehmen zukünftig stärker in Richtung Kapitalmarkt orientieren müssen, da die Banken bei der Kreditvergabe tendenziell zurückhaltender sein werden. Viele Unternehmen haben konkrete IPO-Pläne in der Schublade und sind jetzt in der Warteschleife – und auch auf Investorenseite besteht nach wie vor eine grundsätzliche Bereitschaft, in Emissionen zu investieren.» Zudem so Roger Müller: «Das Fenster für einen Börsengang war in der Schweiz in 2012 kurzzeitig geöffnet, und wer schnell war, konnte die Gunst der Stunde nutzen. IPO-Kandidaten täten gut daran, ihre IPO-Pläne nicht allzu tief in der Schublade verschwinden zu lassen. Und wer den Sprung aufs Parkett plant, sollte schnell reagieren können, wenn die Lage an den Kapitalmärkten es zulässt.» (Ernst & Young/mc/ps)
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