Dublin – Die irische Regierung will sich juristisch gegen die Entscheidung der EU-Kommission zu Steuernachzahlungen des iPhone-Konzerns Apple zu Wehr setzen. Darauf einigte sich das irische Kabinett bei einer Sondersitzung am Freitag, wie ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Die EU-Kommission hatte entschieden, dass Apple 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen muss.
Über die Klage vor dem Europäische Gerichtshof soll nun das irische Parlament abstimmen. Die BBC berichtete unter Berufung auf irische Regierungskreise, man wolle dem Parlament am kommenden Mittwoch einen «scharf formulierten» Antrag zur Abstimmung vorlegen. Beobachter rechnen damit, dass die Regierung bei den Abgeordneten damit parteiübergreifend auf grosse Zustimmung trifft.
Wie der irische TV-Sender RTÉ berichtet, wurde das Justizministerium damit beauftragt, eine Klage ausarbeiten, mit der sich Irland gegen die «Eingriffe in die Steuerhoheit souveräner Mitgliedsstaaten» durch die EU-Gesetzgebung wehren will. Zeitgleich soll die irische Regierung angekündigt haben, das System der Körperschaftssteuern durch unabhängige Experten überprüfen zu lassen.
Vorwurf unzulässiger Staatsbeihilfen
Apple soll der EU-Kommission zufolge durch Steuervereinbarungen mit Irland unzulässige Staatsbeihilfen erhalten haben. Dadurch soll der US-Konzern im Jahr 2014 eine Körperschaftssteuer von nur 0,005 Prozent bezahlt haben. Die Kommission ordnete daher Nachzahlungen in Höhe von 13 Milliarden Euro an.
Die irische Regierung und Apple hatten die Vorwürfe zurückgewiesen. Auch der US-Konzern kündigte an, Klage einzureichen. Apple-Chef Tim Cook warf der EU-Kommission vor, eine politische Agenda zu verfolgen. Die Kritik aus Brüssel, Apple habe in Irland im Jahr 2014 eine Körperschaftssteuer von nur 0,005 Prozent bezahlt, bezeichnete Cook als «politischen Dreck». «Ich weiss nicht, wo sie diese Zahl herhaben», sagte Cook. Apple habe in dem Jahr 400 Millionen Dollar Steuern in dem Land bezahlt. «Wir glauben, dass wir damit der grösste Steuerzahler in Irland in diesem Jahr waren.»
Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager widersprach. Ihre Behörde habe sich auf Zahlen von Apple selbst gestützt und zum Teil auf Daten aus Anhörungen in den USA. Sie warb für mehr Steuertransparenz. Firmen sollten unter anderem offenlegen, wie viele Beschäftigte sie in einem Land haben, wie viel Umsatz und Profit sie machten und wie viele Steuern sie zahlten. «Damit hätte jede Art von Geheimnis ein Ende.» Entsprechende Vorschläge hatte die EU-Kommission im Frühjahr gemacht. Sie warf dem iPhone-Konzern auch vor, «Verwaltungssitze», denen Gewinne zugeordnet worden seien, hätten nur auf dem Papier existiert. In Europa stiess das Vorgehen der Kommission auf breite Zustimmung aus nahezu allen politischen Lagern.
Kritik der US-Regierung
Kritik an der dem Vorgehen der EU-Kommission kam dagegen aus den USA. US-Finanzminister Jack Lew spekulierte, die Europäer hätten es auf Steuerzahlungen abgesehen, die dem US-Fiskus zustünden. Vestager widersprach dem: «Im Fall Apple geht es um Gewinne durch Verkäufe in Europa», sagte sie. «Ich denke, das ist ganz klar eine europäische Angelegenheit.» Sie kündigte an, sie werde Lew im September bei einer Reise nach Washington treffen.
Apple lässt bereits seit Jahrzehnten einen erheblichen Teil des weltweiten Geschäfts über Tochterunternehmen in Irland laufen, die Struktur gibt es seit 1980. Bisherige Expertenschätzungen für die Steuernachzahlungen reichten von einigen hundert Millionen bis hin zu 19 Milliarden Dollar, die die Bank JP Morgan als möglichen Höchstwert errechnete.
Apple sitzt auf Geldreserven von aktuell gut 230 Milliarden Dollar. Über 90 Prozent davon lagern ausserhalb der USA, zu grossen Teilen auch in Irland. Anleger nahmen die Entscheidung gelassen auf: Die Apple-Aktie gab vorbörslich lediglich um gut ein Prozent nach. (awp/mc/ps)