Italien: Haushaltspolitik treibt Anleiherenditen auf 4-Jahreshoch
Frankfurt – Die Skepsis gegenüber der italienische Haushaltspolitik hat am Dienstag die Lage am Anleihemarkt des Landes weiter verschärft. Bereits am Montag hatten aggressive Äusserungen aus der Regierungskoalition die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen nach oben getrieben. Bemühungen von Finanzminister Giovanni Tria zur Beruhigung der Lage blieben vergeblich.
Die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen erreichte am Dienstag mit 3,70 Prozent den höchsten Stand seit dem Jahr 2014. Dies war erneut ein Anstieg um 0,14 Prozentpunkte. Auch der Eurokurs geriet weiter unter Druck.
Tria bezeichnete die Differenz der italienischen Rendite zur deutschen Rendite (Spread) als nicht akzeptabel. Diese sei nicht durch die Fundamentaldaten gedeckt. Die Regierung sei «besorgt» wegen des Anstiegs. Tria gab jedoch keine Signale für Änderungen am geplanten Haushalt. Dies belastete die Anleihen laut Händlern zusätzlich.
Allerdings forderte der Finanzminister seine Regierungsmitglieder auch zu einer sachlicheren Debatte im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission auf. Am Montag hatte Innenminister Matteo Salvini die EU-Kommission heftig kritisiert. Der Parteichef der rechten Regierungspartei Lega hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Haushaltskommissar Pierre Moscovici als «wahre Feinde» Europas bezeichnet.
Brüssel hofft auf Entspannung
Die EU-Kommission hofft trotz der jüngsten Turbulenzen auf Entspannung im Haushaltsstreit mit Rom. «Es war ein gutes Treffen und ein Moment, um die Gemüter zu beruhigen», sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde nach einem Treffen von Behördenchef Juncker mit Italiens Parlamentspräsident Roberto Fico von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung am Dienstag. «Beide stimmen überein, dass Italien im Mittelpunkt des europäischen Projekts steht und weiter stehen wird.»
Unterdessen hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) in der Nacht zum Dienstag seine Wachstumsprognose für Italien gesenkt. Er erwartet für das laufende Jahr nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,2 Prozent und im Jahr 2019 von 1,0 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte die Wirtschaft noch um 1,5 Prozent zugelegt. Ein schwächeres Wachstum dürfte zu noch höheren Defiziten führen als bisher erwartet. Ministerpräsident Giuseppe Conte zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass das Wachstum über den IWF-Prognosen liegen wird. Er forderte den Währungsfonds auf, seine Prognosen zu korrigieren und die jüngsten Haushaltsentscheidungen zu berücksichtigen.
Die italienische Regierungskoalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega hatte trotz des hohen Schuldenberges angekündigt, in den kommenden Jahren eine deutliche höhere Neuverschuldung anzupeilen als die Vorgängerregierung. Für 2019 ist ein Defizit von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung anstatt ursprünglich 0,8 Prozent vorgesehen. An den Märkten und unter den übrigen EU-Staaten hatte dies Beunruhigung ausgelöst.
Italien muss seinen Haushaltsentwurf am 15. Oktober der EU-Kommission vorlegen. Am 26. Oktober werden die Ratingagenturen Moody’s und Standard & Poor’s (S&P) ihre Bonitätsnoten für Italien aktualisieren. Eine Herabstufung könnte weitere Turbulenzen auslösen. (awp/mc/ps)