Ignazio Visco steht künftig der italienischen Zentralbank vor.
Rom – Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat am Donnerstagabend Ignazio Visco zum neuen Chef der italienischen Zentralbank und Nachfolger von Mario Draghi bestimmt. Der 61 Jahre alte Banker ist seit 2004 Mitglied des Direktoriums der italienischen Notenbank und war unter anderem von 1997 bis 2002 Chefökonom der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Am kommenden Montag muss das höchste Gremium der Bank formal noch entscheiden, ob sie den Vorschlag annimmt. Es handelt sich dabei jedoch um eine notwendige Meinungsäusserung ohne bindende Wirkung. Draghi verlässt die italienische Zentralbank Ende Oktober, um in Frankfurt als Nachfolger von Jean-Claude Trichet den Chefsessel der Europäischen Zentralbank (EZB) zu übernehmen. Als Favoriten für die Spitze von Banca d’Italia galt zuletzt vor allem das EZB-Mitglied Lorenzo Bini Smaghi, da Berlusconi mit seiner Ernennung gewissermassen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen hätte.
Zwei Italiener im EZB-Direktorium
Einmal hatte Frankreich für die Ernennung des Italieners Draghi zum EZB-Chef zur Bedingung gemacht, dass mindestens ein Franzose in der Leitung der EZB sitzt. Mit Draghi und Bini Smaghi sitzen ab dem ersten November zwei Italiener im Zentralbank-Direktorium und kein Franzose mehr. Berlusconi hatte deswegen Bini-Smaghi bereits zum Rücktritt aufgefordert, den dieser aber bisher ablehnte. Seine Amtszeit bei der Zentralbank läuft offiziell noch bis 2013.
Kompromisskandidaten
Bini-Smaghi wäre zudem ein «Kompromiss-Kandidat» gewesen, wie es nun Visco ist, neben dem von Berlusconi auch befürworteten bisherigen Vize von Draghi in der Banca d’Italia, Fabrizio Saccomanni, und dem von Wirtschaftsminister Giulio Tremonti favorisierten Vittorio Grilli – seit 2005 Generaldirektor des Wirtschaftsministeriums. Italienische Medien hatten mehrfach über einen versteckten Machtkampf zwischen dem Medienmogul und Tremonti spekuliert.