Juncker: «Rom und Lissabon benötigen kein Geld»
Jean-Claude Juncker, Chef der Euro-Finanzminister.
Lissabon – Italien benötigt nach Überzeugung des Chefs der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, keine Finanzhilfen aus dem Ausland, sofern Rom die versprochenen Sanierungsmassnahmen in die Wege leitet. «Ich denke, dass Italien nur jene Massnahmen ausführen muss, zu denen sich das Land verpflichtet hat», sagte Juncker am Donnerstag am Rande eines zweitägigen Besuchs in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon
Zu Portugal, das im Mai nach Griechenland und Irland als drittes Land der Euro-Zone bereits unter den EU-Rettungsschirm geschlüpft war, hatte sich Juncker schon am Vortag optimistisch geäussert. «Ich glaube ganz ehrlich nicht, dass Portugal einen höheren Betrag braucht», hatte er am Mittwochabend in Lissabon nach einem etwa einstündigen Treffen mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho gesagt.
Revision des portugiesischen Plans ausgeschlossen
Der luxemburgische Regierungschef schloss ausserdem eine Revision des von Portugal mit den internationalen Geldgebern ausgehandelten Sanierungsplans aus. Technische Korrekturen seien zwar möglich, «die (vereinbarten) Ziele müssen aber erfüllt werden», sagte er. Energisch wies Juncker nach einem Treffen mit Parlamentspräsidentin Assunção Esteves Berichte über ein «Europa der zwei Geschwindigkeiten» als «Blödsinn» zurück. «Ich bin allergisch auf solchen Blödsinn (…) die Eurozone ist eine solide Gruppe», meinte er.
Coelho: «Wir werden alle Ziele erreichen»
Passos Coelho bekräftigte unterdessen die Verpflichtung Portugals zur Einhaltung des Sanierungsplans. «Wir werden alle Ziele erreichen», versicherte er. Zusammen mit allen Ländern der Eurozone wolle Lissabon die Bedingungen schaffen, die nötig seien, damit das Vertrauen der Märkte wiedergewonnen und finanzielle Stabilität erreicht werde. Portugal wolle weder «ein neues Hilfsprogramm noch mehr Geld oder mehr Zeit» beantragen, sagte Coelho.
«Flexiblere Bedingungen»
Erst vor wenigen Tagen hatte der liberal-konservative Regierungschef erklärt, man wolle mit den Geldgebern «flexiblere Bedingungen» zur Ausführung des Hilfs- und Sanierungsabkommens aushandeln. Bislang sei zwar die Finanzierung des Staates, nicht aber die Finanzierung der schwachen Wirtschaft garantiert. Als Gegenleistung für das 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) muss Portugal in diesem Jahr das Haushaltsdefizit von 9,8 (2010) auf 5,9 Prozent senken. Das Ziel für 2012 beträgt 4,5 Prozent. In Folge der Sparbemühungen wird die Wirtschaft nach jüngster Regierungsschätzung dieses Jahr um 1,9 und 2012 sogar um 2,8 Prozent schrumpfen. (awp/mc/ps)