IWF-Direktorin Christine Lagarde.
Washington – Im Kampf gegen die Schuldenkrise erhält der Internationale Währungsfonds (IWF) mehr Geld. Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) verständigten sich am Freitag in Washington darauf, die finanzielle «Feuerkraft» des Weltwährungsfonds um mehr als 430 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Damit wird neben dem höheren Schutzwall um die Euro-Länder ein weiterer Rettungsschirm im Umfang von einer Billion US-Dollar für kriselnde Länder global aufgespannt.
Bei der Aufstockung der Krisenabwehrmittel des Währungsfonds werden möglicherweise aber nicht alle G20-Länder mitziehen. Widerstand gab es zuletzt von den USA sowie einigen Schwellenländern. Die Euro-Länder hatten bereits 150 Milliarden Euro zugesagt und tragen damit etwa die Hälfte der neuen Finanzspritze für Not-Kredite. Der Beitrag der Schweiz beläuft sich auf 10 Milliarden Dollar. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte, die Zusage der Schweizer signalisiere die Bereitschaft des Landes, seinen Teil zu mehr Stabilität der Wirtschaft und des Finanzsystems beizutragen. Deutschland steuert 41,5 Milliarden Euro bei.
Schäuble und Lagarde erleichtert
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble und IWF-Chefin Christine Lagarde zeigten sich erleichtert. Die G20 sowie der IWF hätten sich «klar zu einer Stärkung der globalen Schlagkraft» des Währungsfonds bekannt, erklärte Schäuble. «Dadurch wird der IWF in die Lage versetzt, für alle Herausforderungen rund um den Globus ausreichend aufgestellt zu sein.» Europa habe seine Hausaufgaben gemacht und sei bei den zusätzlichen Mittel vorausmarschiert. Die Partnerländer stellten sich jetzt «ebenfalls ihrer Verantwortung für die Weltwirtschaft».
Lagarde betonte, die Bereitstellung von mehr als 430 Milliarden Dollar sei eine «extrem wichtige» Gruppenleistung gewesen. Weil die Kreditvergabekapazität des IWF mit der Summe fast verdoppelt worden sei, habe er nun die richtigen «Werkzeuge» im Kampf gegen die Krise. Auch Länder wie Russland, Indien, China und Brasilien hätten Zusagen gemacht. Das Ergebnis zeige die Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft, die Krise niederzuringen, sagte Lagarde.
Einschliesslich verplanter Hilfen mehr als eine Billion Dollar
Die G20-Länder sind grösste Geldgeber und Anteilseigner des IWF. Mit der Mittelaufstockung wird das Volumen möglicher Notkredite der Finanzfeuerwehr für angeschlagene Länder von zuletzt 380 Milliarden Dollar etwa verdoppelt. Einschliesslich verplanter Hilfen erhöht sich der globale IWF-Schutzwall auf mehr als eine Billion Dollar. «Dies ist das Ergebnis einer umfassenden internationalen Zusammenarbeit, die eine signifikante Zahl an Ländern einschliesst», erklärten die G20 am Rande der IWF-Frühjahrstagung. Auf Länder aufgeschlüsselt wird der Betrag nicht. Die Zusatz-Gelder seien nicht an Regionen gebunden und stünden allen 188 IWF-Mitgliedern zu.
Schäuble hatte zuvor auch Forderungen nach weiteren Hilfen der Euro-Länder eine Absage erteilt. Die westlichen Top-Industrieländer (G7) inklusive der USA seien sich «ganz einig», dass Europa seine Hausaufgaben gemacht habe und eine neue Debatte schädlich sei. «Niemand soll durch neue Spekulation das verursachen, was wir gemeinsam bekämpfen», sagte er auch mit Blick auf Spanien.
«Reflexhafter Ruf nach der Geldpolitik»
Bundesbankpräsident Jens Weidmann betonte: «Der reflexhafte Ruf nach der Geldpolitik erfüllt mich mit Sorge.» Niedrigere Zinsen könnten strukturelle Probleme nicht lösen. Vielmehr müsse dort der Reformkurs fortgesetzt werden. Noch grösseren Schutzschirmen stehe er skeptisch gegenüber. «So wichtig die Brandmauern auch sein mögen, um die Krise einzudämmen, sie werden das Feuer nicht löschen können.» (awp/mc/upd/ps)