Der hohe Ölpreis begünstigt Fördermethoden wie Fracking.
Denver – Die globale Energieversorgung steht vor einem Wandel. Mit dem zunehmenden Einsatz moderner Bohrmethoden und der Erschliessung bislang unentdeckter Vorkommen werden sich die Schwerpunkte der weltweiten Öl- und Gasförderung in den kommenden Jahren regional verschieben. Diesen Paradigmenwechsel prognostiziert Geoff Jay, Energie-Experte des amerikanischen Asset Managers Janus Capital, in seinem aktuellen Marktausblick.
Seiner Einschätzung zufolge macht sich die USA bei ihrer Energieversorgung immer weniger abhängig von Importen. Gleichzeitig werden erhebliche Vorräte in Ländern ausserhalb der OPEC, vor allem in Afrika gefunden. Die wirtschaftliche Macht des Öl-Kartells wird nach Meinung des Analysten dadurch sinken. „Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Infrastruktur, die notwendig ist, um die neuen Funde zu erschliessen“, so Jay. Seiner Einschätzung zufolge bieten daher Ausrüstungsunternehmen und Servicedienstleister, die sich auf das Bohrgeschäft spezialisiert haben, Investoren derzeit ausgesprochen gute Chance.
Hoher Ölpreis begünstigt Fracking
Treiber der seit nunmehr einigen Jahren zu beobachtenden Entwicklung sind vor allem der zunehmende Einsatz horizontaler Bohrmethoden und die Fracking-Technik. Lange Zeit galt diese Technik, bei der Gestein in oberen Erdschichten mittels hydraulischem Druck aufgebrochen und darin gebundenes Erdöl oder Erdgas mit Hilfe von Chemikalien herausgelöst wird, als zu teuer. Der hohe Ölpreis auf dem Weltmarkt und die technische Weiterentwicklung machen den Einsatz jedoch zunehmend rentabel. Auch die Bundesregierung berät derzeit Regeln für den Einsatz der Methode. Die seit Jahren rückläufige Ölproduktion in den USA hat dadurch bereits neuen Schub erhalten. „Vor einigen Jahren lag die US-Fördermenge bei unter sechs Millionen Barrel (159 Liter, Anmerkung der Red.) pro Tag, mittlerweile liegt sie bei über sieben Millionen Barrel“, beobachtet der Janus-Experte die Entwicklung. Noch deutlicher fällt der Effekt beim Erdgas aus. Durch das hohe Angebot infolge der gestiegenen Fördermenge ist Gas in den USA erheblich billiger als auf dem Weltmarkt. „Viele Unternehmen aus energieintensiven Branchen überlegen daher, einen Teil ihrer Produktion wieder in den USA anzusiedeln“, so Jay.
Enorme Potenziale in Kenia oder Angola
Neben den Vorkommen in den USA werden ihm zufolge vor allem die neuen Vorkommen in Afrika das Kräfteverhältnis in der weltweiten Ölversorgung verschieben. „Das Potenzial der Funde etwa in Kenia oder Angola ist enorm. Wahrscheinlich sind nur die Vorräte in der Golfregion grösser“, glaubt der Janus-Experte. Allerdings wird es nach seiner Einschätzung Jahre, mitunter sogar Jahrzehnte dauern, bis die neu entdeckten Vorkommen rund um die Welt erschlossen sind. Dazu sind Investitionen in Milliardenhöhe erforderlich, bis die Förderung auf vollen Touren läuft. „Einige der Funde werden sich nur mit erheblichen Einsatz von Technologie, Maschinen und hoch bezahlten Spezialisten ausbeuten lassen“, ist der Energie-Experte überzeugt. Von dem Investitionsboom werden seiner Meinung nach vor allem Unternehmen aus den Bereichen Ölförderung uns -weiterverarbeitung profitieren. „Wir denken, dass derzeit zum Beispiel viele Bohrunternehmen unterbewertet sind, weil die Investoren nicht das Potenzial erkennen, das sich durch die Produktivitätsfortschritte in der Fördertechnik ergeben“, so der Analyst, „und auch bei Raffineriebetreibern und Pipeline-Spezialisten sehen wir gute Einstiegschancen.“ (Janus/mc/ps)